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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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mehr gehabt – war Philip mit Ackermanns Tochter zuerst ein Stückchen schweigend die Hauptstraße langgegangen, dann in die Scheffelstraße nach Süden eingebogen, und an deren Ende war ihm doch noch was eingefallen, das er zu ihr sagen konnte: »Wollen Sie noch was trinken, in der … im Bahnhofsrestaurant?«
    Eine halbe Stunde nach der Beisetzung saßen sie also an einer der ewig schmutzigen Tischdecken der »Sonnenblume« bei schalem Pils und dicklichem Orangensaft. Isabella bildete sich ein, schmecken zu können, wie viele Jahre die Flasche nicht geöffnet worden war. Dann unterhielten sich die beiden, zum ersten und letzten Mal, über das Wesentliche.
    »Ich komm’ mir jetzt doppelt so vor, als ob ich sie im Stich laß«, sagte Isabella leidend, ihr blasses Mondgesicht versteckte sie, wann immer es ging, mit gesenktem Kopf hinter schwarzglänzenden Locken; Spannkraft im Haar statt Blickkontakt. Das war natürlich gar nicht nötig, weder Hässlichkeit noch Dummheit, die sie an sich vermutete, gab es wirklich, und die Unterhaltung wurde dadurch auch nicht leichter, aber mehrfach dachte Philip merkwürdigerweise grausam: Ihre Probleme sind nicht meine. Das hier ist eine Formalität, sonst nix.
    Was sagen mußte er trotzdem, also sagte er: »Na ja, das … es ändert aber doch nix, das heißt, natürlich ändert es für den Treff viel, eigentlich alles, wenn sie nimmer da ist, aber wenn ich … falls ich jetzt … das übernehme, dann, also mir schulden Sie …«
    »Mir können uns duzen, oder?« wisperte die junge Frau in ihren Saft.
    Philip fuhr haspelnd fort: »Schulden … schuldest du ja keinen, keine Loyalität in dem Sinn jetzt, also ich mach mir, stell mir vielleicht ja auch ein neues Team zusammen, vielleicht braucht man eh mehr Leute, klingt jedenfalls so.«
    Isabellas vernuschelter Ausflug in etwas wie Dialekt – »mir« statt »wir« – war vorüber, selbst Scheu und Verdruckstheit überwand sie plötzlich, hob stattdessen den Kopf und sagte. »Du wirst keinen finden. Das Ding hat keine Zukunft.«
    Philip, weil er’s nicht besser wußte, ja, nicht einmal ahnte, wovon ­Isa­bel­la Ackermann eigentlich redete, sondern annahm, es ging um die anstrengende Arbeit mit den Aussortierten, die bösen Nachbarn und die bürokratischen Hindernisse, lächelte breit, gewinnend, zuversichtlich und bereits wieder ein bißchen betrunken – auf dem Weg zur Beerdigung hatte er einiges gekippt: »Na, dann nicht. Macht mir nix aus. Bin aus Stuttgart ganz andere Horden gewöhnt. Komm’ schon klar. Ziehen Sie weg … zieh ruhig weg, ins junge Glück, es gibt kein besseres Motiv als verliebten Eigennutz, um der christlichen Nächstenliebe mal eine Weile den Rücken zu kehren.«
    Isabella stutzte: »Das hat sie gesagt? Daß ich nicht mehr am Treff mitschaff’, weil ich heirat’…?«
    Philip setzte ein Schafslächeln auf und versicherte gütig: »Ich hab’ Verständnis, wirklich. Meine eigene Ehe ist futsch, aber es muß ja nicht bei allen schiefgehen.«
    Isabella sagte dazu gar nichts. Überhaupt hatte die Unterhaltung einen für Philip nicht erkennbaren Scheitelpunkt überschritten: Alles wurde unverbindlich; Isabella gab sich kurz angebunden.
    Und obwohl sie sich später Vorwürfe machte, weil sie in diesem Moment nichts berichtet hatte von den Drohanrufen, den Briefchen, dem Päckchen mit dem grausigen Geschenk drin, von der Angst und von der Strenge der alten, soeben begrabenen Frau, die immer nur wie ein in Ehren ergrauter Feldwebel »die Stellung halten« wollte, gab es doch auch gute Gründe dafür, all diese Dinge für sich zu behalten.
    Philip nämlich lud keinerlei Vertrauen ein, lehnte sich einfach ein bißchen zu schnapsatmig auf sie, schwafelte ein bißchen zu arrogant daher, tat ständig so, als wäre sie eins von den Kindern, die er in Stuttgart unterrichtet hatte.
    Den wahren Grund seiner Mitarbeiterlosigkeit kannte er also immer noch nicht, als er, leicht schaukelnd in der Hocke, an einem weiteren sonnigen, langen und lustigen Tag in Gesellschaft des Abschaums der Kleinstadt den bissigen Punk Andreas »Andy« Witter sagen hörte: »Also, paß auf, Phil.«
    Der Angeredete lächelte, denn jedesmal, wenn Andy ihn so nannte, war es wieder wie beim ersten Mal: eine Art Taufe, schlampig feierlich. »Ich sag’ dir, wie des läuft. Ich hab’ nämlich kein Konto, weil ich nit blöd bin. Ich bettle, und ich klaue, beides auch bei meinen Alten und sogar bei Fettes Alten, aber ich werd’ in diesem Leben

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