Gefühltes Herz - sieben homoerotische Geschichten
werden mussten.
Was normal der Fall war, bei ihm und Duncan, doch nicht heute. Nicht einmal eine Begrüßung hatte sein Sohn ihm geschenkt, der Kopf hing, die Schultern schienen eingefallen und sein Auftreten würde wohl jeden Geschäftspartner verschrecken.
Merkwürdig still empfand Jerad den Saal, kaum Gerüche drangen an seine Nase, irgendwas stimmte hier nicht. Ann-Marie hatte ihn vorgehen lassen und nun stand er in einem stockdunklen Saal und wusste nicht, was kommen sollte.
Durch Markierungen in den Wänden konnte er zumindest den Weg zur Bühne finden. Wieso ausgerechnet heute seine Mutter nicht mit zur Bühne kam, war ihm schleierhaft. Nie, oder wenn sehr ungern, ließ sie ihr einziges Kind alleine, stand immer an seiner Seite, und nun blieb sie draußen? Vielleicht waren sie ihn aber auch alle überdrüssig, wie er sich selbst. Seine schlechte Laune war noch nie so ausgeprägt, obwohl er alles versuchte, ihr nicht die Oberhand zu überlassen.
So tastete er sich an Stühlen vorbei, die am Rand der Bühne standen, Notenständern und verschiedenen Instrumenten. Gut, es waren also noch mehr Künstler hier, aber wo? Rufen fiel wohl aus, wie würde er sich da vorkommen, so tastete er mit dem Fuß nach seiner Markierung und warte einfach ab. Ann-Marie sagte, er sei gleich dran, sobald die Gäste kämen.
„Gehst du vor, ich muss noch schnell telefonieren!“ Diese Worte von seinem Vater ließen Duncan nicken. Was auch sonst, wann hatte er sich seinem Vater mal widersetzt? Irgendwie fühlte er sich eingeschnürt, als wären Tonnen von Seilen um seinen Körper gewickelt und würden bei jedem Schritt, den er tat, fester gezogen.
Der Saal war stockfinster, verzweifelt tastete er nach einem Lichtschalter, was sollte das? Seufzend stand Stephan Stone vor der Tür und hoffte, Ann-Maries Plan funktionierte. Eher wohl, dass sein Sohn keinen Rückzug antrat. Wie gern wäre er selbst hineingegangen und hätte dem jungen Mann, der keineswegs wie 26 Jahre aussah, den Kopf gewaschen. Doch wenn er ehrlich war, hätte er lieber sich selbst in den Hintern getreten. Wie hatte er seinen Sohn so weit bringen können? Nach Martins Ansprache bei ihm, war ihm zum ersten Mal die Sprache abhandengekommen.
Die ganze Geschichte, inklusive der ersten Kooperation mit einem Kunden, hatte ihn doch sehr geschockt. Beschämt hatte Stephan festgestellt seinen Sohn nicht zu kennen, es falsch verstanden zu haben. Vater, hatte er dieses Wort noch verdient? Er handelte mit Kalkül und ohne Herz, die Scham brannte sich in seine Eingeweide. Als Duncan damals geboren wurde, war Stephan so stolz und hatte sich geschworen, ihm nur das Beste zukommen zu lassen. Auch die Homosexualität seines Sohnes war für ihn nicht von Bedeutung.
Liebe den, der dir zu lieben gedacht ist , hatte seine Mutter immer gesagt und danach lebte Stephan. Doch gab er zu, die Gesellschaft vermittelte etwas anderes, falsche Eindrücke. Als er von Duncans Eskapade mit einem Geschäftspartner hörte, war für ihn klar, dass die Vorurteile stimmten.
Dabei lebten Martin und Jonathan ihm was anderes vor, wie gern er beide hatte, und nun stand er da, hatte seinen eigenen Sohn verkauft. Er war schuld und das war ihm bewusst. Sein Blick hoch zum Himmel, ließ ihn beten, dass alles gut gehen würde.
Vielleicht würde seine Frau eine Hand über ihren Sohn halten? Stephan war nicht sehr gläubig, doch in solchen Momenten nur zu gerne. Er war nie der strenge Part gewesen, außer wenn es ums Geschäft ging. Seit dem Tod seiner Frau musste Stephan diese Seite mit übernehmen und hatte kläglich versagt. Noch heute hörte er seinen Sohn im Zimmer wimmern, wenn dieser sich verletzt hatte. Sah Duncan, wie er sich in seine Welt flüchtete, wenn andere ihm seelisches Leid zufügten. Der perfekte und harte Geschäftsmann Duncan Stone war in Wirklichkeit ein weicher Mann mit zu viel Herz. Lebte zurückgezogen, versteckte sein Herz und seine Unsicherheit.
Stephan hatte seine eigene weiche Seite verdrängt und versucht aus seinem Sohn einen Mann zu machen. Er hatte seinen Sohn allein gelassen, nie über Probleme und Sorgen geredet, ihm vermittelt, dass nichts so schlimm sein konnte. Die Augen geradeaus und weiter gehen. Hänge nicht an der Vergangenheit, sie ist zu nichts nütze. Mehr als einmal hatte Stephan eine solche Ansprache gemacht und dabei das Herz seines Sohnes vergessen. Seither redete Duncan selten über Probleme, meinte sie selbst bewältigen zu müssen oder schwieg sie tot. Es
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