Gebrauchsanweisung für Schwaben
Pforzheim. Erst einmal rettete sie Carl Benz vor dem wirtschaftlichen Ruin. 1871, noch vor ihrer Hochzeit mit dem späteren Erfinder des Personenkraftwagens, ließ sie sich von ihren Eltern die Mitgift auszahlen und investierte das Geld in die finanziell angeschlagene Eisengießerei, die ihr Verlobter in Mannheim mitgegründet hatte.
Dann, gut eineinhalb Jahrzehnte später, landete Berta Benz einen für die allgemeine Akzeptanz des Automobils ganz entscheidenden Coup: Im Sommer r888 unternahm sie, gemeinsam mit ihren beiden Söhnen – angeblich ohne Wissen ihres Gatten –, die weltweit erste Überlandfahrt in einem Vehikel, das von einem Verbrennungsmotor angetrieben wurde. Die spektakuläre Tour im dreirädrigen Patent-Motorwagen »Modell 3« führte von Mannheim über Heidelberg und Bruchsal nach Pforzheim und wieder zurück. Dabei legte Bertha Benz eine Wegstrecke von mehr als 200 Kilometern Länge zurück. Getankt wurde, in Ermangelung von Zapfsäulen, bei einem Apotheker in Wiesloch, der ihr drei Liter Ligroin – ein leichtes Petroleum-Benzin, das damals als Fleckenlöser Verwendung fand – in Flaschen verkaufte. Mit Haarnadel und Strumpfband erledigte sie unterwegs kleinere Reparaturen.
Schnell sprach sich dieses Ausflugsereignis herum. Berta Benz hatte eindrucksvoll bewiesen, daß die Erfindung ihres Mannes mehr als nur ein Spielzeug für technikbegeisterte Zeitgenossen war, sondern tatsächlich ein gebrauchstüchtiger Ersatz für die zu dieser Zeit üblichen Pferdekutschen. Das beweist: Hinter jedem berühmten Baden-Württemberger steht eine resolute Frau. »Tapfer und mutig hißte sie neue Segel der Hoffnung«, schrieb Carl Benz später über Berta in seinen Erinnerungen.
Die Namen der legendären Automobilpioniere aus Baden und Württemberg sind heute immer noch weltweit bekannt. Die von Gottlieb Daimler gegründete Daimler-Motoren Aktiengesellschaft fusionierte 1926 mit der von Carl Benz gegründeten Firma Benz & Cie. zur Daimler-Benz AG mit Sitz in Stuttgart. Nachdem das Unternehmen Ende der neunziger Jahre mit dem amerikanischen Automobilkonzern Chrysler zur DaimlerChrysler AG verschmolzen wurde, taucht Benz zwar nicht mehr im Firmennamen auf. Doch mit der Marke Mercedes-Benz wird die Erinnerung an ihn weiterhin lebendig gehalten. Und Maybach? An ihn erinnert die gleichnamige Luxusmarke unter dem Dach des Daimler-Chrysler-Konzerns.
Am 25. April 1931 gesellte sich ein vierter Name dem Dreigestirn der schwäbisch-badischen Automobilpioniere hinzu: Professor Ferdinand Porsche, ein gebürtiger Böhme, machte sich an diesem Tag mit einem unabhängigen Konstruktionsbüro in Stuttgart selbständig. Zuvor hatte er unter anderem als Technischer Direktor bei Austro-Daimler in Wien und als Chefkonstrukteur bei der Daimler-Motoren-Gesellschaft in Untertürkheim viele bahnbrechende technische Innovationen entwickelt und damit dem Fahrzeugbau entscheidende Impulse gegeben. Das Wissen des genialen Konstrukteurs war in der deutschen Automobilindustrie sehr gefragt. Im Auftrag von Herstellern wie Wanderer, Zündapp, Auto Union, NSU und natürlich auch Daimler-Benz entwickelte das Büro Motoren, Karosserien, Getriebe, Fahrwerke und komplette Fahrzeugkonzepte. Einige der damals entstandenen Konstruktionen – wie etwa die am 10. August 1931 zum Patent angemeldete Drehstabfederung – werden noch heute im internationalen Automobilbau verwendet.
Ein Wagen für das Volk
Am 22. Juni 1934 erhielt Porsche vom »Reichsverband der deutschen Automobilindustrie« schließlich den Auftrag, in seinem Stuttgarter Ingenieurbüro einen robusten, familientauglichen und zugleich preiswerten Kleinwagen zu konstruieren – heraus kam der Volkswagen, später »Käfer« genannt. Zwei Jahre später wurde ihm auch die Planung des künftigen Volkswagenwerks in Wolfsburg übertragen. Doch dann brach der Zweite Weltkrieg aus, und die Pläne wurden zunächst einmal auf Eis gelegt.
Unmittelbar nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reichs nahm das französische Militär Ferdinand Porsche in Untersuchungshaft. Obwohl nie formell Anklage gegen ihn erhoben wurde, blieb er bis August 1948 inhaftiert. Unterdessen liefen die Geschäfte seiner während des Krieges nach Gmünd in Kärnten verlegten Firma weiter. Ferry Porsche, der Sohn des Professors, entwickelte gemeinsam mit den im Büro verbliebenen Ingenieuren und Technikern einen Mittelmotor-Roadster, der im Juni 1948 von den österreichischen Behörden offiziell zugelassen wurde – den ersten
Weitere Kostenlose Bücher