Gefangene der Dunkelheit
und duftete nach Rosen?«
Es hatte Augenblicke gegeben, in denen ich mich so gefühlt hatte. Nicht mit den Unseelie-Prinzen, aber später mit Barrons. Ich verstaute diesen Gedanken in meinem Kopf in der Schatulle mit dem Vorhängeschloss, in der ich all die Dinge aufbewahrte, mit denen ich mich nicht beschäftigen konnte. Bald würde ich das Ding in Beton gieÃen müssen, um es verschlossen zu halten. »Ich sage nicht, dass du Menschen nicht beim Sex zuschauen sollst, obwohl ich wünschte, du würdest noch ein paar Jahre damit warten. Ich rate dir nur, dass du eine bessere Wahl treffen solltest. Schau dir die Softcore-Sachen an, Filme, in denen Sex was Gutes ist.«
»Mac«, sagte sie tonlos, »mach die Augen auf. Die Welt ist beschissen. Es gibt nichts Gutes mehr.«
»O doch, es gibt überall noch Gutes. Du musst es nur suchen.« Ich wäre fast an meinen eigenen Wortenerstickt. Ich klang genau wie mein Daddy und war überrascht, dass ich nach allem, was ich durchgemacht hatte, immer noch glaubte, was ich sagte. Es schien, als wäre der Regenbogen noch nicht ganz schwarz geworden.
Dani wirbelte zu mir herum, ihre Wangen glühten, und die Augen blitzten zornig. »Wirklich? Was? Nenn mir eins dieser guten Dinge. Warum erzählst du mir nicht von ihnen? Ich hab eine tolle Idee. Lass uns eine Liste aufstellen. Schreiben wir all die wundervollen Dinge in der Welt nieder. Ich hab mich nämlich in der letzten Zeit aufmerksam umgesehen, und mir ist verdammt noch mal gar nichts Gutes aufgefallen!« Sie hatte die Hände zu Fäusten geballt und zitterte.
Ich war zweiundzwanzig, als ich meine erste Tragödie erlebte. Wie alt war Dani, als ihr das Schicksal zum ersten Mal eine Wunde geschlagen hatte? Sie hatte mir erzählt, dass ihre Mutter vor sechs Jahren von Feen getötet worden war, damals war sie sieben gewesen. Hatte sie gesehen, wie es passiert war? War sie seither in Rowenas Obhut? Was hatte ihr die unbarmherzige alte Frau angetan? »Was ist dir widerfahren, Dani?«, frage ich sanft.
»Du denkst, du hast das Recht, mich das zu fragen? Als würde ich mich vor dir entblättern, damit du in meinem Inneren herumstochern kannst? Als könntest du mich ausschütten wie eine kleine Teekanne, die du am Henkel baumeln lässt?«
»Ich lasse dich nirgendwo baumeln, Dani.«
»Aber du versuchst es! Du willst mich zwingen, meine Geheimnisse auszuplaudern! Sie vor dir auszubreiten, damit du mich, sobald du alles weiÃt, wie Abfall wegschmeiÃen kannst, genau wie es die Unseelie-Prinzen mit dir gemacht haben! Wie verdammten blöden Abschaum, der nie auf die Welt hätte kommen sollen.«
Diese heftige Reaktion verblüffte mich genauso wie die Richtung, die diese Unterhaltung genommen hatte. »Ich versuche nicht, dich auszuhorchen, und würde dich niemals wegwerfen. Ich mag dich, du reizbares, kleines Stachelschwein. Also Kopf hoch und gewöhn dich daran. Ich mache mir Gedanken darüber, was aus dir werden soll. Ich sorge mich so sehr, dass ich deswegen mit dir streite. Und ich sage zu dir: Such dir bessere Filme aus, iss dein Gemüse, benutz täglich deine Zahnseide und behandle dich selbst mit Respekt, denn wenn du es nicht tust, tut es auch kein anderer. Du liegst mir am Herzen!«
»Das wäre nicht so, wenn du mich richtig kennen würdest.«
»Ich kenne dich.«
»Lass mich in Ruhe.«
»Das kann ich nicht«, erklärte ich kategorisch. »Du und ich â wir sind wie Schwestern. Jetzt sieh zu, dass du dich wieder fängst, und lass uns gehen. Ich brauche dich heute Nacht, wir haben viel zu tun.« Die Methode hatte immer gewirkt, wenn mein Dad sie bei mir angewendet hatte: Er hatte mir etwas zu tun gegeben, damit ich nicht in Selbstmitleid versank.
Sie starrte mich aus schmalen Augen an, und für einen Moment hatte ich den Eindruck, dass sie drauf und dran war, mit ihrer Supergeschwindigkeit von hier zu verschwinden. Ich fragte mich, wie meine Eltern meine Pubertät überleben konnten. Was regte Dani so auf? Ich war nicht dumm und wusste, dass sie mir mit alldem etwas sagte. Ich wusste nur nicht, was. Ich tippte miteinem Fuà auf den Boden, als sie sich endlich umdrehte und losging.
Ich folgte ihr schweigend und gab ihr die Gelegenheit, sich zu beruhigen.
Irgendwann lockerten sich ihre Schultern unter dem Ledermantel. Sie atmete ein paarmal tief durch, dann sagte sie:
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