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Freitags wird gebadet, aus dem Tagebuch eines Minderjaehrigen

Titel: Freitags wird gebadet, aus dem Tagebuch eines Minderjaehrigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt David
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weiße Bluse und so.“
    „Ich bin für jede Bluse dankbar, Richard, für jede!“
    „Nu hör mal endlich auf, Liesel, mich auf die Schippe zu nehmen.“ Papa blickte kurz zu mir. Ich bückte mich und machte mir am Schnürsenkel zu schaffen, um Papa seinen Rückzug zu erleichtern; denn er hatte erkannt: Wenn einer in A-Dur spielt und der andere in a-Moll, so ergibt das einen Mißklang. Und den kann man sich nicht lange anhören. Mama lächelte etwas mitleidig und machte sich an den schönen Dahlien zu schaffen.
    „Was ich sagen wollte, Liesel“, er blickte wieder zu mir, und ich machte mir sofort am anderen Schnürsenkel zu schaffen, „zugegeben, Liesel, natürlich ist es Quatsch, dir zu jedem Geburtstag eine weiße Bluse zu schenken. Fünf Jahre lang. Ich könnt mir an den Kopf fassen!“ „Sechs Jahre lang, Richard!“
    „Sechs Blusen, weiße Blusen, so ein Unsinn!“ „Nein, neun Blusen, neun weiße Blusen, Richard. Du hast die vom Frauentag vergessen!“
    Ich guckte hoch: Papa schüttelte den Kopf.
    „Und noch etwas, Richard, du hast nicht einmal gemerkt, ob ich die Blusen auch getragen habe!“
    „Das geht zu weit! Ich kann mich gut erinnern, Liesel, daß du oft eine weiße Bluse angehabt hast.“
    „Aber nicht daran, mein Lieber, welche ich getragen habe!“
    „Das möcht ich bestreiten!“
    Ich war gespannt, ob das gut ging - das mit dem Bestreiten; denn wenn Mama schon mal etwas behauptet, dann stimmt es! Und siehe da: Mama streckte den linken Arm aus und hielt meinem Papa das Handgelenk vor die Augen. „Siehste was, Richard?“
    „Eine Armbanduhr, was sonst?“ Gleichgültig hob er die Schultern, und plötzlich zuckte er zusammen: „Eine Armbanduhr? Wie das, du hast doch noch nie eine Armbanduhr gehabt? Noch nie, Liesel?“
    „Eben. Und jetzt muß ich dir etwas gestehen, Richard: Die letzten drei weißen Blusen, Größe achtundvierzig, habe ich am nächsten Tag immer gleich wieder zur Frau Zimpel in den Laden geschafft - und das Geld gespart -für die Armbanduhr!“
    „Ach..." keuchte Papa. Und aus dem Ach wurde später noch ein gemütlicher Geburtstagskaffee und ein schöner Tag.

8

    Der Fernsehapparat war wieder anwesend.
    Wir hatten gebadet. Und das Telefon hatte sich diesmal anständig benommen und nicht geklingelt.
    Papa sagte: „Heinz, du kannst dir heut abend den Film mit ansehen, weil du in Erdkunde eine Eins gehabt hast.“
    Das war ein Wort und nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte schlummerte im Titel des Films. Und der lautete ganz schlicht: DIE SEEROSE. Papa und Mama vermuteten sicherlich ein Naturschauspiel in drei Jahreszeiten. Ich jedenfalls war auf alles gefaßt und wußte eins genau: Tote würde es keine geben, sonst hätte der Film nicht „Die Seerose“, sondern „Aktion Schlingpflanze“ heißen müssen.
    Aus dem Nachbarhaus kam das Ehepaar Puschlik. Die Leute lächelten sich dankbar durch unseren Korridor, ließen sich den Platz anweisen und hörten, wie Papa sagte: „Benehmt euch wie zu Hause, und fühlt euch auch so!“ Das war gut gemeint, aber nicht wörtlich zu nehmen. Wir kriegen das auch oft gesagt. Und dann benehmen wir uns trotzdem ganz anders als zu Hause.
    Meine Mama sagte lustig: „Die Frauen knabbern Kekse, und die Männer trinken Bier.“ Ich wurde den Frauen zugeteilt.
    Auf dem Bildschirm erschien die Ansagerin und wünschte uns eine gute Unterhaltung. Das besagte freilich noch gar nichts und hatte wie die Aufforderung einer Stewardeß geklungen: „Bitte anschnallen.“
    Wir rückten uns noch einmal zurecht.
    Der Vorspann lief, und die Schrift belehrte uns, daß der Film aus dem Schnulzomanischen übersetzt und extra für den Bildschirm synchronisiert worden wäre.
    Eine Seerose blühte uns entgegen.
    „Ach, ist die schön!“ seufzte Frau Puschlik.
    Danach zeigten sie uns die Umgebung der Seerose: den Teich, das Schilf, den Wald, die Sonne, den Himmel. Außer ein paar Wildenten und einem stolzen Fischreiher spielte bis jetzt noch niemand mit. Wo blieb die Hauptrolle? Schließlich war es ein Spielfilm, also hatte wer mit wem was zu spielen.
    Wir holten gespannt Luft und schauten mit der Kamera in den Wald.
    Da kam sie!
    Die Hauptrolle kam! Ein junges Mädchen!
    „Endlich“, stöhnte Herr Puschlik, worauf seine Gattin bemerkte: „Otto hat eben gar nichts für das Schöne in der Natur übrig.“
    „Sag das nicht, Trude!“ schäkerte Herr Puschlik. „Für Kalbfleisch bin ich immer.“ Er verfolgte das Mädchen. Papa und Mama blickten sich

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