Frauen verstehen mehr von Liebe
Sie lebt in der Schweiz, ist dort verheiratet. Was würden Sie mir denn für sie empfehlen?«
»In ein Paket geht alles mögliche hinein …«
»Ein Päckchen sagte ich«, bremste er sie grinsend.
»Auch ein Päckchen kann allerhand fassen«, entgegnete sie ebenso vergnügt. »Denken Sie mal an Edelsteine …«
»Großer Gott!« rief er in gespieltem Entsetzen.
»Aber die führen wir leider nicht«, beruhigte sie ihn. »Was wir führen und für Sie geeignet sein könnte, sind z.B. Handschuhe.«
»Handschuhe?«
»Unsere Auswahl ist nicht groß, aber exquisit.«
»Lassen Sie mal sehen …«
Vera kam seinem Wunsche nach und legte ihm das ganze Sortiment des Hauses vor. Es bestand nur aus zehn Paaren, doch von jedem einzelnen wurden Veras Worte, was die Qualität betraf, nicht Lügen gestraft. Vera war ein Naturtalent als Verkäuferin. Die kleine Anzahl der Paare grenzte aber Veras Spielraum ganz empfindlich ein.
»Welche Größe?« fragte sie ihn.
Er stutzte.
»Woher soll ich das wissen?«
»Ungefähr?«
Er zuckte die Achseln, dann fiel sein Blick auf Veras Hände, mit denen sie sich auf den Ladentisch stützte. Erleichtert sagte er: »Wie die Ihren … ja, ganz wie die Ihren, glaube ich …«
»Sind Sie sicher?«
»Ja«, nickte er und setzte, Vera in die Augen blickend, hinzu: »Ich erinnere mich jetzt erst, wie hübsch die Hände meiner Schwester sind.«
Vera hatte etwas übrig für solche Komplimente, die nicht plump, sondern raffiniert waren, intelligent. Ach, dachte sie, wenn der nur hinter mir her wäre und nicht hinter Sonja.
Oder sollte mich mein Gefühl, das ich ursprünglich hatte, doch trügen? Schön wär's.
Das knappe Sortiment wies nur zwei Paar Handschuhe mit der geeigneten Größe auf: eines aus rotem Saffianleder, das andere aus grünem.
Veras Blick ging über die ganze Reihe der auf dem Ladentisch liegenden Handschuhe hinweg.
»Ich kenne ja die Vorlieben Ihrer Schwester nicht«, sagte sie, »aber ich persönlich lasse mich, was die Farben für Lederwaren angeht, immer wieder von Rot oder Grün gewinnen.«
»Dieses hier«, meinte Max, auf ein braunes Paar zeigend, von dem er hätte sehen müssen, daß es zwei Nummern zu groß war, wenn er für so etwas Augen im Kopf gehabt hätte, »wär' auch nicht übel.«
In Veras Miene tauchte ein leiser Zug der Verachtung auf.
»Wie Sie meinen. Ich darf Sie aber darauf aufmerksam machen, daß von braunen und schwarzen Handschuhen die Schubladen jeder Dame überquellen. Das sind eben die Allerweltsfarben.«
»Stimmt auch wieder.« Max griff nach den roten Handschuhen. »Also gut, dann die …« Sein Blick fiel auf die grünen. »Oder die …?«
Vera sollte entscheiden.
»Was meinen Sie?« fragte er sie.
»Schwer zu sagen«, antwortete Vera. »Trägt Ihre Schwester generell gern Rot? Oder Grün? Das wäre ausschlaggebend. Können Sie sich daran erinnern?«
»Nein.«
»Typisch Bruder. Vielleicht trägt sie beide Farben gern und –«
»O nein«, kam er ihr zuvor. »Ich weiß, worauf Sie hinaus wollen. Ich will mich aber hier nicht finanziell ruinieren. Ihre Chefin kann sich zu Ihnen beglückwünschen. Sie sind eine Superverkäuferin.«
»Finden Sie?«
»Unbedingt. Schade, daß Ihr Talent in diesem Laden verkümmern muß.«
»Fangen Sie nicht schon wieder damit an. Tun Sie lieber etwas, um der von Ihnen vermuteten Pleite vorzubeugen.«
»Ich? Wie denn?«
»Indem Sie sich von mir dazu überzeugen lassen, doch die beiden Paare zu kaufen.«
Lachend gab er sich geschlagen.
»Meinetwegen«, sagte er, »packen Sie sie ein … unter einer Bedingung …«
»Unter welcher? Preisnachlaß kann ich Ihnen leider keinen gewähren. Das behält sich die Chefin vor.«
»Ich will keinen Preisnachlaß.«
»Sondern?«
»Sie zum Essen einladen.«
Veras Augen leuchteten auf.
»Mich?«
Er nickte, wobei er sagte: »Das hat jetzt nichts mit Ihrer Galavorstellung als Verkäuferin zu tun.«
»Mit was dann?«
»Mit Ihrer Person.«
»Gefällt Ihnen die?« Eine echte Vera-Frage war das.
»Sehr.«
»Anders hätte ich Ihre Einladung auch gar nicht angenommen«, lachte Vera, die in ihrem Fahrwasser war. Ihr Lachen wirkte ansteckend.
»Sie haben sie also schon akzeptiert?« freute sich auch Max.
»Ich brauche nur noch Ihren Termin.«
»Wie wär's gleich morgen abend?«
»Nein«, erwiderte Vera rasch, »morgen geht's nicht, aber übermorgen, da könnte ich …«
Ist die verrückt? dachte Sonja in ihrem Kämmerchen. Übermorgen wollten doch wir beide
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