Gefaehrliche Sehnsucht
das Sofa und landete direkt vor ihnen. Sie standen jetzt mit dem Rücken zur Wand neben dem Fernseher. »Der einzige wirkliche Fehler, den ich je gemacht habe, war, dass ich in diese verfluchte Stadt zurückgekehrt bin, Shane. Und dich hierher zuriickgeschickt habe, um zu helfen. Wenn wir weiter weggelaufen wären, wären wir zwar immer noch auf der Flucht, aber wenigstens wären wir zusammen.«
»Auf der Flucht. Flucht wovor?«
»Ach, komm schon, mein Sohn. Glaubst du wirklich, sie hätten uns einfach so gehen lassen? Man hat uns geholfen, hier rauszukommen, aber wenn sie uns geschnappt hätten, hätten sie uns zurückgebracht oder uns getötet. Genau wie sie deine Mutter getötet haben.«
Shane stöhnte auf, als hätte sein Vater ihn geschlagen. Claire legte ihm die Hand auf die Schulter und funkelte Frank an. »Hören Sie auf«, sagte sie.
»Du hast damit angefangen«, sagte Frank. »Du hast ihm einen Teil der Wahrheit erzählt, nicht wahr? Von Alyssa? Nun, er muss alles erfahren. Er muss erfahren, dass seine Mutter drogenabhängig wurde, um den Schmerz zu vergessen. Er muss wissen, dass wir durch den ganzen Bundesstaat gejagt wurden, von einem verratzten Motel zum nächsten. Er muss wissen, dass diese Mistkerle ihr die Pulsadern aufgeschnitten und sie in die Badewanne gelegt haben, damit es wie Selbstmord aussah...«
»Hören Sie auf!«, schrie Claire und stellte sich vor Shane, als könnte sie ihn damit vor Franks Worten beschützen, so wie Shane sie vor Faustschlägen beschützte.
»Und dass er sie in der Badewanne gefunden hat«, schloss Frank leise. »Tot. Ich dachte damals, ich hätte dich auch verloren, mein Sohn. Du hast tagelang nicht gesprochen, nicht geschlafen, nicht gegessen. Aber dann hast du mir gesagt, dass du hierher nach Morganville zurückkehren willst. Weil sie dafür bezahlen sollten.«
Shane war jetzt ebenso bleich wie sein Vampirvater und seine Augen waren riesig, dunkel und leer. Claire drehte sich zu ihm um und legte ihm die Hände auf die Wangen, weil sie wollte, dass er sie ansah. Doch das tat er nicht. Er konnte seinen Blick nicht von Frank abwenden. »Shane, Shane, hör mir zu, er versucht, dir wehzutun. Er versucht immer , dir wehzutun ...«
»Nicht immer«, sagte Frank. »Jemand muss dem Jungen schließlich sagen, was er wissen muss, auch wenn es wehtut. Er muss wissen, was seiner Mom zugestoßen ist. Du wolltest es ihm nicht sagen, oder?«
»Es gab keinen Grund dafür! Ihnen gefällt es einfach, ihn leider zu sehen«, fuhr Claire ihn an. »Sie sind ein gemeiner, niederträchtiger, fieser ...«
»Ich liebe meinen Sohn«, sagte Frank. »Aber er musste in diesen drei Jahren nach Alyssas Tod erwachsen werden. Und jetzt muss er das noch einmal, nur schneller. Das lässt sich nicht beschönigen, Claire.«
Shane legte die Hände auf Claires Schultern und schob sie aus dem Weg - es war die erste sanfte Berührung, seit sie heute Morgen aufgewacht waren, bemerkte Claire. »Ich bin jetzt also, was, achtzehn? Nicht fünfzehn?«
»Fast neunzehn«, sagte sein Dad.
»Gut«, sagte Shane und schlug ihm ins Gesicht.
Das heißt, er versuchte es. Frank fing Shanes Faust ab, kurz bevor sie traf. Er schlug nicht zurück, stieß ihn nicht weg und zerquetschte ihm auch nicht die Hand, auch wenn er das gekonnt hätte. Er hielt sie einfach fest, obwohl Shane versuchte, sie zurückzuziehen. »Mein Sohn«, sagte er, »ich war ein schlechter Vater und in allem anderen war ich auch schlecht. Du warst derjenige, der für deine Mutter und für Alyssa gesorgt hat. Seit du acht Jahre alt warst, hast du die Aufgabe übernommen, die eigentlich ich als Mann im Haus hätte erledigen sollen. Und das tut mir leid.«
Er zog Shane an sich und umarmte ihn. Shane machte sich so steif wie eine Rolle Draht, aber gleich darauf entspannte er sich ein wenig und wich zurück. Frank ließ ihn los.«
»Und jetzt willst du das also wiedergutmachen«, sagte Shane. »Aber das kannst du nicht. Ich habe dir noch nie getraut. Und einem Blutsauger traue ich erst recht nicht, verdammt.«
»Aber jetzt braucht ihr beiden einen Blutsauger«, sagte Frank. »Zumindest hat die Kleine das gesagt. Nicht wahr, Claire?«
Es passte ihr überhaupt nicht, dass sie Frank Collins zustimmen musste, aber sie nickte. »Sie sind noch nicht betroffen von dem Gedächtnisschwund.«
»Es gibt noch ein paar, die nicht betroffen sind«, sagte Frank. Ich weiß nicht, warum. Vielleicht sind unsere Gehirne einfach anders verdrahtet, vielleicht ist
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