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Gefangen im Terror (German Edition)

Gefangen im Terror (German Edition)

Titel: Gefangen im Terror (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trump
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machte sich Sorgen um den Bruder. Die westliche Lebensweise und insbesondere der Umgang der Geschlechter untereinander, der in Russland viel freizügiger war, waren für den streng gläubigen Gotteskrieger unerträglich. Mehmet verurteilte die lockeren Sitten und Verhaltensweisen der Ausländer. Auch seinen eigenen Bruder hielt er für einen Abtrünnigen, verdorben und unzuverlässig.
    Chamil war durch sein Studium und durch seinen Beruf als Journalist innerhalb der Familie zum Außenseiter geworden. Erst als er sich der radikalen Freiheitsfront angeschlossen hatte, wurde er wieder als vollwertiges Familienmitglied akzeptiert. Mehmet war es gelungen, Chamil für den Freiheitskampf zu gewinnen. In vielen nächtlichen Gesprächen hatte er dem Bruder seine Ziele genannt und ihn dafür interessieren können, mit ihm zusammen zu arbeiten. Ausschlaggebend dafür, war Chamils Hobby gewesen. Er war Elektronikbastler mit viel Erfahrung im Bau von Schaltkreisen für alle möglichen Anwendungen. Einen solchen Mann konnte die Einheit gut gebrauchen. Chamil würde von unschätzbarem Wert sein, wenn es um praktische Vorbereitungen für einen Anschlag ging.
    Fatma hatte von all den Gewissenskonflikten nichts gewusst. Chamil wäre nie auf die Idee gekommen, Fatma von seinem Engagement für die Freiheitsfront zu erzählen. Seinen Bruder Mehmet hatte Fatma auch noch nicht kennen gelernt. Für Chamil war sie eine Frau, die trotz ihrer Intelligenz und ihres Berufes als Lehrerin geeignet schien, eine gute Ehefrau und Mutter zu werden. Natürlich würde Fatma dann zu Hause bleiben und nur für die Erziehung der Kinder und das Haus zuständig sein. Ihren Beruf würde sie in Makatschkala nicht mehr ausüben. Das würde sie akzeptieren. Da war sich Chamil sicher. Es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, Fatma über seine terroristische Tätigkeit aufzuklären. Sie hätte dafür kein Verständnis gehabt. Obwohl sie Geschichte studiert hatte, interessierte sie sich nicht besonders für die islamische Sache und jedes Mal wenn die Sprache auf den „Heiligen Krieg“ kam hatte sie betreten geschwiegen. Chamil hatte dieses Schweigen als Angst und Unvermögen gewertet, die tschetschenische Lage richtig einzuschätzen. Frauen hatten kein politisches Urteilsvermögen.
    Nachdem Chamil das Sprengstofflager wieder abgesperrt hatte, setzte er sich in sein Auto und überlegte, wie er Fatma aus dieser Situation befreien konnte.
    Er fuhr zurück nach Beslan und parkte sein Auto in der Nähe von Fatmas Elternhaus. Er beschloss, möglichst nahe an die Schule heranzugehen. Er nahm sein Gewehr, das immer im Kofferraum versteckt war, mit. Ihm musste etwas einfallen.
    Als er in die Nähe der Schule kam, hörte er Gewehrfeuer. Ein paar Autos mit Milizen waren vorgefahren und die Soldaten hatten sich hinter den Fahrzeugen versteckt. Sie winkten Chamil, nicht näher zu kommen.
    Chamil überquerte die Hauptstraße und ging auf ein leerstehendes Haus zu, dessen Fensterscheiben zerbrochen waren. Er ging durch die offen stehende Tür hinauf in den ersten Stock. Von dort konnte er direkt den Eingang der Schule beobachten.
    Er war nur Zuschauer und zum Nichtstun verdammt. Fatma war in diesem Hexenkessel und er war ein Verlobter, der seine zukünftige Frau in der Hand der Geiselnehmer wusste, und um ihr Leben zitterte. Er war jetzt auf der anderen Seite.
    Niemand hätte in ihm einen Terroristen vermutet. Er versuchte, sich selbst klar zu machen, dass er nicht mit den Terroristen sympathisieren durfte. Er würde sich bloßstellen. Er gehörte jetzt zur ganz normalen Bevölkerung, die um die Angehörigen zitterte.
    Einen ganzen Tag blieb er in dem leerstehenden Haus. Dann ging er zurück zu Fatmas Eltern. Nachdem die Miliz, die Schule abgesperrt hatte und einige Militärfahrzeuge angerückt waren, begannen die Spekulationen. Wer waren die Geiselnehmer? Was würde in der Schule geschehen? Viele Angehörigen waren zur Schule gekommen, um nach ihren Kindern und Verwandten zu suchen. Auch Fatmas Vater hatte versucht, in die Schule zu gelangen. Nun saß er resigniert zu Hause und seine Frau weinte. Chamil fühlte sich schuldig. Was sollte er diesen Leuten sagen?
    Er hätte sich um ein Haar verraten. Er durfte keine wirkliche Einschätzung der Situation geben. Fatmas Vater war ein intelligenter Mann. Er musste auf der Hut sein.
    Chamil wusste, dass die Terroristen nicht vor hatten sich auf Verhandlungen einzulassen, die die Geißelnahme beenden, bevor nicht der russischen

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