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Gefesselt in Seide: Roman (German Edition)

Gefesselt in Seide: Roman (German Edition)

Titel: Gefesselt in Seide: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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–, aber die Fahrt war angenehm, und es war beinahe warm. Wir hatten den Wind im Rücken.
    Als wir eine dichtbewaldete Insel umrundeten, konnte ich in der Ferne das Kap und mein Häuschen erkennen.
    »Mist!« sagte er.
    Ich versuchte zu sehen, was er bemerkt hatte, aber auf dem Wasser war sein Blick schärfer als meiner. Mit zusammengekniffenen Augen spähte ich über das Wasser, und als wir dem Land etwas näher kamen, sah auch ich den roten Pick-up vor der Hütte.
    »Beim Fischhaus steht ein Wagen«, sagte ich.
    »Und du weißt sicher auch, wem er gehört?«
    »Ja.«
    »Wir können jetzt nicht mehr umkehren.«
    »Nein«, stimmte ich zu.
    »Na schön«, sagte er. »Herrgott noch mal, was hat der an einem Sonntag hier zu suchen?«
    Ich wußte es, sagte es aber nicht.
    Er manövrierte das Boot zur Anlegestelle, half mir ins Dingi und ruderte uns zur Landzunge hinüber. Als er das Boot so weit auf den Sand hinausgezogen hatte, daß ich aussteigen konnte, war Willis schon da.
    »Hallo, Jack.«
    »Hallo, Willis.«
    Die beiden Männer begrüßten einander, aber Jack sah Willis nicht an. Willis rauchte eine Zigarette.
    »Hallo, Füchslein.«
    Ich nickte und neigte mich zu Caroline hinunter.
    »Ihr habt wohl eine Spritztour gemacht?« sagte er zu Jack.
    »Ich hab meine Körbe reingeholt.«
    »An einem Sonntag! Hut ab! Ich hab ja immer gesagt, daß du ein fleißiger Bursche bist, Jack.«
    Jack stieß das Boot ins Wasser zurück und machte Anstalten hineinzuspringen.
    »Und unseren Rotfuchs hier hast du mitgenommen.«
    Jack hob den Kopf und sah mich an. »Ja«, antwortete er.
    Keine Ausreden. Keine Erklärungen.
    »Und – wie war’s, Füchslein? Hat’s Ihnen gefallen?«
    Willis hatte genau wie ich eine Sonnenbrille auf. Ich konnte seine Augen nicht sehen, aber ich richtete meinen Blick direkt auf die Gläser.
    »Es war lehrreich«, sagte ich. »Sehr lehrreich.«
    Jack stieß sich mit dem Ruder vom Ufer ab. Ich hatte den Eindruck, daß er lächelte.
    »Also dann, auf Wiedersehen«, sagte er.
    »Danke fürs Mitnehmen«, antwortete ich möglichst unbekümmert.
    Ich dachte: In ein paar Stunden sehe ich ihn wieder.
    Vielleicht dachte er das gleiche.
    Willis begleitete mich zum Haus. Er sagte: »Ich hab Ihren Wagen gesehen. Ich hab ein paarmal an die Tür geklopft, aber es hat sich nichts gerührt. Ich hab angefangen, mir Sorgen zu machen, dachte, Sie hätten vielleicht einen Unfall gehabt oder so was, oder Sie wären womöglich in einem Honigpott gelandet. Wenn Sie in der nächsten halben Stunde nicht aufgetaucht wären, hätte ich Everett geholt.«
    »Das wäre doch albern gewesen«, meinte ich.
    »Im Winter mit einem kleinen Kind rauszufahren, ist gefährlich. Sie müssen doch an das Kind denken.«
    »Ich denke immer an das Kind«, entgegnete ich. »Und machen Sie sich um mich keine Sorgen. Ich kann auf mich selbst aufpassen.«
    Wir hatten seinen Wagen erreicht. Ich hatte nicht die Absicht, ihn ins Haus zu bitten, und hätte abgelehnt, wenn er gefragt hätte, und ich glaube, er spürte das, denn er fragte nicht.
    »Tatsächlich«, sagte er und tätschelte kurz Carolines Wange.

Willis Beale
    Na ja, irgend jemand muß Ihnen ja mal die ganze Geschichte mit Jack und Mary erzählen. Damit will ich nicht sagen, daß das irgendwie für das Verbrechen selbst von Bedeutung ist, das dürfen Sie nicht glauben. Ich will nicht behaupten, daß sie es deswegen getan hat, obwohl man das ja vielleicht auch ein bißchen bedenken muß, aber es kann doch keiner leugnen, daß sie sich ziemlich schnell mit Jack Strout getröstet hat.
    Hat Ihnen überhaupt schon mal jemand die ganze Geschichte erzählt?
    Beim Prozeß ist ja nicht viel davon rausgekommen, weil keiner von denen, die ausgesagt haben, viel rausgelassen hat. Ich meine, es ist natürlich zur Sprache gekommen, und Mary hat’s zugeben müssen, aber der Staatsanwalt ist gar nicht richtig drauf eingegangen. Aber ich finde, wenn Sie diesen Artikel da schreiben wollen, sollten Sie auch die Tatsachen wissen, ich möcht nur nicht, daß Sie schreiben, daß Sie’s von mir haben. Das sind – wie nennt man das gleich? – geheime Informationen.
    Ja, okay, Hintergrundinformationen.
    Hauptsache, Sie halten meinen Namen da raus. Aber noch mal, lang hat sie weiß Gott nicht gebraucht, wenn Sie wissen, was ich meine. Ich kann Ihnen nicht mit Sicherheit sagen, wann die Geschichte angefangen hat, aber eines können Sie mir glauben: Ich hatte schon am Heiligen Abend so eine Ahnung, daß zwischen den

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