Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)
»Winnetou« Konkurrenz. Die Bordkapelle spielte die Titelmusik von »Bonanza«, und als wir mit Siegesgeheul in den Saal galoppierten, blieb kein Auge trocken.
Wir bekamen den ersten Preis für die schönsten Kostüme, und wieder genoss ich es, Blickfang und Wildfang zu sein. Ich hatte ja so viel nachzuholen!
Dennoch gab es Neider. Wie gern hätte ich laut ins Mikrofon gesagt: »Die drei Eintänzer schenke ich euch! Ich brauche sie nicht! Bitte nehmt sie! Sie werden mir langsam lästig! Ich bin glücklich verheiratet.« Aber das ging natürlich nicht.
Dann kam die Äquatortaufe. Wieder so ein Seefahrer-Ritual, dem ich unvorbereitet ausgeliefert war. Plötzlich wurden alle Passagiere, die zum ersten Mal den Äquator überquerten, mitsamt ihren Kleidern in den Pool geschubst. Einige Crew-Mitglieder hatten sich als Piraten verkleidet und zogen die Arglosen von ihren Liegestühlen. Fotoapparate klickten, meine drei Eintänzer trugen mich zur »Folterstätte«. Dort wurden wir Erstüberquerer mit Essensresten aus der Kombüse »eingeseift« und hinter einer Papptrennwand »operiert«, sprich uns wurden »Organe entnommen«. Der Koch hielt blutige Innereien hoch, was in einer ziemlich unappetitlichen Schweinerei endete. Bernd und Thomas wurden in einen Rieseneimer mit Spaghetti gesteckt und mit Tomatensauce übergossen. Die eingeweihten Passagiere glucksten vor Schadenfreude, die Neuen hatten das Nachsehen.
War ein nichtsahnender Passagier dann so richtig verdreckt, wurde er von den »Piraten« in den Pool geworfen. Für mich Ästhetin, die ich mit meinen Jungen immer wie aus dem Ei gepellt an Deck erschien, war das ein richtiges Drama, und ich beschwerte mich hinterher weinend beim Kapitän.
»Schauen Sie mal, was die mit unseren teuren Kleidern gemacht haben!«, jammerte ich. »Die habe ich extra für Windhoek gekauft! Und meine Frisur ist auch hin! Erst gestern war ich beim Bordfriseur!« Ich hatte mir zum ersten Mal im Leben eine Mini-Pli geleistet! Nun hingen die teuren Locken wie schwarzes Sauerkraut an mir herunter!
Der Kapitän, ein gutmütiger älterer Grauhaariger, lachte nur. »Sie kennen sich wirklich noch nicht mit den Kreuzfahrt-Gepflogenheiten aus!«
»Die finde ich gar nicht lustig!«, schmollte ich.
»Geben Sie die Kleider in die Wäscherei«, beschied der Kapitän. »Ihre Sachen werden wie neu sein!«
Und so war es dann auch. Die fleißigen Heinzelmännchen im Bauch des Schiffes mussten die ganze Nacht geackert haben, denn am nächsten Morgen hingen unsere mit Ketchup und Mayonnaise beschmierten Klamotten wieder aprilfrisch duftend und gebügelt im Schrank. Eine neue Mini-Pli spendierte mir die Reederei auch, und ich war wieder die Schönste im ganzen Land.
Nach und nach mehrten sich die hübschen Hochglanzfotos, die der Bordfotograf von unseren lustigen Events gemacht hatte. Nachdenklich stand ich eines Morgens vor der großen Fotowand auf Deck fünf: Komisch, fast immer war ich mit den drei Eintänzern auf dem Bild. Eng umschlungen tanzte ich mit Rudi, Arm in Arm saß ich mit Elmar an der Bar, und hier hatte mir Peter einen Kuss für den ersten Preis beim Kostümfest auf die Wange gedrückt, und ich saß fast auf seinem Schoß. Ich erinnerte mich, dass er sogar versucht hatte, mich auf den Mund zu küssen, aber ich hatte hastig den Kopf weggedreht. Also diese Fotos waren schon … kompromittierend. Ein Fremder musste den Eindruck haben, dass ich … na ja, sagen wir mal leicht zu haben war. Aber das war ich nicht, im Gegenteil. Aus Sex machte ich mir überhaupt nichts, mir reichten bewundernde Blicke, schöne Kleider, Lachen und Flirten. Aber um Mitternacht ging ich immer allein ins Bett.
Während ich das dachte, umfassten mich von hinten plötzlich zwei rotblond-behaarte Männerarme. »So, jetzt hab ich dich. Jetzt bist du dran.«
»Elmar!« Ich versuchte, mich loszureißen. »Jetzt habe ich mich aber erschreckt!«
»Wir kriegen dich. Wir kriegen dich alle! Wir haben schon gewettet, wer es als Erster schafft.«
Elmars dicke Lippen kamen immer näher, und reflexartig wandte ich den Kopf ab. »Elmar, du Idiot! Lass das!« Ich schlug nach ihm, aber meine dünnen Ärmchen boten seinen Pranken keinen Widerstand. »Das ist nicht witzig, ich will das nicht!«
»Gib’s doch zu, du bist ganz scharf auf mich! Vom ersten Moment an hast du mich angebaggert!«, flüsterte mir Elmar lüstern ins Ohr. »Du gehörst mir!«
»Spinnst du?!« Wütend trat ich nach ihm. »Lass mich los, du tust mir
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