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Freitags wird gebadet, aus dem Tagebuch eines Minderjaehrigen

Titel: Freitags wird gebadet, aus dem Tagebuch eines Minderjaehrigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt David
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besonders gefreut, Heinz. Du - die Eierbecher aus Plaste, das war vor drei Jahren, nicht?“
    „Hm.“
    Papa stand etwas verloren herum, machte aber ein braves, unschuldiges Gesicht. Vielleicht hoffte er noch. Mich jedenfalls zwickte der Gedanke: Heute gehts mit Papas Bluse schief.
    „Nun werden wir mal sehen“, sagte Mama, „was Papa für mich so schön eingepackt hat. Bin sehr gespannt.“ Also doch: Es fing an schiefzugehen.
    Während Mama die Päckchenschnur mit viel Geduld aufknippelte und Papa nervös auf ihre Hände blickte, dachte ich: Jetzt bricht Mamas große Stunde an. Meine Mama ist sonst zwar eine sehr ruhige, stille Frau, sie tritt überall dort, wo andere sich vordrängeln, einen Schritt zurück, aber sie kann auch mal hochgehen, wenn man sie zu sehr danebenbehandelt. Und das macht sie dann meist sehr elegant, spritzig und lächelnd.
    „Wart, ich hol die Schere, da gehts schneller, Liesel!“ sagte Papa. Sicherlich konnte er die Fummelei mit der Päckchenschnur nicht mehr ertragen.
    „Neinnein, Richard“, wehrte Mama ab, „laß mal, ich mach das gern. Schon wegen der Vorfreude. Und die kann nicht lange genug dauern.“
    Papas Gesicht verlor etwas an Glanz. Je länger und umständlicher Mama an der Schnur herumfingerte, desto unruhiger und unsicherer wurde er.
    Endlich war es soweit: Die Bluse starrte uns an, weiß und unschuldig.
    „Nein, das hatte ich nicht erwartet, Richard, eine Bluse! Wie ich mich freue!“ Mama schlug die Hände zusammen und Papa die Augen nieder, nur eine Sekunde allerdings, dann riß er sich wieder zusammen und blickte ehemännisch glücklich in Muttis Gesicht. Ich hätte am liebsten laut gelacht.
    „Du, die war wohl nicht leicht zu kriegen, Richard? Tut mir richtig leid, wenn ich daran denke, durch wieviel Geschäfte du so gerast sein wirst! Nein, mach mir nichts vor, leicht war die nicht zu kriegen!“
    „Wieso denn das nicht?“ fragte Papa mißtrauisch.
    „Na, das ist doch die gleiche Bluse wie im vergangenen Jahr, der gleiche Stoff, der gleiche Schnitt, die Knöpfe -ist das auch Größe achtundvierzig?“
    „Natürlich!“ sagte Papa mit gutem Gewissen.
    „Du bist ein Engel, Richard. Nein, sei ehrlich, leicht war es für dich nicht, die gleiche Bluse zu bekommen.“ Papa, so schien mir, hätte am liebsten mit dem einen Auge meiner Mama sicherheitshalber zugelächelt und mit dem anderen Auge mich erstochen; denn sein Gesicht sagte mir: -Konntste nicht etwas besser aufpassen beim Einkauf, Heinz? - So schauten wir nun alle drei auf die weiße Bluse, Größe achtundvierzig; Mama mit gespielter Freude, Papa mit gemischten Gefühlen, und ich mit einem Lächeln, das waffenscheinpflichtig war. Vor uns und hinter der weißen Bluse blühten die Dahlien in einer Vase, die schönen Dahlien, die gleichen schönen Dahlien wie im vergangenen Jahr.
    Papa guckte am längsten auf die Bluse.
    „Suchst du was, Richard?“
    „I wo, ich dacht, das wär ein Fleck, aber es ist kein Fleck!“
    Und da es leider kein Fleck war, mußte Papa das für ihn vorteilhafte Sich-über-die-Bluse-Beugen aufgeben. „Nein, kein Fleckchen ist da dran“, sagte Mama. „Die ist so schön wie die im vorigen Jahr, Richard. Und vor zwei Jahren, weißt du noch, hast du mir auch eine weiße Bluse geschenkt, Größe achtundvierzig. Die war ebenso wunderbar. Die war mit Taschen, Richard; und die weiße Bluse vor drei Jahren, die hatte genau solche Knöpfe wie diese hier oder die vom vergangenen Jahr.“
    „Und die Bluse vor vier Jahren?“ fragte Papa bissig und machte ein Blusenbeleidigungsgesicht.
    „Wart mal, sofort hab ichs“, meinte Mama. „Du, die war ohne Kragen. Und da fällt mir gleich wieder ein, wie die Geburtstagsbluse vor fünf Jahren ausgesehen hat...“
    .. die war mit Kragen!“

    „Nein, auch ohne! Richard, die war ohne!“
    „Was du nicht sagst!“
    „Wirklich, die war ohne Kragen, Richard!“
    „Sieh mal an!“
    Und damit hatte Papa den Tiefstand seines Ärgers erreicht. Freilich, es ging ja nicht darum, ob die Blusen mit oder ohne Kragen waren, aber Mama war es gelungen, auf diesem Wege dem Papa die letzten fünf weißen Geburtstagsblusen, Größe achtundvierzig natürlich, ins Gedächtnis zu bringen. Und das machte Mama in fröhlichem A-Dur. Und Papa mußte nun seinen Rückzug in a-Moll blasen: „Ich weiß schon, worauf du hinauswillst!“
    „Schon“, sagte Papa.
    „Ich versteh dich nicht, Richard!“
    „Tu nicht so. Ich dacht eben, eine Frau braucht immer wieder mal eine

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