Freiheit schmeckt wie Traenen und Champagner - Mein wunderbares Leben gegen den Strom
ein gutes Verhältnis. Georg verdiente sein Geld als Model und arbeitete nebenbei als Verkäufer
in einer Herrenboutique. Seiner äußeren Erscheinung gereichte das nur zum Vorteil. Er konnte sich einkleiden wie ein italienischer Dressman. Tolle Anzüge, stilsicher kombiniert mit lässigen Pullovern und pfiffigen Details. Ein wirklich toller Typ in den Augen einer modebewussten Frau …
Georg hatte wohl noch nie das Bedürfnis verspürt, aus dem Hotel Mama auszuchecken. Schließlich wurde ihm dort nicht nur alles auf dem silbernen Tablett serviert, er genoss auch sämtliche Freiheiten eines Erwachsenen. Nun aber gab es plötzlich einen Grund, das warme Nest zu verlassen.
»Wir passen doch so gut zusammen, lass uns einfach zusammenziehen - wir alle drei.«
Dabei schaute er mich so unwiderstehlich an mit seinen weichen braunen Augen, dass es endgültig um mich geschehen war. Mir flirrte das Herz, wie ich es noch nie erlebt hatte. Mein Bauchgefühl - überschwemmt von Verliebtheitshormonen. Ich wollte es nicht mehr anders. Mir nichts dir nichts steckte ich in einer neuen Beziehung. Und Cenk hatte einen Stiefvater. Diesmal würde alles anders werden! Keine Bevormundung, keine Fremdbestimmung, keine »türkischen Verhältnisse«. Gleichberechtigt in allem - und nichts als pure Liebe.
Natürlich wurde es so nicht. Jedenfalls nicht für immer. Doch im Nachhinein kann ich sagen, dass wir unsere Beziehung insgesamt ziemlich gut hinbekommen haben. Mit Georg erlebte ich unbeschwertes Glück. Zum ersten Mal ging es mir an der Seite eines Mannes richtig gut. Ich fühlte mich vom Leben gesegnet, dass ich trotz meiner Herkunft erleben durfte, wie sich das anfühlt: eine Beziehung auf der
Basis von Liebe und Gleichberechtigung. Jetzt lernte ich jene Welt, in der ich spät, aber nicht zu spät angekommen war und die genauso prägend für mein Leben werden sollte wie die Welt, aus der ich stammte, erst so richtig kennen. Dafür sorgte nicht nur mein Lebensgefährte, sondern auch seine Eltern. Ihre Einstellung war für mich noch überraschender als meine Beziehung zu Georg selbst.
Überraschung Nummer eins: Nachdem der heiß geliebte Sohn spontan ausgezogen war, klammerten sie nicht etwa und mischten sich ein, wo es nur ging. Nein, meine Fast-Schwiegereltern zeigten sich ehrlich interessiert daran, dass es ihrem Filius und seinem türkischen Augenstern gut ging!
Überraschung Nummer zwei: Sie nahmen auch meinen Cenk, den Sohn eines anderen Mannes, in den Kreis der Familie auf. Nicht wie ein , sondern als ihr Enkelkind! Cenk wurde mit allen Verwöhneinheiten überschüttet, die auch Georg früher genießen durfte.
Überraschung Nummer drei: Sie unterstützten die junge Kleinfamilie, die finanziell zwar nicht am Abgrund stand, aber auch keineswegs auf Rosen gebettet war, wo immer es ihnen nötig erschien. So etwas hatte ich in meinem eigenen Umfeld nie erlebt, hätte es auch für unmöglich gehalten. Statt knallharte Bedingungen an die elterliche Zuwendung zu knüpfen, floss sie uns hier völlig selbstverständlich zu. Für mich ein Kulturschock der angenehmen Art!
Da mir dies alles absolut unbekannt war, wusste ich es umso mehr zu schätzen. Diese Menschen hatte mir der Himmel geschickt, und sie leisteten einen beträchtlichen Beitrag dazu, dass mein Leben vom Kopf auf die Füße gestellt
wurde. Langsam, aber sicher konnte ich wieder durchatmen. Wie eine nach langer, schwerer Krankheit Genesende spürte ich die Lebenslust wieder in mir aufkeimen. Ich begann wieder unbefangen zu lachen, wagte sogar, kess und witzig zu sein. Das Wichtigste aber: Ich fühlte mich als Frau geliebt und geachtet. In erster Linie natürlich von meinem Partner, aber auch von seinen Eltern. Nach all den schmerzlichen Erfahrungen kam das einer Erlösung gleich. Georg und ich waren nicht nur ein hübsches und unternehmungslustiges, sondern auch ein harmonisches Paar. Mit ihm, so schien es, könnte ich jetzt eigentlich alles nur noch richtig machen!
Da waren wir, in unserer neuen Dreizimmerwohnung, die wir gemeinsam eingerichtet hatten. Nicht teuer, aber cool - und trotzdem gemütlich. Abgerundet mit einer ironischen Prise Türk-Nippes. Auf dem einen Fensterbrett eine orientalische Teekanne, auf dem anderen ein Silbertablett mit bemalten Teegläsern. Vom Regal blitzte ein goldenes Lämpchen mit bunten Glasfenstern, und auf dem - einzigen! - Sofa prangten ein paar mit Perlen und Goldbordüren bestickte Brokatkissen. Aber der Clou, von mir selbst ausgesucht:
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