Gefangene der Dämmerung: Ravenwood 2 - Roman (German Edition)
entspannten sich. Mitleidig berührte sie Aprils Hand.
»Mir tut es leid. Ich weiß, wie so was ist. Am besten, du konzentrierst dich erst mal auf eine Sache.«
April seufzte. »Also, womit fangen wir an?«
»Ich würde sagen, wir packen die Gelegenheit beim Schopf. Die anderen platzen doch vor Neugier – und das ist die Chance, sich mit den Schlangen anzufreunden, verstehst du?«
Die Schlangen waren die aufgebrezelten, supergestylten Mädchen, die Ravenwood mit ihren eisigen Blicken und herablassenden Bemerkungen beherrschten. Und Davina Osbourne war ihre Anführerin. April war ziemlich sicher, dass die Schlangen eine zentrale Rolle bei der Rekrutierung neuer Vampire spielten; trotzdem musste sie ihr Vertrauen gewinnen, wenn sie jemals herausfinden wollte, was in Ravenwood vor sich ging.
»Und was soll ich deiner Meinung nach machen? Ihnen meine Narben zeigen und darauf hoffen, dass sie die Zähne blecken?«
Caro lachte. »Nein. Aber jetzt, wo du eine Berühmtheit bist, werden sie alle mit dir befreundet sein wollen. Und ich habe auch schon einen Plan, wie wir dich mit Davina zusammenbringen.«
»Was für einen Plan?«, fragte April misstrauisch.
Caro tippte sich an die Nase. »Du wirst schon sehen. Tja, wo wir gerade vom Teufel sprechen …« Sie nickte in Richtung eines Mädchens, das auf sie zukam. Sie war außerordentlich attraktiv, mit hohen Wangenknochen und langem, glänzendem blondem Haar. Sie trug ein lilafarbenes Chanel-Kleid und hochhackige Wildlederpumps, die um einiges höher waren, als es laut Schulvorschriften eigentlich erlaubt war. Davina Osbourne, Königin der Schlangen von Ravenwood – und höchstwahrscheinlich auch die Oberspinne im Vampirnest.
»Wie geht’s dir denn, Schatz?«, fragte Davina und hauchte einen Kuss auf Aprils Wange. »Ich war ganz krank vor Sorge.«
»Alles okay«, erwiderte April und spürte, wie sie errötete – alle Blicke waren nur auf sie gerichtet. Davina trat einen Schritt zurück und musterte April mit ernster Miene.
»Bist du sicher, dass du wirklich schon wieder auf dem Damm bist? Das war ja furchtbar, wie Marcus Brent dich zugerichtet hat. Ich wäre wahrscheinlich erst im neuen Schuljahr zurückgekommen.«
»Danke, aber mir geht’s gut. Ich bin vor einer Woche aus dem Krankenhaus entlassen worden, und es gibt keinen Grund, warum ich nicht wieder zur Schule gehen sollte. Außerdem läuft es im Moment mit meiner Mutter ziemlich übel.«
»Oh Gott, das kenne ich. Ich würde lieber von einer Brücke springen, als mehr Zeit als nötig mit meiner Familie zu verbringen. Weihnachten war schlimm genug.«
Davina schlug sich die Hand vor den Mund.
»Jetzt bin ich wohl ins Fettnäpfchen getreten, oder? Für dich war das Fest wahrscheinlich alles andere als ein frohes.«
»Ach, eigentlich war es gar nicht so schlecht.«
Tatsächlich war Weihnachten viel reibungsloser über die Bühne gegangen, als April gedacht hatte. Sie war vorübergehend aus dem Krankenhaus entlassen worden, und ihre Mutter und ihr Großvater hatten sich viel Mühe gegeben und das Haus geschmückt – mit Weihnachtsbaum und vielen Geschenken wie aus dem Bilderbuch. April war es sogar gelungen, bis zum Essen durchzuhalten – wie so oft von einem Partyservice geliefert, da Silvia als Hausfrau noch nie viel getaugt hatte –, doch beim Anblick des Truthahns, den ihr Vater sonst immer angeschnitten hatte, waren ihr die Tränen gekommen.
Ihr Großvater hatte Messer und Gabel beiseitegelegt. »Komm«, hatte er gesagt. Sie hatten sich warme Sachen angezogen, waren zum Friedhof hinuntergegangen und hatten einen Palmenzweig an seinem Grab niedergelegt. Und da die meisten Weihnachtsfeste, an die sie sich erinnern konnte, mit Streit und Geschrei geendet hatten, war es eigentlich gar kein so schlechter Tag gewesen.
»Aber jetzt haben wir ein neues Jahr«, sagte Davina. »Wir sollten positiv denken, das Vergangene vergessen und nach vorne sehen.«
»Wohl Gandhi gelesen, was?«, murmelte Caro, verstummte aber, als April sie verstohlen in die Rippen stieß.
»Wie auch immer, heute ist Valentinstag!« Davina klatschte aufgeregt in die Hände. »Du musst dir unbedingt all die Karten ansehen, die Chessy bekommen hat.« Sie deutete zur anderen Seite der Cafeteria hinüber, wo die Schlangen und die Jungs aus der Rugby-Mannschaft abhingen. »Außerdem wartet da noch jemand auf dich.«
April warf Caro einen Blick zu, doch ihre Freundin zog eine Grimasse. »Mach ruhig«, sagte sie und hielt ein
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