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Frau Ella

Frau Ella

Titel: Frau Ella Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Beckerhoff
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das Knarren der Tür. Dann war Stille, und er musste grinsen beim Gedanken an den Anblick, der sich den beiden Eindringlingen bot.
    »Äh«, hörte er Klaus stammeln.
    »Mhm, wohnt hier denn der Sascha nicht mehr? Sascha Hanke. Steht auch noch an der Klingel«, sagte Ute.
    »Aber natürlich«, sagte Frau Ella. »Ich bin hier nur zu Besuch, im Notquartier, auf der Flucht sozusagen, wenn Sie verstehen. Deswegen auch meine etwas seltsame Garderobe. Kommen Sie, Herr Hanke erwartet Sie im Salon.«
    Frau Ella war wirklich unglaublich. So hatte sie mit ihm noch nicht geredet. Sie überraschte ihn. Die ungebetenen Gäste kamen ins Wohnzimmer, vorneweg Klaus, noch schwitzend und außer Atem vom Treppensteigen, vom Klopfen und vom Rufen.
    »Captain Ahab! Was hast du denn da für’n weißen Wal geschossen? Was ist denn mit dir passiert?«, brüllte er, schon wieder ganz der Alte.
    »Das war das Bein.«
    »Was? Dein Bein ist auch am Arsch?«
    »Nein, Kapitän Ahab, der hatte nur ein Bein.«
    »Dann eben Long John Silver oder Captain Hook, irgend so’n Pirato wird ja wohl mal mono geglotzt haben, wenn ich nicht komplett hirnverfettet bin. Ist das hier so ’ne Art Klub der Einäugigen, oder was? Was haben die denn überhaupt mit dir angestellt? Alter, einfach so abzutauchen, kaum geht der Sommer los, was is’n das für ’ne Nummer?«
    »Nehmen Sie doch Platz«, sagte Frau Ella.
    »Mensch Sascha, was ist denn mit deinem Auge?«, fragte Ute.
    »Alles in Ordnung«, sagte er. »Wie wär’s mit einem Schluck Wein zur Begrüßung?«
    »Alter, gerne auch zwei auf den Schreck«, brüllte Klaus. »Kleiner Umtrunk unter Freischärlern. Verdammt, ihr braucht unbedingt schwarze Augenklappen.«
    Sascha ließ die drei alleine im Wohnzimmer, um sich in der Küche auf die Suche nach einem Wein zu machen. Das war ihm sein Schicksal schuldig, auch wenn er sich da nicht ganz sicher war. Er fand eine Literflasche Liebfrauenmilch, einen Lambrusco und einen Weißwein, warm und trocken wie eine Wüste. Im Eisfach lag noch eine dieser Eiswürfeltüten von seiner letzten Party, als Ute ins Waschbecken gekotzt hatte. In der Küche, weil Lina ihm auf dem Klo einen geblasen hatte. Das war so lange her, dass alles andere außer Eiswürfeln längs verdorben wäre. So wie seine Erinnerungen an diese Party und überhaupt an die ganze Zeit mit Lina. Es war kaum zu fassen, dachte er. Da wollte er mal so richtig loslegen und all das hinter sich lassen, was ihn in seiner Mittelmäßigkeit von Tag zu Tag stärker genervt hatte, und jetzt saß er mit einer Oma und Klaus und Ute in seinem Wohnzimmer und würde gleich mit dieser fuseligen Weißweinplörre anstoßen. Glamour war definitiv etwas anderes. Fehlte nur, dass Lina plötzlich vor der Tür stand! Endlich fand er dieses bescheuerte Holztablett, mit dem sie dauernd im Bett hatte frühstücken wollen, als gäbe es keinen Tisch zum Frühstücken, so wie es ein Bett zum Schlafen und ein Klo zum Scheißen gab. Scheiße, verdammt. Stopp! Halt! Nicht das auch noch. Kein Gedanke an Lina. Er hatte auch so genug Sorgen. Sie war seit Monaten weit weg in Spanien, wo sie gerne bleiben konnte.
    Er ließ die Eiswürfel, die eher kleine Eiseier waren, in eine Schale plumpsen. Jedes zweite Eisei schoss über sein Ziel hinaus, flutschte durch die Schüssel und landete auf dem Boden, wo es an sich zog, was auch immer da an Dreck herumlag. Genau wie er selbst, der nicht einmal ins Krankenhaus gehen konnte, ohne dass eine Alte an ihm klebenblieb. Staub, Haare und Krümel ließen sich unter dem Wasserhahn leicht wieder entfernen. In einer angebrochenen Tüte Pistazien bewegte sich noch nichts. Auch die füllte er in eine Schale und stellte schließlich alles zusammen auf das Holztablett, das er zu seinen Gästen trug. Die unterhielten sich anscheinend bestens.
    »Alter, du bist ja’n richtiger Hero!«, brüllte ihm Klaus entgegen, der einfach nicht leise reden konnte, weil ihn einfach alles so begeisterte. Klaus war ein Mensch gewordener Werbeblock, immer ein bisschen lauter und bunter als das übrige Programm. Und er war einfach da, immer wieder, weil Sascha zu faul war umzuschalten. Seit Jahren.
    »Ein Leben wie’n Abenteuerroman. Alter Großstadtcowboy! Wie so’n Musketier die Dame ohne jeden Hintergedanken aus den Fängen der Bösen gerettet.«
    Wollte Klaus ihn verarschen? Sascha suchte Frau Ellas Blick, die ihm aufmunternd zulächelte, und er fragte sich, was sie denen gerade erzählt hatte. Nicht, dass sie sich noch in

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