Gefangene der Dunkelheit
verzweifelter Laut wie ihr Seufzen, und er schlang einen Arm um ihre Hüfte und drückte sie an sich, während ihr Körper schwächer wurde. Die Muskeln versagten ihr den Dienst und wurden schlaff und schwer, und plötzlich fror sie. »Nein«, flüsterte sie und wand eine Hand in sein Haar, war aber zu schwach, um daran zu ziehen. Sie würde sterben. »Bitte … mein Liebster …«
Tristan spürte, wie sich ihr Herzschlag stark verlangsamte und sein Pochen zu einem sanften Flattern verblasste, das er durch ihr dünnes Gewand kaum noch spüren konnte. Er schmeckte Rache in ihrem Blut, süßer als seine Träume, aber da war noch mehr. Trunken vor Verlangen nach ihr, schmeckte er Sehnsucht in ihrem Blut, Sehnsucht nach ihm. Sie hatte um ihn geweint, wie er erkannte, als er aus ihrem Herzen trank. Sie hatte um ihn getrauert und von seinem Kuss geträumt. Er zog sich von ihrer Kehle zurück und blickte auf ihr Gesicht hinab, auf die Schönheit, die zu verachten er sich geschworen hatte, aber er konnte es nicht. Er war selbst jetzt von ihr verzaubert. Er beugte sich hinab und küsste ihre Lippen, eine ganz leichte Berührung, um ihren Atem genauso zu schmecken, wie er ihr Blut geschmeckt hatte. »Wer bist du?«, flüsterte er und zog mit seinem Handrücken die Wölbung ihrer Wange nach. »Was willst du, Siobhan?«
Dich, dachte sie und hätte es ihm auch gesagt, wenn sie die Kraft dazu gehabt hätte. Nur dich. Aber das war falsch. Sie hasste ihn und wollte ihn tot sehen. Er war ihr Feind, der der Aufgabe verschworen war, sie zu vernichten und ihre Leute zu versklaven. Er hatte geschworen, den Bruder zu töten, der sie liebte und der die einzige noch verbliebene Menschenseele war, die sie lieben konnte – und gerade eben hatte er auch sie töten wollen. Ihn zu begehren, war Verrat, gab all das preis, was ihr lieb war. Der Teufel hatte sie absichtlich verzaubert und ihr mit seinem grausamen Dämonenkuss den Verstand geraubt. Er würde ihr auch die Seele stehlen, bevor er ihr das Leben nahm. »Nein«, flüsterte sie erneut und zwang sich, die Augen zu öffnen. Sein Gesicht war wunderschön, als er sich über sie beugte, die List eines grausamen Teufels. Der Teufel sollte hässlich sein, dachte sie, sollte in Gestalt einer Bestie kommen und nicht als wunderschöner Ritter, den sie lieben konnte. »Lass mich los«, befahl sie mühsam. Er lächelte das Hohnlächeln des überheblichen Adligen. »Fort …« Er strich mit den Lippen über ihre Stirn. »Dämon … fort.«
»Schhh …« Der Tatsache, dass sie zu schwach war, um sich gegen ihn zu wehren, konnte sein Stolz nicht widerstehen. Er küsste ihre Kehle, die schreckliche Quetschung, die seine Zähne über der Ader hinterlassen hatten, die Male seines Griffes, wo er sie als Mensch festgehalten hatte. Sie gehörte ihm, und er würde sie nicht aufgeben, nicht einmal, um sie zu vernichten. Sie seufzte, als er ihr Kinn mit Küssen bedeckte, als ihr Körper sich ihm entgegenwölbte und die Entschlossenheit eines Eiferers verriet, und er lächelte. Aber in diesem Zustand würde er sie nicht nehmen, so sehr sie es auch verdiente. Er wollte sie stark spüren, sie sollte fähig sein, sich gegen ihn zu wehren, wenn er sie vollständig eroberte. »Ich werde zu dir zurückkommen, Liebste«, flüsterte er, sein Mund war nahe an ihrem Ohr. »Was sagtest du noch bei unserer Hochzeit in der Halle zu mir? Ich bin noch nicht fertig mit dir.« Sie wandte das Gesicht ab, als er ihren Mund küssen wollte, und hielt ihm stattdessen eine zarte Wange hin. Er küsste sie mit der Ehrerbietung eines Büßers, der einen Heiligen küsst, und hielt sie erneut fest, als sie sich wehrte. Dann ließ er sie los.
Als er rasch den schmalen Gang durchquerte, der zur Treppe führte, hörte er eine Stimme aus dem zweiten Raum hervordringen, das Weinen eines Kindes. Clare …
Er erwog einen Moment weiterzugehen, ohne stehen zu bleiben. Es wäre das Klügste gewesen, was er tun konnte, wenn er das hier heute Nacht nicht beenden und sie mit sich nehmen wollte. Aber sie war sein geliebtes Kind, und sie weinte. Er konnte sie nicht einfach im Stich lassen, auch wenn er ein Dämon war.
Er schlüpfte in ihr Zimmer, wobei sich der Türknauf mühelos drehen ließ. Emma war nirgends zu sehen. »Clare«, sagte er sanft und näherte sich dem hohen Bett.
»Papa?« Sie wandte sich ihm zu, als er sie erreichte, ihre Augen waren vor Hoffnung und Schreck geweitet. »Papa!« Sie warf sich in seine Arme.
»Schhh«, machte er
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