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Gehetzt - Thriller

Titel: Gehetzt - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wozencraft Baerbel Arnold Velten Arnold
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oder versuchte es zumindest, doch es klang, als würde sie schluchzen. Also hörte sie auf und konzentrierte sich auf Mels Rücken, während sie auf die Cops zumarschierten. Sie fragte sich, wie oft sie in ihrer Uniform wohl selber diese Wirkung auf andere Menschen gehabt hatte. Nicht auf Normalos, aber auf Kri minelle. Wie lau tete der Satz, den ihr Bruder ihr einst gesagt hatte, als sie ihn im Garten beim Lesen von Edgar Cayce ertappt hatte? ›Das Karma bestimmt dein Schicksal.‹
»Richtig«, hatte sie in Anspielung auf ›nutcase‹ gesagt, »vielleicht sollte er sich Edgar Nutcayce nennen«, woraufhin Kevin gelächelt hatte. Aber sie selbst hatte gedacht, dass dieser Typ vielleicht tatsächlich auf etwas gestoßen war. Das Karma bestimmt dein Schicksal.
    Da kamen sie, von Kopf bis Fuß in dunklen Uniformen, das Zweiergespann Bullen, ein unzertrennliches Paar, aber sie unterhielten sich miteinander und interessierten sich nicht sonderlich für ihre Umgebung. Doch dann sah der eine von ihnen, der größere, Diane scharf an, und obwohl sie versuchte, keinen Augenkontakt herzustellen, passierte es doch, und sie hielt seinem Blick einfach stand und hoffte, dass er dachte, dass sie ihn für gutaussehend hielt und er sie deshalb dabei ertappt hatte, dass sie ihn anstarrte. Aber sein Gesichtsausdruck verriet ihr nichts, er sah sie einfach nur mit diesem Blick an, von dem sie sicher war, dass sie auch schon et liche Male so geguckt hatte, dieser Blick, der für Zivilisten reserviert war, die von nichts eine Ahnung hatten und auch nie haben würden. Dieser Blick, der die Mauer zwischen dir und jedem Nichtpolizisten aufrechterhielt. Sie sah ihn an, und er sah sie an, und es war, als ob die Zeit in Zeitlupe verginge. Sie sah seine Absätze auf den schmutzigen Boden treten, sah die vom Aufprall seiner Schritte verursachte Kräuselung der Hose, seine Autorität ausstrahlenden, schwingenden Arme und dieses eindeutige Erkennungsmerkmal, das verdeckte Ermittler auffliegen ließ, wenn sie nicht hart da ran arbeiteten, es sich abzugewöhnen: sein rechter Arm schlenkerte leicht abgewinkelt vom Körper über der 45er Automatik, die in dem Halfter an seiner Hüfte baumelte. Es entwickelte sich zu einer Angewohnheit, den rechten Arm etwas abzuwinkeln, um beim Gehen nicht gegen die Waffe zu stoßen, und wenn man keine Uniform trug, sah es für die meisten Leute aus wie angeberisches Gehabe. Aber er war in Uniform und sah sie
durchdringend an, und sie konnte den Blick nicht von ihm abwenden, weil sie nicht wusste, wann der rich tige Moment zum Wegsehen war, ohne dass es so aussähe wie das, was es war: pure, nackte Angst. Diane spürte, wie ihre Knie weich wurden und sie leicht wankte, und in diesem Moment drehte Mel sich zu ihr um, hakte sich bei ihr unter, lächelte sie breit an, zeigte auf irgendetwas, das sie nicht sehen konnte, und sagte: »Da sind sie ja!« Sie ließ sich von ihm führen, weg von den beiden Polizisten und hi nein ins Getümmel, in das Meer von Menschen, und Gail muss te ein paar Schritte schneller laufen, um sie einzuholen. Sie hakte sich auf Dianes anderer Seite unter, und die beiden dirigierten sie weg von der Gefahr.
    Diane ging zwischen den beiden, bis sie stehen blieben und sie alle drei nach oben starrten zu der riesigen schwarzen elektronischen Anzeigetafel, auf der verwirrend viele Züge, Abfahrtszeiten und Zielorte angezeigt waren. Und dann drängten sie sie weiter, und als Nächstes stand sie auf einer langen, erhöhten Betonplattform, roch den Geruch gewalti ger Mengen Elekt ri zität, so viel Elektrizität, dass man sie tatsächlich roch, und starrte hinab auf die harten Stahlschienen unter ihnen.
    Mel ließ ih ren Arm los, zog Gail zu sich und um armte sie fest und innig. Diane sah zu, und die Verbundenheit zwischen den beiden gab ihr das Ge fühl, als stünde sie, von entsetzlichem Durst geplagt, mitten in einer Wüste und starrte auf eine in der Ferne liegende Oase, von der der rationale Teil ihres Hirns wusste, dass sie nur eine Fata Morgana war. Als die beiden sich aus ihrer Umarmung lösten, wandte Gail sich zu der Tür des riesigen Amtrak-Waggons um und wischte sich Tränen aus den Augen. Diane sah weg, aus irgendeinem ihr unerfindlichen Grund pein lich berührt, und hielt Mel die Hand hin. Er ergriff sie, zog Di ane eben falls zu sich he ran und umarmte sie warm und herzlich. Sie legte den Kopf auf
seine Schulter und fragte sich, ob es ungewöhnlich war, dass sie mit vierundzwanzig Jahren zum

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