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Franzen, Jonathan

Franzen, Jonathan

Titel: Franzen, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freihheit
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Tier
gefickt. Der Blick des Entdeckens auf ihrem Gesicht, der seinen eigenen Blick
gespiegelt haben muss, ließ ihn
dann aber innehalten, kaum dass sie begonnen hatten. Innehalten, zurückweichen,
sich rittlings auf ihren Brustkorb setzen und ihr seine Erektion, die ihm
doppelt so groß wie sonst erschien, ins Gesicht stecken. Um ihr zu zeigen, zu
wem er da wurde. Beide lächelten sie wie irr. Und dann war er wieder in ihr,
und anstelle ihrer üblichen züchtigen kleinen Ermutigungsseufzer stieß sie
laute Schreie aus, und das entflammte ihn desto mehr; und am nächsten Morgen,
als er nach unten ins Büro ging, erkannte er an Lalithas eisigem Schweigen,
dass die Schreie das gesamte große Haus erfüllt hatten. Am Donnerstagabend
hatte etwas begonnen, nur was, das hatte er nicht genau gewusst. Nun aber
hatte ihm ihr Manuskript gezeigt, was es war. Das Ende war es. Sie hatte ihn
nie richtig geliebt. Hatte das gewollt, was sein mieser Freund hatte.
Angesichts all dessen war er jetzt froh, dass er das Versprechen, das er Joey
beim Essen in Alexandria am Abend darauf hatte geben müssen, nicht gebrochen
hatte, das Versprechen, niemandem zu sagen, schon gar nicht Patty, dass er nun
mit Connie Monaghan verheiratet war. Dieses Geheimnis wie auch einige weitere,
bestürzendere, die Joey ihm anvertraut hatte, hatten das gesamte Wochenende
hindurch auf Walter gelastet, während der ganzen langen Sitzung und des
Konzerts am Tag zuvor. Er hatte ein schlechtes Gewissen gehabt, weil er Patty
über die Heirat im Dunkeln ließ, war sich wie ein Betrüger vorgekommen. Nun
aber stellte er fest, dass, verglichen mit anderen Betrügereien, diese eine
lächerlich klein war. Zum Heulen klein.
    «Ist
Richard noch im Haus?», sagte sie schließlich und wischte sich mit einem Laken
über das Gesicht.
    «Nein. Ich
habe ihn gehen hören, bevor ich aufgestanden bin. Ich glaube nicht, dass er
wiedergekommen ist.»
    «Na, Gott
sei Dank, wenigstens das.»
    Wie er
ihre Stimme liebte! Es brachte ihn um, sie jetzt zu hören.
    «Habt ihr
gestern Abend gevögelt?», sagte er. «Ich habe in der Küche Stimmen gehört.»
    Seine
eigene Stimme war rau wie die einer Krähe, und Patty holte tief Luft, als
wappnete sie sich gegen eine längere Beschimpfung. «Nein», sagte sie. «Wir
haben geredet, und dann bin ich ins Bett. Ich habe dir doch gesagt, es ist
vorbei. Vor ein paar Jahren gab es ein kleines Problem, aber das ist vorbei.»
    «Es wurden
Fehler gemacht.»
    «Du musst
mir glauben, Walter. Es ist wirklich, wirklich vorbei.»
    «Nur dass
ich dir körperlich nicht das gebe, was dir mein bester Freund gibt. Anscheinend
nie gegeben habe. Und auch nie geben werde.»
    «Ohhh»,
sagte sie und schloss die Augen wie zum Gebet, «bitte zitiere mich nicht. Nenn
mich eine Hure, nenn mich den Albtraum deines Lebens, aber bitte versuch, mich
nicht zu zitieren. Hab, wenn's geht, dieses kleine bisschen Erbarmen.»
    «Als
Schachspieler mag er eine Niete sein, aber auf dem anderen Feld ist er
eindeutig der Sieger.»
    «Na gut»,
sagte sie und presste die Augen noch fester zu. «Du willst mich also zitieren.
Gut. Dann zitier mich. Na los. Tu, was du nicht lassen kannst. Ich weiß, ich
verdiene kein Erbarmen. Aber sei dir bitte bewusst, dass es das Schlimmste ist,
was du tun kannst.»
    «Entschuldige.
Ich dachte, du sprichst gern über ihn. Ich dachte sogar, dass das für dich der
Hauptgrund war, überhaupt mit mir zu reden.»
    «Das
stimmt. Früher mal. Ich will dich nicht belügen. Früher mal, etwa ein
Vierteljahr lang. Aber das ist fünfundzwanzig Jahre her, bevor ich mich in dich
verliebt und ein gemeinsames Leben mit dir aufgebaut habe.»
    «Und was
für ein befriedigendes Leben das war. auszusetzen>, lautete der Satz, glaube ich. Obwohl die Fakten vor Ort wohl
etwas anderes sagen.»
    Sie verzog
das Gesicht, die Augen noch geschlossen. «Vielleicht möchtest du das Ganze
jetzt einfach nochmal überfliegen und die schlimmsten Stellen raussuchen.
Möchtest du das tun und es hinter dich bringen?»
    «Am
liebsten würde ich es dir in den Hals stopfen. Ich möchte sehen, wie du daran
erstickst.»
    «Auch gut.
Dann mach eben das. Es wäre eine gewisse Erleichterung von dem, was gerade in
mir vorgeht.»
    Er hatte
das Manuskript so fest in der Hand gehalten, dass er einen Krampf bekam. Er
ließ es los, sodass es ihm zwischen die Beine rutschte. «Eigentlich habe ich
schon alles gesagt», sagte er. «Ich glaube, die Hauptpunkte haben

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