Frisch verlobt
Nur fünf Minuten. Wenn sie noch einmal die Chance hätte, würde es ihr ja vielleicht gelingen, ihnen die Sache in einer Weise zu erklären, die nachvollziehbar war.
Es ist nun einmal nicht die Wahrheit, dachte sie. Dabei weinte sie und versuchte, sich nicht so unglaublich allein zu fühlen. Nichts davon. Aber ihren Schwestern war das ja egal. Sie wollten ja doch nur das Schlimmste von ihr glauben.
Irgendwo tief in ihrem Inneren wusste sie auch, dass es ihre eigene Schuld war. Nicole hatte ihr immer wieder gerne vorgehalten, wie viel Mist sie gebaut hatte, und Jesse wusste, dass sie recht hatte. Mit Absicht hatte sie sich nie in Schwierigkeiten gebracht … es war irgendwie immer einfach passiert. Aber das? Das hatte sie wirklich nicht verdient.
Es war ihr Fehler gewesen, dass sie sich mit Drew angefreundet hatte, und vielleicht auch, dass sie die Situation falsch eingeschätzt hatte. Aber mehr auch nicht. Nicole konnte manchmal schwierig sein, und Jesse und Drew hatten sich angewöhnt, miteinander zu reden. Reden, nicht mehr. Ansonsten hatte sie an Drew keinerlei Interesse, und selbst wenn sie eine Schwäche für ihn gehabt hätte, würde sie dem niemals nachgegeben haben. Schließlich war er Nicoles Mann.
Jesse kniff die Augen fest zusammen, aber das löschte die Erinnerung an jene letzte Nacht in Nicoles Haus auch nicht aus. Sie war wegen Matt völlig aufgelöst gewesen. Es war schon spät, und sie saß in ihrem Zimmer, als Drew hereinkam. Jesse hatte die Gelegenheit begrüßt, sich aussprechen zu können.
Sie hatte ihm von ihren Ängsten und Hoffnungen erzählt und ihm auch gesagt, dass sie tief in ihrem Herzen wusste, dass Matt derjenige war, den sie ewig lieben würde. Dann hatte Drew sie in den Arm genommen.
Erst glaubte sie noch, dass er sie beruhigen wollte, was ja soweit okay war, wenn auch ein wenig peinlich. Jedenfalls hatte sie seine Umarmung akzeptiert. Aber dann hatte er sie geküsst.
Damit hatte er sie so überrumpelt, dass sie einfach nicht wusste, wie sie sich verhalten sollte. Er küsste sie und fing an, ihr zu erzählen, dass das Ding mit der Monogamie doch gar nicht ihrem wahren Selbst entspräche. Sie habe doch immer mit verschiedenen Kerlen geflirtet, ihn selbst mit eingeschlossen. Dann schmeichelte er ihr und sagte, wie hübsch sie doch sei, so viel weicher als Nicole. Und dass sie es ja so viel besser treffen könne, als Matt zu heiraten.
Fast instinktiv hatte sie darauf reagiert, ihm zugestimmt, dass sie nicht zu den Mädchen gehörte, die sich mit nur einem Mann begnügen konnten. Das hatte sie noch nie. Es war, als würde sie sich selbst aus großer Distanz zuschauen. Dann zog er ihr das T-Shirt aus, das sie sich bereits übergeworfen hatte, um ins Bett zu gehen, und fasste ihre Brüste an. Allerdings war es dann schlagartig anders, irgendwie so, als hätte sich ein Schalter in ihr umgelegt.
Sie hatte versucht, ihn abzuwehren. Dabei war sie leise vorgegangen, denn sie wollte ja nicht, dass Nicole etwas merkte. Vermutlich war ihr intuitiv klar, dass ihre Schwester ihr nicht abnehmen würde, dass nicht sie es war, die den Anstoß dazu gegeben hatte. Und das war dann auch schon der Moment, als Nicole hereinkam.
Drew war sofort aufgesprungen und hatte angefangen zu erklären, wie Jesse ihn angemacht habe. Dass alles von ihr ausgegangen sei. Und Nicole hatte sie mit solch einem Hass angesehen, dass Jesse sich wie gebrandmarkt fühlte.
In diesem Moment wusste sie, dass nichts, was sie sagen könnte, etwas ändern würde.
Jesse legte die Hand auf ihren Bauch. Sie war schwanger mit einem Baby von Matt, und niemand wollte ihr glauben. Vor allem nicht die beiden Menschen, die sie auf der Welt am meisten liebte. Nicole hatte sich bereits von ihr abgewandt, und nun tat Matt dies auch.
7. KAPITEL
A uf dem Rückweg nach Hause versuchte Nicole, den Knoten in ihrem Magen zu ignorieren. Sie war ungeheuer wütend auf Jesse, aber trotz allem vermisste sie es, sie nicht mehr in ihrer Nähe zu haben. Nichts an der ganzen Geschichte war fair.
Als sie in ihre Einfahrt einbog, entdeckte sie ein unbekanntes Auto, das vor ihrem Haus parkte. Brittany stieg aus und winkte ihr zu.
„Ich muss Sie um einen riesigen Gefallen bitten“, erklärte der Teenager, während sie auf Nicole zuging. „Raoul hat heute Geburtstag. Er wird achtzehn, und ich möchte etwas Besonderes für ihn kochen, aber ich weiß nicht, ob ich das alles auf die Reihe bringe. Wäre es in Ordnung für Sie, wenn ich es hier
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