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Geh auf Magenta - Roman

Geh auf Magenta - Roman

Titel: Geh auf Magenta - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frankfurter Verlags-Anstalt
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anzurufen, die Leitung war besetzt. Nach ein paar Minuten versuchte sie es wieder, diesmal meldete er sich: »Das war aber richtig abgewürgt eben. Und überhaupt, was war denn letztens? Du bist nicht gekommen.«
    Sie merkte, dass sie sich noch keine Ausrede hatte einfallen lassen, von daher blieb ihr jetzt nur die Wahrheit. Sie wäre schon auf dem Weg zu ihm gewesen, hätte dann aber so einen sentimentalen Anfall bekommen. Ihr Blick fiel auf die aufgeschlagene Morgenpost vor ihr, die Besprechung eines Theaterstückes, eines Ravenhill. Ihr Vorschlag, das Stück anzusehen, verfehlte seine Wirkung nicht, er sagte, dass er diese Seite an ihr ja noch gar nicht wahrgenommen hätte, seit wann sie sich denn für das Theater interessieren würde? Er müsse manchmal eben genauer hinschauen, entgegnete sie etwas spitz, und nicht nur an die eigenen Umdrehungen denken – was denn jetzt mit dem Stück sei? Das würde gut passen, übermorgen, sagte Bastien, sie könnten im Anschluss noch auf eine Vernissage gehen, irgendetwas mit Gelee. Sie verabredeten sich im Foyer der Schaubühne, alles weitere wie Thailand, Trennung etc. könne man ja dann berichten, ob noch etwas wäre? – Natürlich würde sie sich auf ihn freuen, sicher.
    Sie legte auf. Er klang so sonderbar gefühlsbetont, das war ungewöhnlich; vielleicht machte ihm die Trennung von seiner Frau mehr zu schaffen, als er zugeben wollte, vielleicht aber sah er sie nun auch in einem anderen Licht. Eigentlich hätte sie jetzt vor Glück geschrien, aber etwas anderes rührte sich ebenso in ihr – Gedanken an diesen Thomas Deger. Es war das erste Mal seit der Zeit mit Bastien, dass sie jemand wirklich bewegt hatte.
    Was für ein Vormittag.
    *
    Thomas fuhr den Wagen sehr vorsichtig vom Parkplatz, einerseits weil er ihn erst seit einem Tag besaß, andererseits weil er, gelinde gesagt, verwirrt war – wer war diese Kirsten Degen? Er konnte später Bloch, den Vertriebschef, unter einem Vorwand anrufen und ein paar Fragen zu ihr einbauen, man müsse ja wissen, mit wem man denn zusammenarbeite, so ungefähr. Das war riskant, diese US-Firmen hatten Empfindlichkeiten, was das anbelangte. Ihm hatte ihre Art gefallen, wie sie von ihrer Tour mit dem Jeep erzählt hatte; er konnte sie sich gut vorstellen, wie sie mutterseelenallein, braungebrannt und in zerrissenen Jeans am Steuer saß und durch die australische Wüste fuhr – was für eine Frau. Mit der konnte man bestimmt so ziemlich alles machen, eine Weltumseglung, ein Survival im Busch, einfach aussteigen, einfach weg von dem ganzen Business-Trott, der ihm besonders jetzt zur Weihnachtszeit auf die Nerven ging. Er konnte nicht sagen, weshalb er ihr diese Dinge mit den Märchen und der Kunst erzählt hatte, er hatte ihr einfach auf Anhieb vertraut. Das war etwas Besonderes und musste erst einmal verdaut werden. Bei einer Heirat müsse man den Namen ja kaum verändern? – Unglaublich.
    Das Autotelefon zeigte einen Anruf an, er sah Mels Namen und drückte schnell auf die Tastatur. »Liebe, ist alles gut?«
    »Klar«, sagte sie. »Bist du noch draußen?«
    »Eben gerade. Super gelaufen, ein Riesending. Passend zu Weihnachten. Was machst du?«
    »Nicht viel. Gleich kommen die Kinder, noch etwas kochen. Dann die Hausaufgaben, du weißt schon. Wann kommst du?«
    »So um sieben, denke ich, ich muss jetzt noch in die Firma und diese Sache hier auf den Weg bringen, das dauert etwas, dann bin ich da.«
    »Ich freue mich auf dich. Das mit dem Wochenende steht?«
    »Was meinst du?«
    Er hörte sie laut einatmen: »Wer von uns macht denn hier die Pläne? Wir wollten raus, mit den Kindern, weißt du das nicht mehr?«
    »Doch. Klar. An was denkst du?«
    »Ich überleg’s mir. Aber raus aus der Stadt. Das können wir ja nachher besprechen.«
    »Ich bin um sieben da.«
    »Thomas?«
    »Ja?«
    »Ist alles OK bei dir?«
    »Sicher, warum?«
    »Ich weiß nicht, du klingst so kurz angebunden, ja, kurz.«
    »Es ist alles OK, wirklich, ich bin nur gerade seit zwei Minuten fertig und habe jetzt einen Haufen Arbeit vor mir, das ist alles. Und diese Kiste hier fährt sich irgendwie anders, ich weiß nicht.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Hör mal – ich liebe ich. Und freue mich riesig auf nachher.«
    »Ich mich auch. Thomas?«
    »Ja?«
    »Ich liebe dich.«
    »Ich dich auch. Bis nachher.«
    Er drückte wieder auf die Tastatur. Mel war ein wunderbarer Mensch. Sie war anders als diese Leichtgewichte, mit denen er sich so lange abgegeben hatte. In all diesen Jahren,

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