Gefahrliches Vermachtnis
macht? Er ist wütend – egal, ob er getrunken hat oder nicht.Er versucht gerade, die Stadt zu regieren. Sie tolerieren ihn nur des Geldes wegen.“
„Und Ti’Boo?“
„Sie hält Lafourche zusammen, solange ihre Söhne fort sind.“
Hugh bemerkte, dass ihm die Fragen ausgingen. Er wartete auf eine Frage nach Nicky. Aurore hatte ihre Bedenken vielleicht mit Ferris geteilt.
„Also, was hast du denn all die Jahre gemacht?“, fragte Ferris. „In der Kloake herumgewatet?“
„Nah dran.“
„Und du hast nie mehr daran gedacht, nach Hause zurückzukehren und noch mal zu versuchen, Priester zu werden?“
Hugh senkte den Blick. „Es kam etwas dazwischen.“
Ferris stellte sein Glas ab. „Sag bloß, du hast eine Frau gefunden?“
„Hast du mit Mamere über mich gesprochen?“
„Nein. Worüber sollte ich mit ihr sprechen? Sie wusste ja nicht, dass ich hierher fahren würde.“
„Dann hat sie auch Nicky nicht erwähnt?“
„Wer ist Nicky? Sie hat nichts erzählt. Vielleicht wusste sie noch nichts davon, bevor ich weggefahren bin, sonst hätte sie bestimmt etwas gesagt. Ich weiß nur, dass sie lange keinen Brief mehr von dir bekommen hatte.“
Hugh hatte Aurore in den letzten zwei Monaten zwei Mal geschrieben. Ein Mal, um ihr mitzuteilen, dass er sich verliebt hatte. Und das zweite Mal, um sie zu fragen, weshalb Nicky ihr Foto in einem Medaillon um den Hals trug. Nickys Mutter war vielleicht eine von Aurores Angestellten gewesen oder vielleicht sogar eine Freundin von ihr. Doch wie auch immer die Umstände waren: Er brauchte Antworten.
Er hatte Nicky nicht gesagt, dass er das Foto erkannt hatte. Und er hatte ihr nichts von seinem zweiten Brief erzählt. Und bevor er nichts von Aurore hörte, hatte er auch nicht vor, ihr etwas zu sagen. Danach war immer noch Zeit, sich um Nickys Vergangenheit zu kümmern.
Er interviewte seinen Bruder, diesen Jungen, der ein Mann geworden war.
„Wie erwachsen bist du eigentlich? Du gibst unglaubliche Dinge von dir, aber an was glaubst du wirklich? Hast du inzwischen ein kleines bisschen Toleranz entwickelt? Oder hast du deine Vorurteile einfach ins Erwachsenenleben mitgenommen?“
„Ich bin alt genug, mein Leben in diesem Krieg aufs Spiel zu setzen, und ich habe jetzt selbst ein Kind.“
„Hast du schon festgestellt, dass New Orleans nicht der Nabel der Welt ist? Und dass es viele verschiedene Menschen gibt, die viele verschiedene Dinge tun?“
„Himmel, das hab ich schon vor langer Zeit begriffen! Klar machen Menschen Dinge auf unterschiedliche Art. Meistens falsch.“
„Unsere kleine Welt zu Hause war ziemlich eng“, erwiderte Hugh. „Aber hier draußen ist die richtige Welt. Sie ist groß genug, damit jeder nach seiner Fasson glücklich werden kann. Wir können zusammenleben, die Unterschiede genießen und voneinander lernen.“
„War das dein Wort zum Sonntag?“ Ferris zog eine Grimasse. „Meine Güte, Hap! Das ist jetzt nicht deine Art, mir zu erklären, dass du an einer Marokkanerin hängen geblieben bist, oder? Es muss hier doch auch amerikanische Frauen geben. Eine Französin wäre auch nicht so schlecht. Sag bloß nicht, dass du dich in eine dieser Afrikanerinnen verliebt hast?“
„Sie ist keine Marokkanerin, sie ist Amerikanerin. Aus New Orleans. Sie singt in einem Klub namens Palm Court. “
Er hatte es kaum ausgesprochen, da flog die Wohnungstür auf und Nicky stürzte herein. „Hap!“
Hugh sprang auf. Sie atmete schnell, so als ob sie den ganzen Weg gerannt war.
„Alles ist gut.“ Er nahm sie in die Arme, strich ihr übers Haar und vergaß Ferris für einen Moment. „Ich bin bei dir. Alles ist gut.“
„Ich habe mir solche Sorgen gemacht! Phillip und ich, wir sind gerade zurückgekommen. Niemand schien zu wissen, wo du steckst und ob du es geschafft hast. Das Telefon funktioniert nicht. Ich konnte dich nicht erreichen.“
Sie hatte noch nie so schön ausgesehen. „Alles in Ordnung. Wir haben es geschafft, Nicky. Es ist vorbei.“
Sie schmiegte sich an ihn. „Ich bin so froh! Aber ich fand es schrecklich, so weit weg von dir. Es war furchtbar, nicht zu wissen, was vor sich geht.“
„Du musst dir keine Sorgen mehr machen.“ Hugh küsste sie, dann erinnerte er sich an seinen Bruder. Ferris wirkte perplex. „Hier ist jemand, den ich dir vorstellen möchte.“
Nicky löste sich von Hugh. „Tut mir leid! Ich hätte nicht einfach so hereinplatzen dürfen. Ich wollte nur wissen, ob es dir gut geht.“
Ferris erhob
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