Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)
Frau schiebt ihr Baby in einem Kinderwagen über den Bürgersteig. Sie geht langsam, bleibt immer wieder stehen, um einen Blick in die Schaufenster hinter dem Mann zu werfen, der nickt, als sieschließlich an ihm vorbeischlendert. Es ist eine kleine Stadt. Wahrscheinlich kennen die beiden sich. Ich bin einfach nur paranoid. Ich sehe mich in dem Café um, lasse meinen Blick über all die Leute schweifen, die vor den Computern hocken. Studenten und Paare mittleren Alters, Amerikaner, Mexikaner, Europäer. Jeder von ihnen kommt mir verdächtig vor, als sei er Teil eines ausgeklügelten Plans.
Ich bin eine Idiotin! Ich muss auf der Hut bleiben, damit ich das alles durchstehe, mir wird schlagartig klar, dass ich gerade einen Riesenfehler gemacht habe. Jonathon ist in meinem Postfach gewesen. Ich habe keine Ahnung wie oft, aber die Chancen stehen nicht schlecht, dass er das Passwort sieht, das ich für meine Bankkonten eingerichtet habe. Er wird erkennen, dass ich nicht aufgebe. Falls er versucht, mir die Unterschlagungen in die Schuhe zu schieben, und das FBI mich wirklich sucht, können sie dann diesen Computer in Mismaloya ausfindig machen, von dem aus ich mich angemeldet habe?
Ich atme einmal tief durch und eröffne hastig ein neues E-Mail-Postfach bei einem anderen Provider. Ich schicke Jane eine Nachricht, in der ich sie bitte, meine anderen Mails zu ignorieren und Antworten nur an diese neue Adresse zu schicken. Ich würde es ihr später erklären. Was die Bank angeht, kann ich nicht viel tun, außer zu hoffen, dass ich die Bestätigung per E-Mail abfangen kann, bevor Jonathon es tut.
Dann schreibe ich eine Mail an Oliver.
Liebling, bitte hab Geduld mit mir. Die Dinge sind nicht so, wie sie scheinen. Ich bin nicht in einer Wellness-Oase, aber vorläufig an einem sicheren Ort. Ich muss wissen, dass du auch in Sicherheitbist. Dein Vater ist in Dinge verwickelt, die sehr schwierig sind. Wahrscheinlich sogar gefährlich, und ich fürchte, er könnte sich zu Verzweiflungstaten hinreißen lassen, um sie durchzuziehen. Mehr möchte ich im Moment nicht sagen, du musst mir bitte einfach vertrauen. Ich möchte, dass du für ein paar Tage irgendwo anders hingehst, bis ich zurückkommen kann. Fällt dir irgendetwas ein, wo er nicht nach dir suchen würde?
Ich halte einen Moment inne und zermartere mir das Hirn. Wo um Himmels willen könnte er hingehen? Ich lese noch einmal, was ich geschrieben habe. Es klingt wie das Geplapper einer Wahn sinnigen. Er glaubt doch ohnehin schon, dass ich in einem Wellness-Hotel bin, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
Ich lösche alles und fange noch einmal von vorn an.
Oliver, schicke mir sofort eine E-Mail, aber nur an diese Adresse. Ich liebe dich mehr, als du dir jemals wirst vorstellen können.
Ich klicke auf »Senden« und hoffe, die Mail ist so gefühlsbetont, dass Oliver sie für sich behalten will. Ich kaue an den Nägeln, weil ich nicht weiß, was ich als Nächstes tun soll.
Mir wird klar, wie absurd es ist, dass ich nicht mal Benicios Nachnamen kenne. In eine Suchmaschine tippe ich:
Benicio Komiker Los Angeles
. Doch nichts, was erscheint, passt. Ich versuche es mit
In Begleitung von Harolds Tochter Ensemblemitglied
. Mehrere Seiten mit Ergebnissen erscheinen. Nirgends taucht der Name Benicio auf. Er hat gesagt, es sei eine kleine Rolle. So klein, dass er nicht mal genannt wird?
Jemand schiebt einen Stuhl über den gefliesten Boden und das Quietschen lässt mich erschrocken aufschreien. Alle drehen sich um.
Ich lege meine Hände wie Scheuklappen an mein Gesicht und wende mich wieder dem Computer zu.
Eine Uhr in einer Ecke des Bildschirms zeigt mir, dass mir noch zehn Minuten bleiben, bevor ich erneut zahlen muss. Noch einmal sehe ich in meinem alten Postfach nach, ob die Bank schon eine Bestätigung geschickt hat, aber da ist nichts.
Dann sehe ich unter meiner neuen Adresse nach. Eine Nachricht im Postfach. Sie ist von Oliver.
Netter Versuch, Cee,
steht da.
Unwillkürlich schlage ich die Hand vor den Mund. Er hat auch Olivers E-Mail-Konto geknackt. Ich lehne mich in meinem Stuhl zurück und habe das Gefühl, als hätte man mir gerade ins Herz geschossen. Ich habe bereits einen Mann getötet und weiß in dieser Sekunde, wie leicht es mir fallen würde, auch noch einen anderen umzubringen. Ich greife nach meinen Sachen und renne aus der Tür.
23
Ich verriegle die Tür des Hotelzimmers hinter mir und verbringe die nächste halbe Stunde mit meinem Reisepass in den
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