Freche Mädchen... 08: Rosen, Chaos, Hochzeitsparty
als ich schließlich den Hang hinunterstolpere in Richtung Freizeitpark. Ich will keinem Menschen begegnen, vor allem nicht Jannis oder Chris. Oder viel schlimmer: Jannis und Lena, womöglich eng umschlungen. Weil die beiden Jogger mich anstarren, als käme ich vom Mond, grinse ich schräg und schlucke meine Tränen hinunter.
»Ist irgendwas mit dir?«, fragt die Frau besorgt. »Können wir dir helfen?«
Ich reagiere gar nicht, renne weiter. Mir kann keiner mehr helfen, keiner!
Jannis hat eine andere – und das schöne Gefühl, dass wenigstens Chris sich in mich verliebt haben könnte, kann ich auch vergessen: Er ist heute Nachmittag mit einem Mädchen verabredet, ich habe es ja vorhin laut und deutlich gehört. Ich kicke wütend ein paar Tannenzapfen zur Seite, aber weil davon auch nichts besser wird, beschließe ich, es den beiden heimzuzahlen! Zwar habe ich nicht die geringste Ahnung, wie, aber ich vertraue darauf, dass mir schon etwas einfällt.
Wenige Minuten später bin ich am Freizeitpark und renne zur Bushaltestelle. Gerade noch rechtzeitig, um den Rücklichtern des Busses nachzuschauen! Nun habe ich wenigstens richtig viel Zeit für meine Rachepläne. Denn sonntags fährt der Bus nur einmal in der Stunde.
Weil Rache auf nüchternen Magen nicht so richtig funktioniert, schlendere ich erst einmal über den riesigen Parkplatz zum Eingang des Freizeitparks. Dort ist nämlich ein Kiosk, an dem es grandiose Pommes geben soll. Hinterher ein Eis wäre auch nicht schlecht … Was eine gute Entscheidung ist, wie ich feststelle, als ich ein rotes Cabrio entdecke, das mir sehr bekannt vorkommt, im absoluten Halteverbot zwar, aber dafür im Schatten. Typisch Lorraine eben! Jedenfalls brauche ich mich jetzt nicht in einen überfüllten Bus zu quetschen.
Mit einem Sprung, der mir im Sportunterricht eine glatte Eins plus einbringen würde, hechte ich auf den Beifahrersitz. Unsere Nachbarin scheint ihr Auto ausnahmsweise einmal aufgeräumt zu haben, denn im Gegensatz zu dem Chaos, das sonst dort herrscht, liegt heute lediglich ein schwarzer Regenschirm auf dem Rücksitz. Im Handschuhfach entdecke ich eine Packung Kekse, die ich sofort aufreiße. Die Schokolade ist zerlaufen, aber das stört mich wenig. Wichtig ist nur, dass ich etwas zu essen bekomme. Ich kuschle mich in den Sitz und versuche, so wenig Flecken wie möglich zu machen.
Lorraine kann mir dankbar sein, die Kekse hätten in der Hitze nicht mehr lange überlebt, denke ich, als ich schließlich die Packung zusammenknülle und unter dem Beifahrersitz verschwinden lasse. Jetzt wäre es allerdings günstig, wenn Lorraine bald auftauchen würde. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie den ganzen Nachmittag im Freizeitpark verbringt. Schwimmbad passt eigentlich so gar nicht zu Lorraine, überlege ich, und drehe die Lehne ein Stück nach hinten. Jetzt erst merke ich, wie erschöpft ich bin.
Ich muss eine Weile geschlafen haben, denn ich werde davon wach, dass mir die Sonne voll ins Gesicht scheint. Halb vier ist es bereits, stelle ich fest, und von Lorraine weit und breit immer noch nichts zu sehen. Aber wenn ich schon eine halbe Ewigkeit auf sie warte, kommt es auf ein paar Minuten mehr oder weniger auch nicht mehr an. Ich angle mir den Regenschirm vom Rücksitz und spanne ihn auf. Ein paar Kindergartenkinder radeln vorbei und kriegen sich nicht mehr ein vor Lachen. Lässt mich aber so was von kalt.
Ich klappe die Sonnenblende herunter und starre in den Kosmetikspiegel. Wie ich befürchtet habe: Ich sehe ziemlich fertig aus. Aber wen wundert das bei den Katastrophen, die ich seit Kurzem erlebe? Mein Handy klingelt und verhindert, dass ich in heftigem Selbstmitleid versinke. Es kann nur Jenny sein, denn sie ist die Einzige, deren Nummer nicht angezeigt wird. Sorry, Mama, denke ich, ich hab jetzt keinen Nerv, mit dir über Gott und die Welt zu reden, und außerdem ist heute nicht Freitag.
Aber es klingelt und klingelt und schließlich nehme ich doch ab. »Hi«, melde ich mich und hoffe, dass meine Stimme nicht so klingt, wie ich mich gerade fühle.
»Alles in Ordnung?«, will Natascha wissen. »Du klingst so etwas … na ja …«
»Nein, alles in bester Ordnung«, schwindle ich. »Mir geht es gut, ehrlich.«
»Na prima, ich wollte mich nur mal melden, weil niemand zu Hause ist. Carlotta, ich muss gleich Schluss machen, denn dein Vater wollte anrufen und mir erzählen, wie es im Krankenhaus gelaufen ist.«
»Krankenhaus?«, rufe ich erschrocken. »Was ist
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