Gefährliche Flucht - zärtliche Eroberung
Gesicht sich dabei veränderte. Es war, als habe sie es mit zwei verschiedenen Männern zu tun, der eine kalt und unnahbar, der andere warmherzig und liebenswert.
„Ich liebe Schatzsuchen!“
Dort, wo der Wind deinen Mantel bläht, findest du mich: einen Hahn, der nicht kräht.
Lucien hob eine Augenbraue und sah Madeline fragend an. Die Art, wie sie seinen Blick erwiderte, dämpfte seine Hoffnung auf Hilfe.
„Du würdest mir nicht noch einen zusätzlichen Hinweis geben?“, fragte er dennoch.
„Ganz gewiss nicht“, versetzte Madeline schlagfertig. „Mrs. Babcock hat mich vor deiner Denkfaulheit gewarnt. Du wirst die Lösungen ohne meine Hilfe finden müssen.“
Lucien lächelte.
Sie standen in dem Teil des Gartens, der sich hinter dem Haus erstreckte, Max drängte sich hechelnd zwischen sie. Lucien ließ seinen Blick schweifen, bis er an einem Gemäuer hängen blieb, das auf einer luftigen Anhöhe in der Ferne zu sehen war. „Lass uns einen Spaziergang zu dem alten Sommerhaus machen“, sagte er und bot Madeline den Arm. Die kupferne Wetterfahne auf dem Giebel des kleinen Gebäudes leuchtete grün im Sonnenlicht. Sie hatte die Form eines Hahns.
Keiner lebt in diesem Haus unter der Erde, doch jeder hofft, dass er da raus auferstehen werde.
Lucien musste nicht allzu lange überlegen, um die Lösung zu finden, aber er genoss die diebische Freude, die er im Gesicht seiner Gattin entdeckte, und ließ sich Zeit. So entspannt und glücklich hatte er Madeline nicht mehr erlebt, seit … Er schob den Gedanken beiseite. „Unter der Erde …“, sagte er vor sich hin, als müsse er den Hinweis gründlich überdenken.
Madeline lachte begeistert und klatschte in die Hände.
Er fixierte sie mit einem Blick. „Ich weiß, was es ist, und ich hoffe, du trägst strapazierfähiges Schuhwerk. Das Mausoleum von Trethevyn liegt nämlich hinter der ausgedehnten Waldung dort drüben.“
Übermütig hob Madeline ihre Röcke gerade so weit an, dass ihre hübschen Stiefeletten zu sehen waren. „Ich glaube, meine Hinweise sind viel zu einfach für dich“, sagte sie schmollend.
„Ganz im Gegenteil“, murmelte er und wandte den Blick von ihren wohlgeformten Fesseln ab.
Das Zehnte und Letzte hast du gefunden, wo Liebe und Friede mitei nander verbunden. An einem goldenen und roten Ort steht es da als ein einfaches Wort.
Lucien zog die Brauen zusammen. Für einen kurzen Moment wirkte er wieder angespannt.
„Habe ich dich etwa doch noch bezwungen?“, fragte Madeline sanft.
Ihre Blicke trafen sich, verfingen sich ineinander.
„Es scheint so“, erwiderte Lucien langsam, aber es war nicht die Schatzsuche, auf die er sich bezog. Ohne Madeline aus den Augen zu lassen, trat er auf sie zu.
Ein Kratzen von Hundekrallen auf Holz war zu vernehmen, dann ertönte ein fragendes Bellen.
„Max!“ Madeline lachte auf und wandte sich um. Sie ging zur Tür des Weinkellers, in dem sie den zehnten und letzten Hinweis versteckt hatte, und öffnete sie. „Er hat Angst, etwas zu verpassen.“
Lucien beobachtete, wie seine Frau sich bückte und den Hund tätschelte. Um ein Haar hätte er das, sagte eine Stimme in seinem Kopf.
„Ich gebe dir einen zusätzlichen Hinweis.“ Madeline richtete sich auf und lächelte ihn an. „Such im Garten.“
Lucien nahm die Kerze und folgte seiner Gattin die schmale Stiege hinauf ins Tageslicht.
Heller Sonnenschein empfing sie im Freien. Madeline atmete die kühle Frühlingsluft ein und genoss es, an Luciens Arm über die Kieswege zu wandern. Bei einer bemoosten Steinbank hielten sie an und setzten sich.
„Liebe und Frieden …“, sagte Lucien und lachte leise.
Madeline sah auf und folgte dem Blick ihres Gatten. Er hatte den steinernen Amor mit der Taube auf seinem Bogen, auf den sich ihr letzter Reimvers bezog, entdeckt.
„An einem goldenen und roten Ort“, wiederholte Lucien die Worte ihres Hinweises, stand auf und zog sie auf die Füße. Gemeinsam gingen sie zu dem Beet vor der Amor-Statue, in dem Madeline gelbe und rote Tulpen in Form von Buchstaben gepflanzt hatte, die seinen Namen ergaben: LUCIEN.
Er schüttelte den Kopf, als könne er nicht glauben, was er sah, und bückte sich. Zwischen den Tulpen, die das U formten, lag ein Holzkästchen. Lucien hob es auf.
Er öffnete den Deckel und nahm den in einen Seidenschal eingeschlagenen Inhalt heraus. Behutsam entfernte er das zarte Gewebe. Das gestickte Bildnis eines kleinen Jungen in einem schlichten Holzrahmen kam zum
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