Gefürchtet
unbesonnen, aufbrausend und stur. Ich fand ihn aggressiv, aufbrausend und stur, aber ich musste zugeben, dass er ein kompetenter Polizist war. Rome war stets sonnengebräunt, durchtrainiert und wie aus dem Ei gepellt.
»Identitätsbetrug.« Ich zeigte ihm die Anzeige.
Er schüttelte den Kopf. »Ich sage Ihnen, das greift immer mehr um sich. Wir kriegen im Durchschnitt jeden Tag so eine Anzeige herein.«
»Super, da liege ich ja voll im Trend.«
»Solche Betrüger sind wie die Ratten. Sie durchwühlen den Müll und klauen die Post. Diese Leute sind schlau, hartnäckig und durchtrieben.«
Er rieb sich mit dem Finger die Nase und run zelte die Stirn. Schließlich wusste er nur zu gut, was Identitätsbetrug bedeutete. Häufig waren Bonität und Ruf der Opfer ruiniert, sie verloren ihre Arbeit, ihre Gehälter wurden gepfändet, um Forderungen zu begleichen, mit denen sie nichts zu tun hatten, oder sie wurden aufgrund von Straftaten verhaftet, die die Betrüger begangen hatten.
Er überflog meine Anzeige. »Können Sie irgendwelche Hinweise liefern?«
Mein Gesicht brannte. »Die Frau, die bei Jericho Point an Land gespült wurde, hatte einen gefälschten Ausweis auf meinen Namen bei sich.«
Er blickte überrascht auf. »Ein Profi? Gehörte sie zu einem Ring?«
»Das weiß ich nicht.«
»Haben Sie schon mit dem Sheriff’s Department gesprochen?«
»Mit Lilia Rodriguez.«
»Die Tochter von Richterin Rodriguez. Das ist eine gute Ermittlerin.« Er schnippte mit dem Finger gegen das Papier. »Lassen Sie sich nicht unterkriegen. Und halten Sie die Augen offen. Vielleicht war das keine Einzeltäterin.«
Nach ein paar Sekunden gab er mir das Blatt zu rück. »Wie geht’s Jesse Blackburn?«
»Er hat noch sehr zu kämpfen.«
»Ja, selbst wenn die Täter erwischt werden, ist der Preis oft hoch.«
So ist das mit der Gerechtigkeit.
Am nächsten Morgen besuchte ich die Messe in der alten Mission. Danach verschwanden Brian und Marc zum Golfspielen,
und ich kutschierte Luke zum Kino, wo wir uns mit Jesse verabredet hatten. Als ich in die Tiefgarage am Paseo Nuevo fuhr, parkte der Mustang schon dort. Jesse wartete am Aufzug. Ich ließ Luke aussteigen, damit die beiden schon mal die Karten kaufen konnten, während ich einen Parkplatz suchte.
Als ich gerade meine Jacke vom Rücksitz nehmen wollte, hörte ich das Plastik am Fenster aufplatzen. Ein Messer schlitzte die Plane auf. Dann griff eine Hand in die Öffnung, riss sie vollends auf und kippte Müll in den Wagen.
Ich schrie und versuchte, mich vor der Lawine von Zigarettenkippen und Kentucky-Fried-Chicken-Abfällen in Sicherheit zu bringen. Draußen vor dem Fenster glänzte ein kahler Schädel im Licht. Murphy leerte den Rest des fettigen Müllbeutels über mir aus.
»Wenn du nicht lieferst, kriegst du, was du verdienst.«
Pfui Teufel! Bevor ich versuchen konnte, über den Schalthebel zu klettern, erschien Merlin am Beifahrerfenster. Seine Rattenschultern steckten in ei nem Hawaiihemd, und er presste ein rechteckiges Stück Papier gegen die Scheibe.
»Jetzt lässt du auch noch Schecks platzen! Der hier war nicht gedeckt.«
Ich schlug nach ei nem durchnässten Gazestreifen, der an meinem Rock klebte. »Ich war das nicht. Das war ein Mädchen namens Brittany Gaines.«
»Der Scheck ist aber mit K. E. Delaney unterschrieben.«
Irgendwas Ekliges rann über meine Wange. Der fettige Gestank war unerträglich. Ich hatte keine Ahnung, ob er von Murphy stammte oder von dem Hühnerbein, das im Kragen meiner Bluse hing.
»Eine Betrügerin hat meine Identität benutzt, um Leute auszunehmen.«
Merlin hielt die Fotokopie der gestohlenen Datura-Schecks in die Höhe.
»Das hier beweist, dass du jede Menge Geld auf das Konto eingezahlt hast.« Er wedelte mit dem geplatzten Scheck. »Und das hier zeigt, dass du es wieder abgehoben und woanders versteckt hast.«
»Hört mir doch mal zu«, sagte ich.
»Du zahlst das Ganze noch diese Woche zurück, und zwar mit zwanzig Prozent Zinsen. Also fünfzehn, plus drei für die Zinsen.«
Redete er etwa von Tausendern? »Ihr …«
Murphy griff in den Wagen und nahm meinen Kopf zwischen seine Pratzen. Seine Hände waren heiß, und die ledernen Gelenkriemen stanken nach Moschus und Dreck.
»Wenn du nicht zahlst, wird der Boss sauer. Und wenn er sauer ist, lässt er das an uns aus. Dann werden wir sauer und lassen es an dir aus.«
Und dann tat er etwas unglaublich Ekelhaftes. Er sagte »Leckere Soße!«, beugte sich ins Auto und
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