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Friedhof der Kuscheltiere

Friedhof der Kuscheltiere

Titel: Friedhof der Kuscheltiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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zu Kathie McGowan hinüber gehst, um mit ihr Puppenkleider zu nähen. Gage wird nicht dabei sein; und das ist der Zeitpunkt, an dem Gage die Hundertschaft der Auserwählten im Herzen eines kleinen Mädchens zu verlassen beginnt und zu etwas wird, das im Jahre 1984 geschah. Ein Schrecknis, aber ein vergangenes.
    Louis verließ ihr Zimmer und blieb einen Augenblick an der Treppe stehen; er dachte -- nicht ernstlich -- daran, zu Bett zu gehen.
    Er wußte, was er brauchte, und deshalb ging er hinunter. Louis Albert Creed ging daran, sich methodisch zubetrinken. Unten im Keller warten fünf Kartons Schlitz Light. Louis trank Bier; Jud trank es, Steve Masterton trank es, Missy Dandridge trank gelegentlich ein oder zwei Bier, wenn sie auf die Kinder aufpaßte (das Kind, korrigierte sich Louis auf der Kellertreppe). Sogar Joan Charlton hatte bei ihren seltenen Besuchen im Haus einem Bier -- solange es nur ein leichtes war -- vor einem Glas Wein den Vorzug gegeben. Deshalb hatte Rachel im letzten Winter gleich zehn Kartons Schlitz Light auf einmal gekauft, als es im A & P-Supermarkt zu einem Sonderpreis angeboten wurde. Nun brauchst du nicht jedesmal zu Julia in Orrington zu fahren, wenn unvorhergesehener Besuch kommt, hatte sie gesagt. Du hast oft genug Robert Parker zitiert, Liebling -- jedes Bier, das nach Ladenschluß im Kühlschrank liegt, ist gutes Bier, oder nicht? Also trink es und denk an das Geld, das wir gespart haben. Letzten Winter. Als noch alles in Ordnung war. Als noch alles in Ordnung war. Merkwürdig, wie schnell und wie leicht der Verstand diesen Trennungsstrich zog...
    Louis brachte einen Karton Bier mit herauf und packte die Dosen in den Kühlschrank. Dann nahm er eine wieder heraus, schloß den Kühlschrank und öffnete sie. Auf das Klappen der Kühlschranktür hin kam Church langsam und schwerfällig aus der Vorratskammer geschlichen und blickte fragend zu Louis auf. Der Kater wahrte Abstand; vielleicht hatte Louis ihm zu oft einen Tritt versetzt.
    »Nichts für dich«, erklärte er dem Kater. »Du hast deine Dose Calo heute schon gehabt. Wenn du mehr willst, scher dich hinaus und fang dir einen Vogel.«
    Church stand da und sah zu ihm auf. Louis trank die halbe Dose Bier auf einen Zug und spürte, wie es ihm fast sofort zu Kopfe stieg.
    »Du frißt sie nicht einmal, stimmt's?« fragte er. »Das Töten reicht dir schon.«
    Church hatte offenbar begriffen, daß es nichts zu fressen gab, und wanderte ins Wohnzimmer; Louis folgte ihm einen Augenblick später.
    Hey-ho, let's go, dachte er wieder beiläufig.
    Louis ließ sich in seinen Sessel fallen und blickte wieder zu Church. Der Kater hatte sich auf dem Teppich vor dem Fernsehgerät niedergelassen und betrachtete Louis genau, offenbar bereit, die Flucht zu ergreifen, falls Louis plötzlich aggressiv werden und mit dem Fuß ausholen sollte.
    Stattdessen hob Louis die Bierdose. »Auf Gage«, sagte er. »Auf meinen Sohn, der Künstler oder Weltklasse-Schwimmer oder Präsident der Vereinigten Staaten hätte werden können. Was sagst du dazu, du Mistvieh?«
    Church musterte ihn mit seinen seltsamen, trüben Augen.
    Louis leerte die Dose mit großen Schlucken, spürte den Schmerz in seiner angeschlagenen Kehle, stand auf, ging zum Kühlschrank und holte sich die zweite.
    Als Louis drei Dosen geleert hatte, war ihm, als hätte er zum ersten Mal an diesem Tag eine Art Gleichgewicht gefunden. Als er mit der ersten Sechserpackung fertig war, hatte er das Gefühl, in ein oder zwei Stunden vielleicht sogar schlafen zu können. Er kam mit der achten oder neunten Dose vom Kühlschrank zurück (inzwischen hatte er den Überblick verloren und schwankte beim Gehen), und sein Blick fiel auf Church; der Kater schlief auf dem Teppich -- oder tat, als schliefe er. Und dann kam ihm der Gedanke -- auf so natürliche Art, als wäre er schon die ganze Zeit dagewesen und hätte nur den richtigen Zeitpunkt abgewartet, um sich aus dem Hintergrund seines Bewußtseins nach vorn zu drängen:
    Wann wirst du es tun? Wann wirst du Gage jenseits des Tierfriedhofs begraben?
    Und gleich darauf:
    Lazarus, komm heraus.
    Ellies benommene, schläfrige Stimme:
    Der Lehrer hat gesagt, wenn er nur ›Komm heraus‹ gesagt hätte, dann wären wahrscheinlich alle Toten auf dem Friedhof herausgekommen.
    Ihn überfiel eine Eiseskälte von so elementarer Gewalt, daß er Mühe hatte, sich zu beherrschen, solange das Schaudern durch seinen Körper fuhr. Plötzlich fiel ihm Ellies erster Schultag wieder

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