Garnet Lacey 04 - Biss in alle Ewigkeit
bitte.“
„Nein“, brüllte ich, während ich in aller Eile meine Stiefel anzog. Dann lief ich zur Küche, um zum Ausgang an der Vorderseite zu gelangen. „Du bist nicht vor mir sicher. Niemand ist vor mir sicher.“
Niemand benutzte jemals die Vordertür von Williams Apartment, und das Schloss ließ sich nur mit Mühe drehen, weil es im Lauf der Zeit eingerostet war. Aber die Brandschutzvorschriften machten einen zweiten Ausgang aus der Wohnung erforderlich, der in Wahrheit lediglich ins Nachbarapartment führte. Der Schlüssel hing an einer Schnur um den Türknauf.
Sebastian rief irgendwas, und dann hörte es sich so an, als käme er in die Wohnung, um mit mir zu reden.
Lass ihn doch reinkommen, sagte ich mir. Ich musste gehen. Jetzt sofort.
Nach einem kurzen Anklopfen drehte ich den Schlüssel ruckartig um, und die Tür ging auf. Ich stand im Schlafzimmer von Williams Nachbarn. Die Wände waren in Purpur gestrichen, ich sah ein paar Poster von Lynyrd Skynyrd. Auf dem Fußboden und auf dem zerwühlten Futon waren CDs und DVD-Hüllen verstreut. Ein dickes Chemielehrbuch lag auf dem billigen Schreibtisch. Von der Decke hing, an ein paar Fäden befestigt, ein Modell der Enterprise herab.
Ich kam mir wie ein Eindringling vor, also drückte ich leise die Tür hinter mir zu, schloss ab und steckte den Schlüssel ein.
Das Schlafzimmer war der einzige Raum auf dieser Etage, eine Treppe führte nach unten in den Rest der Wohnung. Ich blieb stehen und lauschte, ob von dort Geräusche zu mir drangen. Aber das Einzige, was ich hören konnte, waren Sebastians Rufe. Ich eilte die Treppe hinunter und jagte damit einem Schwarzen in einem gelben Frotteebademantel einen höllischen Schreck ein.
„Heilige Scheiße!“, rief der Typ.
„Sorry“, sagte ich und hob hastig die Hände, um ihm zu zeigen, dass ich ihm nichts tun wollte. „Ich bin durch die Tür an der Vorderseite reingekommen. Es tut mir leid, aber ich musste schnellstens verschwinden.“ Ich deutete nach oben in Richtung von Williams Wohnung. Das warme Summen dicht unter meiner Haut war für mich Warnung genug, dass der Schwarze vor Lilith auch nicht sicher sein würde. „Kann ich nur schnell durch die andere Tür raus?“
Von oben war Sebastians Stimme zu hören, die drängender und wütender zugleich klang.
Der Mann nickte, als hätte er irgendeinen Zusammenhang verstanden. „Schon klar. Gehen Sie einfach da lang, okay?“
Ich lächelte erleichtert und folgte der angegebenen Richtung.
„Ich will nur hoffen, dass diese Stiefel nicht zu nass sind. Der Vermieter hat gerade erst den Teppichboden reinigen lassen“, murmelte er, als ich zur Tür ging. Bei jedem Schritt stieg mir der Geruch von Industriereiniger in die Nase. Ich wusste, ich schleppte vermutlich Erde von unserem Besuch im Wald unter meinen Schuhen durch die Gegend.
„Sorry“, sagte ich. „Und vielen Dank.“
„Hmpf“, machte er. „Ich hoffe, ich kriege dafür ein bisschen gutes Karma zurück.“
Das hoffte ich auch für ihn.
Draußen wurden die Straßen von einem unheimlichen, dichten Nebel eingehüllt. In alle Richtungen konnte ich nur ein paar Häuser weit sehen, alles was dahinter lag, wurde vom Nebel geschluckt. Sebastian und William würden nicht lange brauchen, um zu erkennen, wie und wohin ich entwischt war, und ich wollte möglichst weit weg sein, bevor sie sich an die Verfolgung machten. Vielleicht verrauchte ja meine Wut, wenn ich zügig durch die Straßen ging. Und wenn Sebastian oder William mich dann doch noch einholten, waren sie möglicherweise nicht mehr in Gefahr ... zumindest nicht mehr so sehr.
Einige Blocks weit kochte ich vor Wut, ohne dass sich etwas besserte. Mein Blick war auf den Gehweg gerichtet, und ich murmelte unablässig vor mich hin. Bis zu diesem Abend hatte ich Sebastian alles Verständnis der Welt entgegengebracht. Mir war ja klar, dass Teréza und er eine gemeinsame Vergangenheit verband. Und ich ging ja auch davon aus, dass er für klare Verhältnisse zwischen ihnen beiden sorgen musste, damit jeder von ihnen wusste, wo er stand. Aber musste er sie deshalb unbedingt küssen? Und das gerade mal knappe zwei Wochen vor unserer Hochzeit?
Die Hochzeit! Angesichts der Absagen und der Verwechslungen drohte die ohnehin, sich in eine Hochzeitskatastrophe zu verwandeln. Ich hätte es schon als ein Zeichen deuten sollen, dass ich ohne großen Aufwand nicht mal den Antrag für die Eheerlaubnis hatte kriegen können. Vielleicht war es ja sogar das Beste,
Weitere Kostenlose Bücher