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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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wurden. Die Eltern vermuten, dass Colette die Kleidungsstücke trug, als sie verschwunden ist.›
    «Oh Gott, das heißt, es ist Unterwäsche», flüsterte Merrily. «Sonst hätten sie mit Sicherheit sagen können, ob Colette die Sachen getragen hat.»
    ‹Detective Annie Howe, die die Suche nach Colette leitet, bittet die Öffentlichkeit um sachdienliche Hinweise. Etwa um zwei Uhr heute Morgen ist Colette Cassidy, eine Schülerin der Hereford Cathedral School   …›
    «Er war es», sagte Lol. «Er muss es gewesen sein.»
    ‹…   starb eine ältere Frau bei einem Verkehrsunfall   …›
    «Das weiß doch keiner.»
    ‹…   in der Nähe von Ledwardine. Die Frau, die auf einem Moped unterwegs war, ist noch nicht offiziell identifiziert. Es waren keine weiteren Fahrzeuge in den Unfall verwickelt.›
    Sie hörten Jane stöhnen. «Das weißt du nicht. Du hast überhaupt keine Ahnung!»
    ‹Dagegen konnte mittlerweile der Mann identifiziert werden, der heute Nacht umkam, als er zwischen Hereford und Abergavenny mit seinem Auto bei Wormbridge an eine Steinmauer raste. Es handelt sich um Anthony Karl Windling aus Abingdon bei Oxford. Und nun weitere Nachrichten. Ein geteiltes Echo hat die Nachricht hervorgerufen,
dass die Staatliche Lotteriegesellschaft fünfzigtausend Pfund   …›
    Das Radio wurde abgeschaltet. Lol hatte sich auf die Treppe gesetzt. Als Merrily aufblickte, sah sie Jane am Türrahmen ihres Wohnzimmers lehnen. Keiner von ihnen sagte ein Wort.

35   Die kleinen goldenen Lichter
    Lol sah von seiner Treppenstufe aus zu Jane empor. Er wirkte wie ein kleines Hündchen. Im Grunde ist er immer noch in seiner Klinik, dachte Merrily. Nachdem Lucy nicht mehr da ist, sucht er nach jemand anderem, der ihm seine Droge gibt, nur dass diese Droge jetzt Selbstbestätigung ist.
    «Wo ist Wormbridge?», fragte er schließlich.
    «Man kommt auf dem Weg nach Abergavenny und zur M4 durch», sagte Merrily.
    «Also ist er weggefahren.»
    «Er muss ziemlich betrunken gewesen sein», fuhr sie fort. «Daran liegt es gewöhnlich, wenn ein Auto außer Kontrolle gerät, ohne dass ein anderes Fahrzeug beteiligt ist.»
    «Ja.»
    Er schüttelte langsam den Kopf. Wie ein Boxer, der auf die Knie gegangen ist, danach aber feststellt, dass er nach Punkten noch gewinnen kann. Vermutlich dachte er über den sinnlosen, zufälligen Tod seiner alten Freundin und seines Peinigers innerhalb derselben vierundzwanzig Stunden nach, beide gestorben bei einem Verkehrsunfall, an dem niemand weiter beteiligt war. Was hatte das zu bedeuten?
    «Und Colette   …»
    «Das können wir ausschließen, Lol. Dem Bericht zufolge ist er gestorben, als sie noch auf der Party war. Es ist nur ein Zufall, dass alles fast gleichzeitig passiert ist.»
    An genau diesem Punkt war ich auch schon einmal
, hätte sie am liebsten gesagt, und sie dachte daran, wie Sean in dem Schlafzimmer auf sie zugekommen war und sie mit blutüberströmtem Gesicht angelächelt hatte. Einen schwebenden, kristallenen Augenblick lang hatte sie das Gefühl, dass sie beide Teil desselben grotesken Musters waren.
    Jane starrte sie immer noch fassungslos an. Ihr Gesicht war bleich und fleckig und ihr normalerweise glattes dunkles Haar verfilzt.
    «Mom», sagte sie, «kommst du zu mir rein? Bitte?»
     
    Wortlos umschlangen sie sich unter der blauen und goldenen Zimmerdecke. Jane schluchzte. Vom Marktplatz klang die Akkordeonmusik zu ihnen herauf, und auch Merrily weinte. Um Miss Devenish und um Sean und sogar um diesen bösartigen Karl Windling, die der Tod auf der Straße vereint hatte. Und sie weinte über Colettes mysteriöses Verschwinden und weil die Cassidys leiden mussten und wegen all der anderen Menschen, die litten, und sie weinte um die Jahre, die Lol verschwendet hatte, und um die Tage, die sie und Jane verschwendet hatten, weil sie sich von Aberglauben, unerklärlichen Phänomenen oder was auch immer hatten entzweien lassen.
    Schließlich löste sich Jane aus der Umarmung und blieb mitten im Raum stehen, als wisse sie nicht genau, wo sie war. Merrily betrachtete das Zimmer.
    Die billige Stereoanlage stand auf den blanken Dielen. Auch die alte Couch war da, die Jane unbedingt nach Liverpool hatte mitschleppen wollen, obwohl ihr Zimmer dort viel zu klein gewesen war. Stapel von Taschenbüchern. Und Edwin, der Teddy, inzwischeneinohrig und mit immer kahler werdendem Plüschfell. All das waren vertraute Gegenstände. Doch das tiefe Blau der Wandfelder und der Decke ließ den Raum

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