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Gebrochen

Gebrochen

Titel: Gebrochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeany Lena
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ich die Beherrschung verlor.
    „Leon“, mahnte ich ihn sanft. Sofort löste er den Blick von mir und trat einen Schritt zurück.
    „Tut mir leid“, murmelte er.
    „War ok“, beruhigte ich ihn. Ich war hauptsächlich erleichtert, dass er seine Meinung nicht doch noch geändert hatte und nun bei mir bleiben wollte.
    Trotzdem war ich noch immer böse auf Hannes.

    ***

    Die nächsten Tage wurde Leon ein wenig mutiger, was seine Berührungen betraf. Waren es zuvor, wie Zufälle gewesen, schien es jetzt bewusster. Es war nicht mehr nur ein flüchtiges über meinen Arm streifen, sondern er legte erst die Hand darauf und strich dann langsam, fast ehrfürchtig darüber. Oder wenn wir nebeneinander auf dem Sofa saßen, legte er die Hand auf meinen Schenkel und strich darüber. Und seine Blicke, die waren auch intensiver. Jedes Mal musste ich mich beherrschen, ihn nicht zu küssen, wenn er mir so lange, aus solcher Nähe in die Augen sah. Ich sagte nichts mehr. Mahnte ihn nicht mehr, denn ich wollte auf keinen Fall, dass er diese Entwicklung abbrach. Sehnsüchtig wartete ich darauf, dass ich ihn anfassen durfte. Doch das, so vermutete ich, würde noch eine Ewigkeit dauern.
    Schließlich war es schon fast jedes Mal, wenn wir uns anblickten, dass er mich so intensiv ansah.
    „Warum siehst du mich immer so an?“, wollte ich wissen, als ich wieder von der Arbeit nach Hause kam und er zu mir gekommen war. Er lächelte, erinnerte sich zweifellos in dem Moment daran, dass er mich das auch schon einmal gefragt hatte.
    „Da krieg ich dann immer so ein Kribbeln im Bauch. Das ist … angenehm“, erklärte er leise. Fasziniert blickte ich zurück. Dass er nur davon Schmetterlinge im Bauch bekam, war schon mal ein gutes Zeichen.
    „Das geht noch besser“, sagte ich vorsichtig.
    „Ja?“, fragte er, ohne irgendwelche Anzeichen von Unwohlsein. Ich konnte nur nicken, denn die Erwartung, ihn vielleicht doch schon anfassen zu dürfen, schnürte mir die Kehle zu. Er rührte sich nicht, blickte mir nur weiter so in die Augen. Ich musste ihn warnen, schoss mir in den Kopf, als sich meine Hand schon hob.
    „Ich tu dir nichts“, brachte ich flüsternd heraus. Er nickte kaum merklich. Ich legte meine Fingerspitzen an seine Lippen und strich sanft darüber. Dann nahm ich meine Hand langsam zurück.
    „Wow“, hauchte er.
    „Willst du noch mehr davon?“, wagte ich mich vor. Er nickte. Etwas zaghaft, doch er stimmte zu. War das wirklich so eine gute Idee? War ich nicht zu vorschnell?
    Doch dann beschloss ich, es zu versuchen. Langsam, ihn genau beobachtend, näherte ich mich mit meinem Kopf dem seinen. Er blieb reglos und entspannt. Fesselte mich noch immer mit seinem Blick, der jetzt etwas Erwartungsvolles ausstrahlte. Vorsichtig legte ich meine Lippen auf seine, wartete einen Moment ab. Er regte sich immer noch nicht. Unendlich vorsichtig küsste ich ihn. Leon schloss die Augen, ließ es geschehen. Bald schon zog ich mich zurück, denn ich war mir nicht ganz sicher, wie er es fand. Wenn ich nicht in seine Augen sah, konnte ich es nicht abschätzen. Er verharrte mit geschlossenen Augen, dann leckte er sich über die Lippen. Als er die Augen wieder öffnete, sagte er: „Das hat ja mit Kribbeln nichts mehr zu tun.“
    Ich wich einen Schritt zurück und murmelte: „Tut mir leid.“
    War wohl doch keine so gute Idee gewesen.
    „War ok“, sagte er. Ich hob den Blick wieder, blickte in sein Lächeln. Erleichtert lächelte ich zurück. Dann war das positiv gemeint gewesen! Ich wandte mich ab, damit ich ihm nicht noch mehr zeigte. Die Versuchung war größer denn je.
    Tatsächlich war er es, der mehr wollte. Ich saß auf dem Sofa, mit einem glücklichen, dämlichen Grinsen im Gesicht und versuchte, in meinem Buch zu lesen. Da kam Leon, kniete neben mir auf das Sofa und nahm mir das Buch weg. Wieder sah er mich so intensiv an, dass mir ganz anders wurde. Und dann war er es, der den Kopf senkte und seine Lippen auf meine legte. Als ich mich nicht rührte, bewegte er seine Lippen vorsichtig und nun erwiderte ich den Kuss. Er schien gar nicht genug davon bekommen zu können, denn es erschien mir, wie eine wunderbare Ewigkeit, bis er sich wieder von mir löste.
    „Das ist schön“, murmelte er erstaunt. Ich nickte lächelnd.
    „Ich bin noch nie geküsst worden“, fuhr er fort. Das wiederum überraschte mich jetzt doch. Leon blickte starr vor sich hin und sprach weiter, ohne innegehalten zu haben: „Das Gesicht war immer aus dem Spiel.

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