Gefaehrliches Verlangen
sagen, wie sehr ich ihn liebe und dass er mir fehlt. Und dass ich es kaum erwarten kann, ihn endlich wieder zu spüren. Dass ich es nicht ertrage, von ihm getrennt zu sein. Aber seine plötzliche Kühle und Verärgerung machen mir Angst, deshalb frage ich nur: »Wann sehe ich dich wieder?«
»Bald. Das verspreche ich.«
Und dann ist die Leitung tot.
»Jetzt kannst du mir das Telefon ja geben.« Leo steht auf. »Wir hatten eine Vereinbarung, schon vergessen?«
Widerstrebend gebe ich es ihm. »Na gut.«
»Ich werde es irgendwo hinlegen, wo du nicht herankommst, damit du dich einzig und allein auf mich konzentrierst.«
❧ 13
L eo und ich verbringen den Tag mit Proben, trinken Kaffee und heiße Schokolade, bestellen uns Schinkensandwiches und Rührkuchen aus einem Deli in Soho und plaudern über Gott und die Welt.
Gegen Abend fahren wir nach Chinatown und essen mit Entenfleisch gefüllte Pfannkuchen, Eierreis und Rindfleisch mit schwarzer Bohnensauce.
Zwar postieren sich zwei Wachleute währenddessen vor dem Restauranteingang, trotzdem amüsieren wir uns prächtig.
Leo erzählt mir von seinem Aufstieg vom Niemand zum gefragten Filmstar und den diversen Jobs, mit denen er sich auf dem Weg an die Spitze über Wasser halten musste – als Surfboard-Verkäufer und Smoothie-Mixer –, von seiner Mutter, die als Künstlerin arbeitet, und seinem Vater, der sogar mal Bürgermeister seiner Heimatstadt war.
Dann erzähle ich ihm von meiner Familie und dem frühen Tod meiner Mutter.
Noch einmal kommt zur Sprache, weshalb ich wohl neuerdings so streng bewacht werde, und einen kurzen Moment bin ich versucht, ihm von Giles Getty und der Entführung zu erzählen, kann mich am Ende aber doch nicht dazu durchringen. Ich bin einfach noch nicht so weit.
Auch Jen weiß nichts Konkretes. Nach dem Vorfall habe ich sie angerufen und nur gesagt, dass im Theater etwas Schlimmes passiert und ich möglicherweise zu durcheinander sei, um der Premiere gewachsen zu sein, aber sie kennt mich gut genug, um zu wissen, dass ich irgendwann von allein damit herausrücken werde.
Allerdings hat sie mitbekommen, dass Marc darauf besteht, sich um mich zu kümmern und mich in seinem Stadthaus unterzubringen. Ich habe ihr von all den Ärzten und Therapeuten erzählt, die Marc engagiert hat, und solange sie sicher sein kann, dass ich in guten Händen bin, gibt sie sich damit zufrieden.
Leo und ich haben nicht allzu intensiv geprobt, um uns für die bevorstehende Vorstellung zu schonen. Als es Zeit ist, uns fertig zu machen, sind wir gut vorbereitet und voller Tatendrang. Das Publikum spricht sehr gut auf unsere Darbietung an, und es gelingt uns, die meisten Kleinigkeiten zu verbessern, die uns bei der Premiere nicht gefallen haben.
Wie immer vergeht die Zeit auf der Bühne wie im Flug, und ehe ich mich versehe, verbeugen Leo und ich uns ein letztes Mal, ehe der Vorhang fällt.
Ich hatte gehofft, Marc würde am Bühnenrand auf mich warten, doch stattdessen sehe ich zu meiner Verblüffung lediglich Keith dort stehen.
»Keith, wie kommen Sie denn hierher?«, frage ich und hebe den langen Rock meines Kostüms ein Stück an.
»Ich sollte Sie doch abholen und zu Ihrem Vater bringen.«
»Ist Marc denn nicht hier?«
»Nein. Tut mir leid. Ich weiß, dass ich kein würdiger Ersatz für ihn bin.«
»Trotzdem danke, dass Sie gekommen sind. Ich freue mich auch über Sie.«
Leo tritt neben mich. »Wo ist denn Prinz Charming?«
»Eigentlich dachte ich, er käme her, aber bestimmt hat er seine Gründe.«
»Wärst du meine Freundin, würde ich jeden Abend am Bühnenrand auf dich warten.«
Ich hebe eine Braue. »Das bezweifle ich. Mir kommst du eher wie jemand vor, der am Anfang mit einem Riesenblumenstrauß auftaucht, aber recht schnell gelangweilt ist und stattdessen eine der Tänzerinnen aufreißt.«
Leo lacht. »Wie gemein von dir.«
»Kriege ich jetzt mein Telefon zurück?«
Leo verdreht die Augen. »Klar. Es liegt in meiner Garderobe. Ich hole es dir.«
❧ 14
E s sind weder Anrufe in Abwesenheit noch SMS eingegangen, was den Verdacht aufkommen lässt, dass es sich um mehr als nur ein kleines Sicherheitsproblem handelt. Marc würde mich doch von Zeit zu Zeit anrufen, wenn auch nur, um sicherzugehen, dass es mir gut geht.
Während der gesamten Fahrt zum Cottage halte ich das Telefon in der Hand, aber es bleibt stumm. Je näher wir meinem Dorf kommen, umso schlechter wird der Empfang, bis er sich zwischen einem Balken und kompletter
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