Gaunts Geister - Band 1-3
Ihm und seinem Gehabe haftete ein Anflug äußerster Müdigkeit an.
»Wie sieht unser Plan aus?
Warten wir auf das Ende des Bombardements und ziehen uns dann zurück?«
Gaunt schüttelte den Kopf. »Ich
glaube, wir sind so tief ins Feindesland vorgedrungen, dass wir einiges
ausrichten können. Wir werden die Rückkehr der Kundschafter abwarten.«
Die Aufklärungstrupps kehrten
im Laufe der nächsten halben Stunde zu ihrem Unterschlupf zurück. Die Späher,
ein paar Vitrianer, die meisten Tanither, setzten die Informationen ihrer
Erkundungsgänge zu einem Bild von diesem Gebiet in einem Umkreis von zwei
Kilometern für Gaunt und Zoren zusammen.
Was Gaunt am meisten
interessierte, war ein Gebäude im Westen.
Sie marschierten durch ein
ausgedehntes Areal voller Drainage-Rohre, durch vom Regen ausgewaschene
Betonunterführungen, fleckig von Öl und Staub. Der Korditnebel wehte ihnen
langsam entgegen. Im Westen erhob sich die Linie der Berge, im unmittelbaren
Norden die schattenhaften Klötze von Habitaten, immensen konischen Türmen für
die Arbeiterscharen, die aus dem Bodennebel ragten und denen die Druckwellen
der Granat-explosionen alle hunderttausend Fenster zerschmettert hatten. In
dieser Entfernung vom unmittelbaren Feindgebiet gab es weniger Trommelschuppen,
aber immer noch keine Spur von auch nur einem einzigen Lebewesen, nicht einmal
von Ungeziefer.
Sie passierten einige
explosionssichere Bunker von enormer Größe, alle leer bis auf ein paar
Hebebühnen und Palettenstapel aus grauem Hartplastik. Auf dem Platz vor den
Bunkern stand ein Fuhrpark ramponierter gelber Gabelstapler.
»Munitionsdepots«, sagte Zoren
zu Gaunt, während sie vorrückten. »Sie müssen einen riesigen Vorrat an Granaten
für dieses Bombardement angelegt haben, und diese Schuppen haben sie bereits
geleert.«
Gaunt hielt diese Vermutung für
zutreffend. Sie schlichen vorsichtig weiter, langsam und mit vorgehaltener
Waffe. Das von der Aufklärung gemeldete Gebäude lag jetzt vor ihnen, eine
Verladehalle aus Stahlrohren und genieteten Stahlplatten. Die Bucht war mit
Hydraulikkränen und Ladebäumen an der Oberfläche bestückt, mit denen Frachtgut
in Lagerräume unter der Erde herabgelassen werden konnte.
Die Soldaten stiegen eine
Metalltreppe zu einer erhobenen Plattform hinab, die sich neben einem breiten,
gut beleuchteten Tunnel befand, der in der gepressten Erde verschwand. Der
Tunnel bestand aus einzelnen Fertigteilen und hatte einen runden Querschnitt.
Durch den am tiefsten gelegenen Teil der Röhre zog sich eine erhöhte Schiene.
Feygor und Grell untersuchten den Tunnel und den dazugehörigen gepanzerten
Kontrollbunker.
»Magnetschwebebahn«, sagte
Feygor, der sich alle Mühe gegeben hatte, seine grundlegenden technischen
Kenntnisse mit Infor-mationen über die Apparaturen anderer Welten zu ergänzen.
»Noch aktiv. Sie karren die
Granaten von den Munitionsdepots hierher, lassen sie in die Bucht herunter und
laden sie dann auf Munitionszüge, die sie schnell zu den Geschützstellungen in
den Bergen bringen.«
Er zeigte Gaunt eine
Anzeigetafel im Kontrollbunker, auf der die flackernd grüne runische
Darstellung eines Schienennetzes zu sehen war. »Hier unten gibt es ein
komplettes Transportsystem, das sämtliche Fabriken und Hochöfen miteinander
verbindet, um einen schnellen Transport von Material zu ermöglichen.«
»Und dieses Gleis wird nicht
mehr benutzt, weil die Munitions-depots in diesem Gebiet leer sind.« Gaunt war
sehr nachdenklich. Er zückte seine Datentafel und fertigte eine grobe Skizze
des Schienennetzes für sich an.
Der Kommissar ordnete eine
zehnminütige Pause an, setzte sich dann auf den Rand des Bahnsteigs und
verglich seine Skizze mit den Karten der alten Fabrikkomplexe aus dem
taktischen Archiv der Tafel. Die Shriven hatten eine ganze Reihe von
Einzelheiten verändert, aber die grundlegenden Elemente waren immer noch
dieselben.
Oberst Zoren kam zu ihm.
»Sie knobeln irgendwas aus«,
begann er.
Gaunt deutete auf den Tunnel.
»Das ist ein Weg mitten hinein. Ein Weg zu den Geschützstellungen der Shriven.
Sie werden ihn nicht gesperrt haben, weil sie die Bahnlinien brauchen, damit
die Munitionszüge rollen und ihre Geschütze füttern können.«
»Aber eine Sache ist
merkwürdig, finden Sie nicht?« Zoren schob sein Helmvisier hoch.
»Merkwürdig?«
»Letzte Nacht hielt ich Ihre
Einschätzung der Shriven-Taktik für korrekt. Sie haben versucht, unsere Linien
mit einem Frontalangriff zu
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