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Freiheit schmeckt wie Traenen und Champagner - Mein wunderbares Leben gegen den Strom

Titel: Freiheit schmeckt wie Traenen und Champagner - Mein wunderbares Leben gegen den Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayse Auth
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nicht zu tief schlief, musste ich ihm vor dem Zubettgehen Koffeintropfen einflößen.
    Weiterer Alltagskummer ließ nicht lange auf sich warten. Bekirs Firma ging pleite … ach nein, es war ja meine Firma. Nach dem Tod unseres Kindes war er wohl überfordert damit, sich auf seine Geschäfte zu konzentrieren.

Wer am Abgrund steht, muss das Leben wä hlen
    D a stehe ich nun, bin 20 Jahre jung, und fühle mich schon fast am Ende. Mit einem Kind auf dem Arm, das sich am Rande einer tödlichen Krankheit befindet. Und einem Mann an meiner Seite, der mehr als genug mit sich selbst zu tun hat. Und ich? Ich stehe neben mir, gezeichnet durch den Verlust des anderen Kindes.
    »Ekmek elden, su gölden yaşamak - leben mit erbetteltem Brot und Wasser aus dem See: das ist offenbar das einzige, was du kannst.«
    Ich fauche Bekir an wie ein klagendes Eheweib. Ein Weib, das sich zu schwach fühlt, um etwas gegen seine eigene Wehleidigkeit zu unternehmen.
    Zu klagen liegt mir auf Dauer aber nicht, und es hätte sowieso nichts gebracht. Grübeln ebenso wenig, und verlassen kann ich mich, wenn es ernst wird, ohnehin nur auf mich selbst - das hatte ich frühzeitig gelernt. Ich musste stark sein, obwohl ich mich so schwach fühlte. Ich musste selbst Geld verdienen. Bald bot sich eine Gelegenheit. Bei einem Hersteller von Haarteilen schnitt ich Perücken und Toupets. Von meinem Lohn war ich in der Lage, unser Existenzminimum zu sichern, aber einen Krippenplatz für Cenk zu finden erwies sich als unmöglich. Es gab eine andere Möglichkeit. Ausländische Familien in Deutschland
sind oft kinderreich, und da kommt es auf einen Schreihals mehr oder weniger auch nicht an. Zumal, wenn es ein wenig Geld dafür gibt. Ich fand eine italienische Mama für Cenk. Was hätte ich sonst tun sollen? Ich kämpfte um die blanke Existenz unserer dreiköpfigen Familie.
    Doch nun setzten meine Unterleibsprobleme wieder ein. Erst unmerklich, ganz allmählich, dann in immer kürzeren Abständen: Entzündungen, Zysten, diffuse Bauchschmerzen. Ich ließ unzählige Untersuchungen über mich ergehen. Aber kein organischer Befund, keine eindeutige Diagnose. »Stresssyndrom« war ein neues Wort, das ich jetzt lernte. Helfen konnte mir jedoch niemand.
    Eine weitere Untersuchung - die wievielte eigentlich? Heute schicken sie mich in die Radiologie. Es wird eine Computertomographie gemacht. Danach ein Gespräch mit dem Chefarzt persönlich. Mich beschleicht ein ungutes Gefühl. Ich blicke aus dem Fenster. Die Kastanien im Hof recken ihre Blütenkerzen in den blauen Himmel. Ich bin 22 Jahre alt.
    »Sie müssen jetzt sehr stark sein. Ich habe keine guten Nachrichten für Sie.«
    Ich schaue dem Arzt ins Gesicht. Er ist nett. Wirklich. Aber was wird er mir jetzt mitteilen?
    »Die Untersuchung hat leider den Verdacht meiner Kollegen bestätigt. Es handelt sich um einen Tumor.«
    Was hat er gesagt? Das kann doch nicht sein!
    Ich höre mich wie aus weiter Ferne sprechen, als ich mich endlich zu der einen, der alles entscheidenden Frage aufraffe:
    »Ist er … bösartig?«

    »Leider, ja. An der linken Niere.«
    Ich ringe nach Luft, schaue weiter in sein Gesicht. Das scheint ihn etwas zu verunsichern.
    »Bei so jungen Menschen wie Ihnen beträgt die Wahrscheinlichkeit, eine solche Krankheit zu bekommen, eine Million zu eins. So etwas ist wirklich sehr selten …«
    Er hält inne, wohl weil er selbst merkt, dass Statistiken mich jetzt nicht trösten können.
    »Sie meinen … ich habe Nierenkrebs?«
    »So ist es. Und leider ist die Lage sehr ernst. Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren. Sie müssen sofort operiert werden.«
    Ich sehe mich wie in einem Film, in dem ich die Rolle eines wildfremden Menschen spiele. Ich will mich einfach in Nichts auflösen, wie eine schwere Wolke, die vom Wind verweht wird.
    Was hat das alles mit mir zu tun? Lasst mich doch in Ruhe!
    Ich eile nach Hause. Morgen schon soll ich unters Messer, und ich habe noch eine Menge zu regeln. Bekir ist wie gelähmt von der Nachricht. Ich ärgere mich nicht einmal, dass er als Stütze ausfällt. Nur keine Zeit verlieren! Was aber tun? Zu meinen Eltern habe ich keinen Kontakt mehr, richtige Freunde besitzen wir nicht. Hatice ist die Einzige, die ich um Hilfe bitten kann! Es ist erst Mittag, und wenn ich sie sofort erreiche, könnte sie heute Abend schon hier sein. Es gelingt. Sie übernimmt Cenks Betreuung, und ein paar Tage später wird sie - nicht sein Vater - ihn in die Türkei zu seiner Oma bringen.
    Man

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