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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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großartiges Weihnachtsgeschenk gemacht.
    Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete Joe seine Tochter Frit-zi. Nachdem sich Carls Leben völlig unerwartet in eine neue und positive Richtung wandte, war es Zeit, sich auf sie zu konzentrieren. Wer sagte denn, daß er die Heiratsvermittlung ganz seiner Frau überlassen sollte. Warum sollte er sich nicht unter seinen wohlhabenden Freunden nach einem geeigneten unverheirateten Sohn umsehen, der an einer guten Partie mit einer Millionärstochter interessiert war? Fritzi brauchte einen anständigen Mann und ein Heim, und zwar hier in Chicago. Eine andere Möglichkeit gab es einfach nicht.
    Nun sollte es also doch noch eine fröhliche Weihnachtszeit werden!
8. CARLS MUT
    Am nächsten Morgen waren alle schon früh auf den Beinen. Nachdem Carl beim Frühstück für zwei gegessen hatte, machte er sich auf, Weihnachtsgeschenke zu besorgen, jedoch nicht, ohne Fritzi vorher das Versprechen abgenommen zu haben, später mit ihm Baseball zu spielen, was sie schon als Kinder gern getan hatten.
    Die Morgensonne sorgte dafür, daß die Schneedecke vom Vorabend um mindestens drei Zentimeter dünner wurde. Nicky fuhr Ilsa zu einer Komiteesitzung der Orchestervereinigung. Fritzi, die allein zurückblieb, machte sich ihre eigene Weihnachtsliste. Anschließend ging sie die Post durch, die ihr Leopold ins Musikzimmer gebracht hatte. Ungeduldig öffnete sie einen an die Familie gerichteten Brief von Julie.
    Sie hielt den Atem an, als sie las, was Julie bei der Whitehall-Demonstration durchgemacht hatte. Fritzi bewunderte Julies Einsatz für das Wahlrecht der Frauen. Obwohl sie Julies Begeisterung teilte, hätte sie doch nie an einer Demonstration oder einem Marsch teilgenommen.
    Julies Brief schloß mit einem Absatz über Vetter Paul:
    »Seit Jahren, seit dieser schreckliche Jimmy Daws ins Gefängnis gewandert ist, schleppt er seine ganze schwere Ausrüstung allein. Auf der letzten Reise nach Afrika hat er sich verhoben und noch wochenlang danach unter starken Schmerzen gelitten. Lord Yorke hat ihm angeboten, einen Gehilfen einzustellen, aber Paul ist strikt dagegen. Obwohl ich ihm immer wieder versichere, daß ein Gehilfe seine Männlichkeit keineswegs untergraben würde, stellt er sich taub. Diese Deutschen können schrecklich stur sein - am allerstursten aber ist mein lieber Mann!
    Seid mir alle lieb gegrüßt .«
    Fritzi legte den Brief für ihre Mutter auf ein Silbertablett, nahm Papier und Tinte zur Hand und setzte sich im winterlichen Morgen-licht an den Schreibtisch, um ihn zu beantworten. Sie bat Julie, ihre weiblichen Überredungskünste noch auf ein weiteres Thema auszudehnen: Paul müsse ein Buch schreiben.
    »Warum nicht? Er ist intelligent. Seine Briefe sind unterhaltsam, seine Schilderungen lebhaft (sofern er sich überhaupt Zeit zum Schreiben nimmt!), und ich glaube, daß sich viele Leute für das interessieren, was er erlebt und gefilmt hat - die Schwierigkeiten und Gefahren, denen er ausgesetzt war und die er überwunden hat. Sein Freund Richard Harding Davis ist mit seinen Büchern sehr erfolgreich. Bitte versuche ihn zu überzeugen, es wenigstens zu probieren! Sag ihm, daß er seine Lieblingscousine enttäuscht, wenn er es nicht tut.«
    Carl ließ die Faust in seinen Fanghandschuh sausen. »Also dann, Fritzi, laß sehen, ob du in deinem Alter noch was zustande bringst.«
    Fritzi blinzelte gegen die Nachmittagssonne. An einem der oberen Fenster auf der anderen Seite der Neunzehnten Straße bewegte sich ein Vorhang. Mit einem gezierten Lächeln reckte Fritzi ihren kalbsledernen Fanghandschuh winkend in die Luft. »Hallo, Mrs. Baum, Sie alte Ziege.«
    Sie holte aus und schleuderte den harten Ball in hohem Bogen über Carls Kopf. Seine Hand schoß nach oben, der Ball landete in seinem Handschuh. Für jemanden, der so kräftig und so tolpatschig war, war er erstaunlich flink. »Nicht schlecht, du bist doch noch nicht eingerostet«, rief er lachend.
    Die Sonne auf Fritzis Haut fühlte sich wunderbar an. Die tauende Erde im Hof verströmte auf dieser Seite des Hauses einen warmen, aromatischen Duft. Sie schleuderten den Ball hin und her und fanden einen Rhythmus, der an die Tage ihrer Kindheit erinnerte.
    Mit einem harten, klatschenden Geräusch traf der Ball jeweils in den Handschuhen auf. Carls nächster Wurf ging vollkommen daneben; Fritzi versuchte den Ball aufzufangen, mußte dazu in die Hocke gehen und schlitterte dem Ball schließlich auf Knien und Rock entgegen. Während sie

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