Geheimnis am Holunderweg
ein.
Als er aufwachte, war es heller Tag und der Gong zum Frühstück ertönte. Rasch sprang er aus dem Bett und weckte Purzel. Wie kam es nur, daß sie so lange geschlafen hatten? Erst beim Anziehen fiel Dicki sein nächtliches Abenteuer ein. Oder hatte er das nur geträumt? „Purzel, erinnerst du dich an unsern nächtlichen Spaziergang?” fragte er.
Ja, Purzel erinnerte sich. Er bellte einmal kurz und sprang dann auf Dickis Bett.
„Runter vom Bett!” befahl Dicki ihm streng. „Nun, wenn du dich daran erinnerst, war es kein Traum. Das war eine komische Geschichte, nicht wahr? Wir wollen gleich nach dem Frühstück zum Holunderhaus fahren und nachschauen, was dort los ist – wenn überhaupt etwas los ist.”
Nachdem Dicki gefrühstückt hatte, machte er sich mit dem Rad auf den Weg. Purzel ließ er diesmal laufen.
„Das tut dir gut, mein Lieber. Wie kommt es nur, daß du immer so fett wirst, wenn ich im Internat bin? Kannst du denn nicht auch mal allein spazierenlaufen?”
Purzel war zu sehr außer Atem, um antworten zu können. Vor dem Holunderhaus stellte Dicki sein Rad ab. Dann ging er ans Wohnzimmerfenster und guckte hindurch. Beinahe hätte er laut aufgeschrien vor Überraschung. Mitten im Zimmer standen Herr Grimm und Monsieur Henri. Im übrigen aber war das Zimmer völlig leer. Nicht ein einziges Möbelstück stand mehr darin, und der Fußboden war kahl.
Während Dicki wie erstarrt dastand, drehte sich Herr Grimm um und entdeckte ihn. Ärgerlich ging er ans Fenster und riß es auf. „Weg da! Du hast hier nichts zu suchen. Noch weiß kein Mensch etwas von dem, was hier geschehen ist.”
„Was ist denn geschehen?” fragte Dicki.
„Heute morgen um sieben …” begann Monsieur Henri.
„Das geht den Jungen nichts an”, unterbrach ihn Herr Grimm.
Aber Dicki ließ sich nicht so leicht abweisen. Kurz entschlossen fragte er Monsieur Henri auf französisch, was passiert wäre, und bat ihn, auch französisch zu antworten.
Monsieur Henri tat ihm den Gefallen. Während Herr Grimm ärgerlich schnaufte, erzählte der Franzose, daß er morgens um sieben durch Hilferufe aus dem Schlaf geschreckt worden wäre. Sein Schlafzimmer lag zum Holunderhaus hin. Zuerst hatte er nicht auf das Schreien geachtet und war wieder eingeschlafen.
„Aber dann wachte ich wieder auf – und immer noch schrie jemand. Da zog ich mich schnell an und kam hierher, um zu sehen, was los wäre.”
„Na und?”
„Es war der alte Herr, der schrie”, fuhr Monsieur Henri immer noch auf französisch fort. „Die Tür war zugeschlossen. Ich bat ihn, mir zu öffnen. Als ich ins Haus kam, sah ich, daß das Zimmer ausgeräumt war. Nur die grünen Vorhänge hingen noch am Fenster. Sie waren dicht zugezogen, wohl damit niemand hineingucken konnte. Der alte Herr war sehr früh aufgewacht, und als er entdeckte, daß alle Möbel fort waren, fing er an zu schreien.”
„Ein Geheimnis!” rief Dicki. „Herr Grimm, wir haben wieder ein Geheimnis aufzuklären. Haben Sie schon Indizien gefunden?”
Indizien und verdächtige Personen
Herr Grimm war völlig ratlos. Er besaß noch kein einziges Indiz und konnte sich überhaupt nicht vorstellen, wie, wann und warum alle Möbel aus dem Zimmer entfernt worden waren.
„Weg da!” sagte er wieder zu Dicki. „Du hast nichts mit der Sache zu schaffen. Das geht nur die Polizei etwas an.”
Aber Dicki ging einfach ins Haus und an dem Polizisten vorbei zum Schlafzimmer. „Ich muß doch einmal nach Herrn Schauer sehen”, sagte er erklärend.
Herr Grimm sah sich hilflos in dem leeren Zimmer um. Nur der Ofen, der die ganze Nacht über gebrannt hatte, eine Lampe und die grünen Fenstervorhänge befanden sich noch darin. Warum hatte man bloß alle Möbel weggeschleppt? Viel wert waren sie nicht gewesen.
Dicki versuchte unterdessen, Herrn Schauer zu trösten, der ganz außer sich war. „Zuerst mein Geld und dann meine Möbel!” stöhnte er. „All mein Geld und alle Möbel! Was soll bloß aus mir werden?”
„Haben Sie denn in der Nacht nichts gehört?” fragte Dicki.
„Nein, überhaupt nichts!”
Dicki drang nicht weiter in ihn. Der Alte war viel zu aufgeregt, um etwas Vernünftiges aussagen zu können.
Nachdem Herr Grimm sich ein paar Notizen gemacht hatte, kam er ebenfalls ins Schlafzimmer. „Wo wohnt Ihre Enkeltochter?” fragte er Herrn Schauer. „Sie muß Sie zu sich nehmen. Hier können Sie nicht bleiben.”
„Meine Enkelin wohnt in Marlow, Starenweg 5”, antwortete der alte
Weitere Kostenlose Bücher