Frostherz: Mythos Academy 3 (German Edition)
von mir fernhalten sollten, legten meine Freunde mich auf eine Bahre und trugen mich aus den Wäldern. Dasselbe taten sie für Nott, ohne dass ich auch nur darum bitten musste.
Sie brachten mich in Grandma Frosts Haus. Ich erklärte meiner Grandma dasselbe, was ich auch den anderen gesagt hatte – dass sie mich nicht berühren sollte. Aber natürlich hörte sie nicht auf mich.
»Du bist meine Enkeltochter«, sagte sie mit scharfer Stimme. »Du würdest mir niemals wehtun.«
Damit nahm Grandma sanft mein blutiges Gesicht in die Hände, und ich fühlte, wie ihre Liebe mich umhüllte, stärker als jemals zuvor. Wieder weinte ich.
Schließlich ging ich nach oben ins Bad, doch statt in die Dusche zu steigen, starrte ich mich selbst im Badezimmerspiegel an. Mein braunes Haar war verklebt und verfilzt, meine Kleidung zerrissen, und unter meinen Augen lagen schwarze Ringe der Erschöpfung. Selbst die Schneeflockenkette um meinen Hals wirkte irgendwie matt und fleckig. Überall auf den silbernen Kettchen klebte Blut – mein Blut, Notts Blut. Ich war so glücklich gewesen, als Logan mir das Schmuckstück geschenkt hatte, aber jetzt konnte ich es kaum ertragen, sie anzusehen. Ich konnte es kaum ertragen, mich selbst anzusehen.
Ich nahm eine heiße Dusche und wusch mir das Blut ab, aber eigentlich waren meine Bewegungen rein mechanisch. Dann setzte ich mich an den Tisch in Grandma Frosts Küche und lauschte der Geschichte, wie die anderen mich gefunden hatten. Anscheinend hatte ich Morgan McDougall meine Rettung zu verdanken. Sie war gerade auf dem Weg in ihr Zimmer um eine Ecke auf dem oberen Hof gebogen, als das Schnittermädchen mich davongetragen hatte. Sie war dem Schnittermädchen bis zu einem der Tore gefolgt, wo Vivian ihre Maske abgenommen und Morgan damit verraten hatte, wer sie wirklich war. Als Morgan verstand, dass Vivian mich vom Campus entführte, hatte sie Professor Metis gerufen und generell Alarm geschlagen. Metis und den anderen war schließlich aufgegangen, dass Vivian mich zu dem nahe gelegenen Anwesen ihrer Familie gebracht haben musste. Dann hatten sie sich ihren Weg durch Dutzende Schnitter erkämpft, die sich im Herrenhaus und auf dem restlichen Anwesen versammelt hatten.
Nachdem Metis mit der Geschichte über Morgan fertig war, gingen wir zusammen ins Badezimmer, und sie kontrollierte ein weiteres Mal die Stellen an meiner Hand und meiner Brust, wo ich verletzt worden war. Doch beide Wunden waren vollkommen verheilt, bis auf dünne weiße Linien, die sich über meine Haut zogen. Metis versuchte, auch sie verschwinden zu lassen, aber egal wie viel von ihrer Heilmagie sie in mich hineinschickte, die Narben verblassten nicht. Sie sah den Grund dafür darin, dass sie mit dem Helheim-Dolch geschlagen worden waren. Metis erklärte, dass solche mächtigen Artefakte manchmal Narben zurückließen, die niemals verschwanden.
Genauso wie mein Herz niemals wieder heilen würde. Ich brauchte die Narben nicht, um mich an das zu erinnern, was geschehen war. Ich würde es niemals vergessen, und ich würde nie aufhören, mir selbst die Schuld für alles zu geben, für mein gesamtes, schreckliches Scheitern.
Später an diesem Vormittag begruben wir Nott im Garten meiner Grandma, direkt neben einem Fliederbusch, der jetzt im Winter braun und blattlos war. Logan und Oliver meldeten sich freiwillig, das Grab zu schaufeln, und ich bestand darauf zu helfen, obwohl ich nichts lieber tun wollte, als mich im Bett zusammenzurollen und niemals wieder aufzustehen. Metis, Ajax, Nickamedes und Grandma kamen nach draußen, um Nott ihren Respekt zu erweisen, zusammen mit Daphne, Carson und Kenzie.
»Sollen wir ein paar Worte sprechen?«, fragte Oliver mich leise, als es vorbei war.
Ich starrte den Hügel aus lockerer, brauner Erde an und schüttelte den Kopf. Ich hätte gerne etwas gesagt, hätte darüber gesprochen, wie sanft Nott in ihrem Innersten gewesen war, aber meine Kehle war wie zugeschnürt, und ich schaffte es einfach nicht, auch nur ein Wort hervorzupressen. Grandma Frost drückte meine Hand, während alle anderen mir mitfühlende Blicke zuwarfen und erklärten, wie leid es ihnen tat. Dann gingen die Erwachsenen und meine Freunde einer nach dem anderen wieder nach drinnen, bis nur Logan, Grandma Frost und ich draußen zurückblieben.
»Ich lasse euch beide ein paar Minuten allein«, sagte Grandma schließlich und drückte noch einmal meine Hand, bevor sie im Haus verschwand.
Logan und ich standen dort, neben
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