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Gehetzt - Thriller

Titel: Gehetzt - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wozencraft Baerbel Arnold Velten Arnold
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ein we nig graues Licht der anbrechenden Dämmerung fiel. Es roch nach feuchter Erde und Rost, und ziemlich bald auch nach der Angst, die aus ihrem Schweiß aufstieg. Die Rohre drückten kalt und feucht gegen ihre Beine, die Geräusche des großen Hofs klangen fern und unwirklich.
    Diane stieß Gail an.
    »Hier drinnen ist es ja enger als in einem Bullenarsch.«
    »Tu mir einen Gefallen«, flüsterte Gail. »Halt den Mund. Kein Wort. Okay? Wenn wir das hier vermasseln, bedeutet es für mich automatisch fünf Jahre extra.«
    »Für mich gilt vermutlich das Gleiche.«
    »Genau. Also halt’s Maul!«
    »So muss sich ein Pilz fühlen.«
    »Du sollst das Maul halten!«
    Gail hörte einen Seufzer und gleich darauf, wie Diane sich gegen die raue Betonwand des Lochs lehnte, was auch immer
für ein Loch es war, in das sie sich da hineingequetscht hatten. Sie konzentrierte sich auf ihre Atmung, versuchte, ruhig und gleichmäßig Luft zu holen und ihr pochendes Herz zu beruhigen. Vermutlich war es über den ganzen Platz bis zum Softballfeld zu hören. Es war schwer, sich hier unten zu beruhigen. Die Angst war da und sehr real. Doch genauso groß wie die Angst und vielleicht sogar noch größer war die Aufregung zu wissen, dass sie bald zum ersten Mal seit achtzehn Jahren zurück in der Welt der Freiheit sein würde.
    Dann hörte sie den gebrüllten Befehl des Aufsehers: »Freigang beendet, zurück in die Blöcke, der Hof ist geschlossen!« Diane flüsterte: »Ja, los, ihr Arschlöcher, zurück in die Blöcke.« Gail stieß ihr den Finger in den Oberschenkel und spürte, wie Diane vor Schmerz zusammenzuckte.
    »Halt die Klappe!«
    »Ist ja gut. Reg dich nicht auf.«
    Irgendjemand, wahrscheinlich Lisa, stampfte zum Abschied kurz auf den Gullydeckel, und im nächsten Moment hörte man sie und ihre Mitspielerinnen aufstehen und Richtung Gefängniskomplex schlendern. Gail zog das Stück Seil aus ihrem Hosenbund und knetete es, als wäre es ein Rosenkranz.
    Unzusammenhängendes Murren drang in Fetzen durch das Gullydeckelloch, als die Häftlinge über den Hof zu ihren Blöcken gingen und wieder einmal den Sonnenuntergang verfluchten. Und dann Geräusche, von einem Funkgerät. Gail und Diane erstarrten. Der Aufseher war ganz nah. Gail versuchte, durch das Loch zu linsen.
    Er hatte einen Fuß auf die Bank des Picknicktisches gestellt und ei nen Arm auf sei nen Oberschen kel gestützt. Das war alles, was sie sehen konnte. Aber sie wusste, dass er den Hof absuchte und nach irgendetwas Ungewöhnlichem Ausschau hielt. Sie dachte, dass sie sich je den Moment in die Hose machen würde. Und dann fühlte sie Dianes Hand, die ihre eigene
in der Dun kelheit umfasste und be ruhigend drückte. So verharrten sie, Hand in Hand und schwit zend, als ob sie gerade einen Vierhundertmeterlauf absolviert hätten. Bis sie hörten, wie der Aufseher sich aufrichtete und in sein Funkgerät sagte: »Der Hof ist geräumt«. Als Nächstes hörten sie seine Schritte, die sich entfernten.
    Gedämpft erklang das Geräusch einer großen, schweren Stahltür, die zugezogen wurde und deren Verschlussmechanismus einrastete. Diane saß da und starrte hinauf zu dem Loch, um zu sehen, wann es draußen endlich dunkel wurde.
    »Wie lange noch?«, flüsterte sie.
    »Es ist mir wirklich ein Rätsel, wie zum Teufel du je ein Cop sein konntest. Offenbar geht dir jede Fähigkeit ab, dich auch nur an die simpelsten Instruktionen zu halten«, bemerkte Gail.
    »Ach, halt doch den Mund«, flüsterte Diane. »Warum sollte ich jetzt nicht reden? Es ist niemand mehr auf dem Hof. Bist du eine verdammte Bibliothekarin, oder was?« Sie hielt inne. »Oh, natürlich, stimmt ja. Du bist eine Bib liothekarin. Aber jetzt ist es vorbei mit dem Bibliothekarinspielen. Außerdem sind wir nicht in einer Bücherei. Also beantworte gefälligst meine Frage.«
    Gail ließ sich ei nen Moment Zeit und war drauf und dran zurückzupampen, doch dann wurde ihr bewusst, dass Diane recht hatte. Sie konnten reden. Oder zumindest flüstern.
    »Zwanzig Minuten oder so. Sobald es richtig dunkel ist.«
    Sie klemmten schweigend in dem feuchten, engen Loch und warteten. Das ist der Unterschied zwischen uns, dachte Gail, ich kann warten. Ich weiß, wie man Zeit verstreichen lässt. Dieser kleine Hitzkopf hingegen hat die Geduld einer Zweijährigen.
    Diane konnte es kaum noch aushalten. Sie war noch nie in einer Situation gewesen, die dazu angetan war, Klaustrophobie
hervorzurufen. Aber das hier war reinste Folter. Sie

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