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Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3)

Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3)

Titel: Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. A. Pierce
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Mannes ein. Der Stein vibrierte leise surrend, und das Bild verschwamm für einen Moment, bevor es wieder Gestalt annahm. Der Mann zuckte überrascht zusammen, bevor sich sein Gesicht vor Zorn verdunkelte.
    »Verzeihung, Sir«, rief Maruha geschwind. »Sie ist noch ein Kind und wurde von der Hexe verwundet. Gewähr uns Einlass, wir bitten dich! Die Ravenna …«

    »Hat seit tausend Jahren niemanden von außerhalb der Kuppelstadt empfangen.« Ungeduldig huschten die schwarzen Augen des Mannes zu dem Mädchen. »Und jetzt verschwindet! Ich werde euch nicht einlassen.«
    Collum und Brandl traten unruhig von einem Bein aufs andere. Mit gefletschten Zähnen wollte sich das Mädchen auf das Abbild stürzen.
    »Aber du musst«, flehte Maruha.
    »Nein!«, begann das Gesicht.
    »Doch, Melkior«, fiel ihm eine sanfte Stimme ins Wort. »Du musst.« Die Worte klangen leise und angenehm, die Stimme einer Frau. Das blasse Mädchen beruhigte sich, während die drei Zwerge sich aufgeschreckt umsahen, da die Sprecherin nirgends zu finden war. Auch das Abbild des dunkelhäutigen Mannes sah überrascht zur Seite. »Gewähr ihnen Einlass, Melkior«, sagte die tiefe, süße Stimme der unsichtbaren Sprecherin. »Ich wünsche ihnen zu helfen.«
    Das Mädchen stand allein in einem prachtvollen Zimmer. Wie viel Zeit verstrichen war, seit sie den prächtigen Palast durch den schwarzen Torbogen betreten hatte, vermochte sie nicht zu sagen – eine Stunde? Zwei? Nach den Worten der Frau war die dunkle, schimmernde Macht, die ihnen den Weg versperrte, schlagartig verschwunden. Alsbald war Melkior, der Mann aus Fleisch und Blut, erschienen, in Lebensgröße, nicht mehr als riesiges, aufgeblähtes Abbild seiner Selbst. Dennoch war er hochgewachsen und überragte das blasse Mädchen. Die Zwerge reichten ihm kaum bis zur Schärpe. Er gewährte ihnen höflich,
wenn auch mit verkniffenem Mund und gerunzelter Stirn, Eintritt.
    Erwartungsvoll folgte ihm das Mädchen die langen, leeren Gänge hinab, durch düstere, glitzernde Säulenhallen. In einigen schwirrten Lichter an den Wänden und formten sich zu Mustern: rosafarben, gelb, violett, grün. Nirgends waren Lampen entzündet oder Fenster zu sehen, doch die Dunkelheit der Säle beunruhigte sie nicht. Sie begegneten niemandem. Plötzlich hielt ihr Führer vor einer Wand an und berührte sie, worauf sie sich wie ein Vorhang vor ihnen teilte. Das Mädchen schlich nach ihm in das angrenzende Gemach.
    Die Luft war kühl und mit seltsamen Düften erfüllt, doch der Boden unter ihren Füßen war warm und pechschwarz, wie der Mittagshimmel zwischen den Sternen. Vorhänge aus heller, schleierartiger Gaze schmückten die fensterlosen Wände. Wie der Rest des Palastes waren die Mauern aus Glas gefertigt: dunkelblau und geriffelt schien ein inneres Feuer in ihnen zu glimmen, das sich gelegentlich zu einem Feuerwerk an Farben ergoss.
    Der Ruf war hier überwältigend. Er umschloss die Oberländerin, zerrte von allen Seiten gleichermaßen an ihr. Sie wartete geduldig, nahm nur verschwommen wahr, dass der dunkelhäutige Mann den Zwergen untersagte, ihr zu folgen, und Maruha erschrocken protestierte, während sich die Wand wieder nahtlos schloss. Sie stand allein da, registrierte die kühle Luft und die Wärme des schwarzen Glasbodens und betrachtete abwesend die farbenfrohen Funken, die blitzend durch die ultramarinblauen Wände huschten.
    Die Luft im Zimmer veränderte sich, und das Mädchen drehte
sich um. Eine hochgewachsene Gestalt betrat das Gemach. Geräuschlos schloss sich das Portal hinter der Frau. Ihre silbernen Pantoffeln glitten geschmeidig über den Boden. Sie war sogar noch größer als der dunkelhäutige Mann, wobei ihre Gesichtszüge den seinen ähnelten: hohe Wangenknochen, eine breite, flache Nase, ein voller Mund, doch ihre Haut war heller, nicht ebenholzfarben. Ihre Augen waren von einem tiefen Blau. Sie trug eine nachtschwarze und indigoblaue Robe. Ihr Haar, dunkel und gewellt, mit silbernen Strähnen durchzogen, hing offen herab. Sie blieb mitten im Zimmer stehen und musterte das blasse Mädchen einen Moment mit ihren löwengleichen blauen Augen.
    »Erkennst du mich, mein Kind?«, fragte sie schließlich mit leiser Stimme, in der die Musik verwoben war, die das Mädchen vor den Toren des Palastes vernommen hatte. Die Frau trat aus dem Zwielicht. Ihr Gesicht, obgleich faltenlos, erweckte den Eindruck von hohem Alter, und ihre Körperhaltung, wenn auch völlig aufrecht, von großer Müdigkeit.

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