Fünf Freunde und der Zauberer Wu
gedauert!« flüsterte sie Herrn Tapper zu. »Hat irgendwas nicht geklappt?«
»Doch, doch, alles in Ordnung!« antwortete er, schnupperte und setzte sich auf einen Klappstuhl. »Hm, wie gut das riecht! Leute, ich hab’ einen Wolfshunger. Hilf austeilen, Achim!«
Achim brachte einen ganzen Turm von Tellern zu der Alten, die einen um den andern nahm und einen Eintopf aus Fleisch, Kartoffeln und Gemüse darauf häufte. Während Achim jedem seine Portion reichte, erkundigte sich Großvater Tapper bei Julian, wie ihm die Probe gefallen habe.
»Prima!« erwiderte Julian. »Nur schade, daß nicht alle Nummern drangekommen sind. Ich hätte so schrecklich gern die Akrobaten und die Clowns gesehen. Sind sie jetzt hier mit dabei?«
»Ja, einer der beiden Clowns sitzt bei Madeion, dir gerade gegenüber.«
Enttäuscht blickten die drei Geschwister einander an. »Das soll ein Clown sein?« rutschte es Dick heraus. »Ich meine nur, weil er kein bißchen lustig, eher langweilig aussieht«, fügte er rasch hinzu, um wieder etwas gutzumachen. Der langweilige Clown schien indessen nichts gehört zu haben, und Opa Tapper nahm es nicht krumm.
»Ja, das ist ein Mensch wie wir alle, vielleicht ein bißchen ernster.
Einen so traurigen Eindruck macht er immer, wenn er nicht in der Manege steht. Dafür bringt er euch zum Lachen, daß ihr euch die Seiten halten müßt, wenn er seinen Auftritt hat. Er ist der geborene komische August. Übrigens sind viele Clowns im Alltag ernst und unauffällig, genau wie er. Little John dagegen ist lebhafter und eigentlich fast immer ein Spaßvogel. Er sitzt jetzt auf der anderen Seite neben Madeion und zieht sie gerade am Haar. Das soll er lieber lassen, sonst handelt er sich eine Ohrfeige ein. Ständig muß er an ihr rummachen. Da, wer sagt’s denn. Na, die hat gesessen!«
»Huhuuh!« Laut heulend kam Little John zu den Kindern herüber.
Es klang sehr echt. »Sie hat mich gehauen«, jammerte er. »Und sie hat doch so hübsches Haar! Hu-u-uh!«
Die Kinder mußten hell auflachen. Schelm zeigte Little John sofort, daß er ihn mochte. Er kletterte ihm auf die Schulter und plapperte ihm äffische Trostworte ins Ohr. Auch Charlie verließ seinen Käfig, kam mit schwankendem Gang auf ihn zu und legte seine mächtige Pranke auf Little Johns Hand.
»Jetzt reicht’s, du Hanswurst!« riet Großvater Tapper. »Wenn du so weitermachst, kommen noch die Pferde, um dich zu bemitleiden!
Morgen bei der Vorstellung kannst du die Schau abziehen, und alles wiehert vor Vergnügen. Aber jetzt setz dich her und iß!«
Julian hatte noch etwas auf dem Herzen. »Auf den Plakaten steht was von einem Mr. Wu, dem Zahlengenie. Den haben wir bei der Probe vermißt. Warum war er nicht da?«
»Mr. Wu? Der probt nie«, antwortete Herr Tapper. »Der braucht die Manege nicht, um zu üben, er konzentriert sich, wenn er völlig allein ist. Ist überhaupt ‘n bißchen ‘n Eigenbrötler. Je nach Laune ißt er manchmal mit uns zu Abend, manchmal nicht. Da wir morgen hier unsere Eröffnungsvorstellung geben, ist es gut möglich, daß er heute auftaucht. Ganz unter uns, mir ist der Knabe ein bißchen unheimlich.
Einer, der nichts als Zahlen im Kopf hat…«
»Aber ein richtiger Zauberer ist er ja schließlich nicht, oder doch?« wollte Brummer wissen.
»Also, manchmal denk’ ich, er ist wirklich einer«, lautete Herrn Tappers seltsame Auskunft. »Jedenfalls gibt es im Bereich der Zahlen nichts, was er nicht wüßte. Und mit ihnen bringt er einfach alles fertig. Verlang von ihm, er soll eine beliebige Zahl mit einer anderen multiplizieren, er macht es im Handumdrehen, und wenn eine zwölfstellige Zahl daraus entsteht. Der Mann ist zu schad’ für ‘n Zirkus, wenn ihr mich fragt. Erfinder hätte der werden sollen, Wissenschaftler oder so was, das wäre das richtige für ihn. Weiß nich’, was da schiefgelaufen ist.«
»Mein Vater, der ist Erfinder«, verkündete Brummer stolz. »Wenn ich mich manchmal in sein Arbeitszimmer schleiche, dann liegen da immer massenhaft Seiten, vollgekritzelt mit Millionen von winzigen Zahlen, Formeln und Diagrammen.«
»So, so, Erfinder ist dein Vater«, meinte Herr Tapper. »Dein Vater und Mr. Wu würden sich dann bestimmt gut verstehen.
Wahrscheinlich würden sie den lieben langen Tag nur rechnen und Formeln aufstellen und über so etwas reden… Was hat denn das kleine Fräulein da Schönes?«
»Nur ein bißchen von dem kalten Abendessen, das wir mitgebracht haben«, antwortete Anne.
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