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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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erfreut, ihm mitteilen zu können, dass sein Song ‹Dandelion Dream› von seinem dritten und letzten Album
Hazey Jane
in ein neues Sammelalbum aufgenommen werden sollte, das sich voraussichtlich sehr gut verkaufen würde.
    Geld für nichts. Unterstützt von Werbespots im Fernsehen, verkauften sich diese Sammelalben massenweise und sorgten auch für Interesse an den alten Platten. Es war das vierte Mal innerhalb von zwei Jahren, dass ein Song von ihm in ein Sammelalbum aufgenommen wurde; davon lebte er. Und nicht einmal schlecht. Immerhin konnte er von dem Geld die Hypothek für das Cottage abbezahlen und hatte noch genug übrig, um sich und Ethel zu ernähren. Das reichte doch, oder?
    Er schlug einen melancholischen e-Moll -Akkord an. Er wollte wieder schreiben, klar, aber wenn man es nicht mehr in sich hat, dann hat man es eben nicht mehr in sich. Sollte man nicht eigentlich besonders inspiriert sein, wenn man unglücklich war, weil einen die Frau verlassen hatte? Und warum brachte er dann höchstens ein paar Reime für Gary Kennedys Melodien zusammen und sonst nichts?
    Das Telefon klingelte. Das musste Karl sein. Karl hatte seit dem Wochenende schon zwei Mal angerufen. Beim zweiten Mal hatte er gesagt:
Ich komme nochmal zu dir, Lol. Ich hab Ideen für ein paar Songs
. Als ob Lol nie gesagt hätte: Auf keinen Fall, ich mache es nicht, ich kann es nicht mal. Karls Stimme hatte vollkommen entspannt geklungen, keine Spur von einer Drohung.
Ich komme nochmal zu dir, Lol
.
    Er legte die Gitarre weg und nahm das Telefon ab.
    «Lol? Hier ist Dennis. Dennis Clarke.»
    «Hallo», sagte Lol erleichtert. «Wie geht’s so? Danke für die Platte.»
    «Kein Problem», Dennis räusperte sich. «Karl war bei dir, oder?»
    «Ja, ist vorbeigekommen.»
    «Ja», sagte Dennis. «Er war auch nochmal bei mir.»
    «Hat er dir auch von dem Gig mit dieser Band in Amerika erzählt und von den ganzen Mädchen und dass er die ganze Nacht hätte weitervögeln können, obwohl er doppelt so alt war wie sie?»
    «Nein», sagte Dennis. «Gillian war da. Er hat mir erzählt, wie viel Geld wir machen könnten, wenn wir noch eine Platte aufnehmen.»
    «Und du warst beeindruckt.»
    Dennis schwieg.
    Lol fragte: «Und
Gillian
, war sie auch beeindruckt?»
    «Lol, o.   k. , hör mal, ich   … also, ich habe   … ich habe ja gesagt. Ich habe gesagt, ich würde es machen.»
    «Was machen?»
    «Noch eine Platte aufnehmen.»
    Jetzt schwieg Lol.
    «Es ist doch nur eine Platte, Lol. Wir müssten nicht auf Tour gehen. Ich meine   … ich kann es einbauen. Karl sagt, er organisiert ein Studio in Chipping Camden oder so, dann kann ich abends nach Hause fahren. Gillian   … Also, Gill sagt, sie hat nichts dagegen.»
    «Und was ist mit deinem Handgelenk?»
    «Ellbogen. Ich schätze, wenn ich ein paar Schmerzmittel einwerfe   …»
    «Aha», sagte Lol. «Na dann, viel Glück. Bin schon gespannt auf die Platte.»
    «Nein, jetzt hör doch mal. Du musst   … du musst natürlich dabei sein.»
    «Komisch, Dennis. Ich hab Karl schließlich schon gesagt, dass ich nicht mitmache.»
    «Lol, du
musst
es machen.»
    «Jetzt verstehe ich», sagte Lol. «Er hat dich irgendwie unter Druck gesetzt. Wie hat er’s denn gemacht? Hat er einfach nur mit Gewalt gedroht oder mit etwas, was Gillian nicht von dir weiß? Bei mir hat er’s früher normalerweise mit Gewalt geschafft. Aber das ist zwanzig Jahre her. Das funktioniert jetzt nicht mehr. Was er damals zum Schluss noch draufgesetzt hat, war einfach zu viel.»
    «Lol, komm schon   …»
    «Hat er gesagt, Dennis, du überzeugst das Arschloch von der Sache, oder   …»
    «Nein! Nein, das hat er nicht gesagt. So war es überhaupt nicht.»
    Er tat Lol leid. Auch sich selbst tat Lol leid, aber vielleicht warDennis, der spießige Steuerberater in Chippenham, jetzt sogar mehr zu bedauern als er.
    «Dennis, falls er mich je fragt, dann sag ich ihm, du hast wirklich alles versucht.»
    «Lol, verdammt   …» Er spürte, dass Dennis fast verzweifelte. «Komm schon, Mann, du weißt doch, dass du es bist, den er braucht. Du weißt, dass er selbst nie im Leben einen vernünftigen Song schreiben könnte.»
    «Dennis.» Lol war überrascht, wie fest seine Stimme klang. «Sag ihm einfach, er soll mich in Ruhe lassen. Sag ihm, er soll mir vom Hals bleiben.»
    Vor dem Fenster sah er die weißen Apfelblüten. Warum deprimierten ihn weiße Blüten so? Vermutlich lag es an den weißen Blumen, die auf dem Sarg seiner Mutter gelegen

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