Gefaehrliche Sehnsucht
viel Aufhebens um Tassen und Untertassen und brachte ihnen Kaffee (Shane hielt mit hochgezogenen Augenbrauen die Untertasse hoch, als hätte er noch nie eine gesehen).
»Mom? Wie geht es Dad?«
Ihre Mutter schenkte Kaffee ein, ohne ihr in die Augen zu schauen. »Es geht ihm gut, Kind. Ich wünschte, du würdest uns öfter besuchen kommen.«
»Ich weiß. Tut mir leid. Es war... irgendwie stressig die letzten paar Tage.«
Ihre Mutter richtete sich auf und runzelte die Stirn. »Stimmt etwas nicht?«
»Nein.« Claire nippte an ihrem Kaffee, der noch zu heiß war; ihre Mom machte ihn nie stark genug. Er schmeckte wie Milch mit Kaffeegeschmack. »Ist schon wieder in Ordnung. Ein bisschen Ärger in der Stadt, das war alles.«
»Claire hat einen Vampir umgebracht«, sagte Shane. »Sie musste es tun, aber es hätte schlimm für sie ausgehen können wegen Amelie. Als Strafe musste sie für die Vamps einen Job erledigen, der sie fast umgebracht hätte.«
Sie konnte es nicht fassen, dass er damit einfach so herausgeplatzt war. Shane sah sie mit einem stummen Was ist? an. Als könne er nicht glauben, dass sie das alles nicht selbst gesagt hatte.
Ihre Mutter stand mit offenem Mund da, in der Hand die dampfende Kaffeekanne.
»So schlimm ist es auch wieder nicht«, sagte Claire hastig. »Echt. Ich habe nur ein paar Leuten geholfen, die in Schwierigkeiten steckten, unter anderem Eve. Es hat sich dann nur herausgestellt... na ja, letztendlich ist alles gut gegangen.«
Die. Schlechteste. Rede. Aller. Zeiten. Und es schien ihre Mutter nicht im Mindesten zu beruhigen.
»Mrs Danvers«, sagte Shane und hielt ihr seine Kaffeetasse hin, damit sie ihm nachschenkte. Das tat er mit einem Lächeln, was er sich vermutlich von Michael abgeschaut hatte, dachte Claire; sogar ihre Mutter schien dabei etwas aufzutauen. »Es ist so, dass Claire etwas unglaublich Tapferes und wahrscheinlich etwas ungeheuer Wichtiges getan hat, deshalb sollten Sie stolz auf sie sein.«
»Ich bin immer stolz auf Claire.« Und das stimmte, dachte Claire; ihre Mutter war immer stolz auf sie. Außer natürlich was Shane betraf. »Aber es klingt sehr gefährlich.«
»Shane war bei mir«, sagte Claire, bevor er noch einmal den Mund aufmachte. »Wir passen aufeinander auf.«
»Da bin ich mir sicher. Ach, ich geh mal nachschauen, wo dein Vater bleibt. Ich verstehe gar nicht, dass er noch nicht heruntergekommen ist. Ich weiß, dass er wach ist.«
Ihre Mutter stellte die Kanne zurück auf die Kaffeemaschine und ging aus der Küche in Richtung Treppe. Shane beugte sich zu Claire herüber und sagte: »Hast du auch ein Dejä-Voodoo, weil die Häuser so ähnlich sind?«
»Es heißt Dejä-vu und ich hasse dich gerade.«
»Weil ich dich bei deiner Mom verpetzt habe? Warte erst mal, bis du hörst, was ich zu deinem Vater sage.« An dem schmierigen Grinsen auf seinem Gesicht konnte sie erkennen, woran er dachte.
»Tu das ja nicht.«
»Ich könnte ihm von damals erzählen, als wir...«
»Verdammt, nein.«
Sie flüsterten und waren kurz davor, loszukichern, als ein Schrei die Stille des Hauses zerriss, wie das Geräusch von zerspringendem Glas. Claire ließ ihre Tasse fallen und sprang auf. Sie rannte zur Treppe. Shane holte sie auf der Treppe schnell ein, weil er drei Stufen auf einmal nahm.
Claires Mom war nirgends zu sehen, aber die Tür zu Dads Büro - im Glass House war das Shanes Zimmer - stand offen. Claire stürzte darauf zu und kam schlitternd im Türrahmen zum Stehen.
Ihre Mutter kniete am Boden.
Ihr Dad lag auf dem Teppich und sah klein, schwach und verletzlich aus. Claire wurde von blankem Entsetzen gepackt. Die Knie wurden ihr weich und sie spürte, wie sich Shanes Hände um ihre Schultern legten.
»Mom?«, fragte sie mit leiser, bebender Stimme. Dann schluckte sie, riss sich zusammen und ging schnell die letzten Schritte, um sich neben ihren Eltern zu Boden sinken zu lassen.
Ihre Mutter hatte eine Hand auf den Hals ihres Dad gedrückt, um nach dem Puls zu tasten, aber ihre Hände zitterten so heftig, dass sie ihn kaum finden würde. Kläglich blickte Claire zu Shane auf. Der nickte und ließ sich neben ihrer Mom auf ein Knie sinken. »Lassen Sie mich das machen«, sagte er und schob die Hand ihrer Mutter behutsam weg, um mit seinen ruhigeren Fingern selbst nach dem Puls zu suchen. Es dauerte ewig, aber schließlich nickte er. »Ist in Ordnung. Er atmet. Ich glaube, er ist nur ohnmächtig geworden.«
Claires Mutter weinte, aber das merkte sie
Weitere Kostenlose Bücher