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Gehen (German Edition)

Gehen (German Edition)

Titel: Gehen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Bernhard
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rustenschacherschen Laden wegen seiner Beinschmerzen in die Länge gezogen, sage ich zu Scherrer, sagt Oehler, ganz offensichtlich sind wir vor dem Eintreten in den rustenschacherschen Laden zu weit gegangen und nicht nur zu weit, sondern auch mit zu großer Geschwindigkeit bei gleichzeitiger angestrengtester Unterhaltung über Wittgenstein,sage ich zu Scherrer, sagt Oehler, absichtlich nenne ich diesen Namen, weil ich gewußt habe, Scherrer hat diesen Namen noch niemals gehört, was sich auch sofort bestätigt, wie ich den Namen Wittgenstein sage, sagt Oehler, dann aber hat Karrer wahrscheinlich längst nicht mehr an seine schmerzhaften Beine gedacht, aber ganz einfach aus dem Grund, ihn nicht mehr verlassen zu können, nicht mehr aus dem rustenschacherschen Laden hinausgehen zu können. Diese Beobachtung machen wir ja oft an uns selber, daß wir in einem Zimmer (in einem x-beliebigen Raum), wie an dieses Zimmer (an diesen x-beliebigen Raum), gefesselt, in diesem Zimmer (in diesem x-beliebigen Raum) bleiben müssen, weil wir es (oder ihn) nicht verlassen können in Erregung. Wahrscheinlich wollte Karrer aus dem rustenschacherschen Laden hinaus, sage ich zu Scherrer, so Oehler, aber Karrer hat nicht mehr die Kraft dazu gehabt. Und ich selbst habe nicht mehr die Fähigkeit gehabt, Karrer aus dem rustenschacherschen Laden hinauszubringen im entscheidenden Augenblick. Nachdem Rustenschacher selbst wieder, wie sein Neffe vorher, gesagt hat, daß es sich bei den Hosenstoffen um erstklassige, er sagte nicht, wie sein Neffe vorher, erstklassigste, sondern nur erstklassige Stoffe, handle, und daß es unsinnig sei, zu behaupten, es handle sich bei diesen Hosenstoffen um Ausschußware oder gar um tschechoslowakische Ausschußware, sagt Karrer noch einmal, daß es sich bei diesen Hosenstoffen ganz offensichtlich um tschechoslowakische Ausschußware handle und er tat, als wolle er tief einatmen und es hatte den Anschein, als gelänge es ihm nicht, worauf er noch etwas sagen wollte, sage ich zu Scherrer, sagt Oehler, aber er, Karrer, hatte keine Luft mehr und er konnte, weil er keine Luft mehr hatte, nicht mehr sagen, was er offensichtlich noch hatte sagen wollen. Diese schütteren Stellen, diese schütteren Stellen, diese schütteren Stellen, diese schütteren Stellen, diese schütteren Stellen , immer wieder diese schütteren Stellen, diese schütteren Stellen,diese schütteren Stellen , ununterbrochen diese schütteren Stellen, diese schütteren Stellen, diese schütteren Stellen. Rustenschacher hatte sofort begriffen, sagt Oehler zu Scherrer und der Neffe Rustenschachers hat auf meine Veranlassung hin alles veranlaßt, was zu veranlassen gewesen war, sagt Oehler zu Scherrer.
    Die unglaubliche Empfindlichkeit eines Menschen wie Karrer einerseits, seine große Rücksichtslosigkeit andererseits, sagte Oehler. Einerseits sein übergroßer Empfindungsreichtum, andererseits seine übergroße Brutalität. Es ist ein ständiges zwischen allen Möglichkeiten eines menschlichen Kopfes Denken und zwischen allen Möglichkeiten eines menschlichen Hirns Empfinden und zwischen allen Möglichkeiten eines menschlichen Charakters Hinundhergezogenwerden, sagt Oehler. Andererseits sind wir, sind wir mit einem Menschen wie Karrer zusammen, in ununterbrochener vollkommen natürlicher und nicht einen Augenblick lang in künstlicher Verstandesbereitschaft. Wir gewinnen eine zunehmend radikale und zwar zunehmend radikalklare Anschauung, Beziehung allen Gegenständen gegenüber, auch wenn diese Gegenstände solche Gegenstände sind, die sich normalerweise dem menschlichen Zugriff entziehen. Das, was für uns bis jetzt, bis zu dem Zeitpunkt, in welchem wir aufeinmal mit einem Menschen wie mit Karrer zusammengekommen sind, unerreichbar, weil undurchschaubar gewesen ist, ist uns aufeinmal erreichbar und durchschaubar. Die Welt ist uns plötzlich keine vollkommene nur aus Schichten von Finsternis, sondern vollkommen in Schichten von Klarheit, sagt Oehler. Darin, das zu erkennen und in der ununterbrochenen Bereitschaft, das zu erkennen, sagt Oehler, liegen aber die Schwierigkeiten, dann fortwährend mit einem solchen Menschen wie Karrer zusammen zu sein. Ein solcher Mensch ist naturgemäß gefürchtet, weil er sich selbst fürchtet (vor Durchschaubarkeit). Jetzt beschäftigen wir uns mit einem Menschen wie Karrer, weil er uns tatsächlich (durch seine Einlieferungnach Steinhof) entzogen ist. Wäre Karrer jetzt nicht in Steinhof und wüßten wir nicht

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