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Gehetzt

Titel: Gehetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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Gehirnerschütterung. Beim Angriff des deutschen Jägers haben Sie sich eine Kugel in der Schulter eingefangen und sich eine Beule am Turm geholt.«
    »Das weiß ich selbst«, fauchte Barnes gereizt. »Kommen Sie endlich zur Sache, beantworten Sie meine Frage. Wie lange sind wir schon hier?«
    »Vier Tage.«
    Die Antwort traf Barnes wie ein Faustschlag. Zum erstenmal in seinem Leben war er sprachlos. Die Gedanken überschlugen sich in seinem Kopf. Wo war ihre Einheit, wo das britische Expeditionskorps?
    Seine Schulterwunde schmerzte höllisch. Er hätte sich gerne wieder hingelegt, doch das kam jetzt nicht in Frage. Er blinzelte, bis die Schleier vor seinen Augen verschwanden.
    Penn fuhr fort: »Pierre kann Ihnen Einzelheiten berichten, er weiß besser Bescheid als ich.«
    Barnes sah Pierre in die Augen und sagte höflich, aber bestimmt: »Würdest du bitte einen Moment nach draußen gehen, Pierre, und Soldat Reynolds für ein paar Minuten Gesellschaft leisten?«
    Er bemerkte, wie Pierres Miene sich verdüsterte. Penn runzelte die Stirn. Als der Junge die Tür hinter sich schloß, sagte er: »Das hätten Sie besser nicht getan, Sir. Wir werden seine Hilfe noch brauchen. Sie kennen unsere Situation nicht.«
    »Natürlich nicht, solange Sie mir nichts davon erzählen.«
    Barnes schlug die Decke zurück und legte die Maschinenpistole zur Seite.
    »Was wollen Sie denn damit?«

    »Ich wußte doch nicht, was hier eigentlich los ist, als ich wach wurde. Durch die Tür da hätten ja auch ein paar Deutsche reinmarschieren können. Also, wie sieht es aus?«
    Penn machte eine lange Pause. Dann brach es aus ihm hervor:
    »Wir befinden uns verdammt weit hinter den deutschen Linien – über dreißig Kilometer – oder sogar noch mehr.«
    »Das kann doch nicht wahr sein…«
    »Die Deutschen sind in breiter Front durchgebrochen und haben riesige Lücken in unsere Verteidigungslinien gerissen.
    Überall herrscht ein verdammtes Durcheinander. Niemand weiß, was los ist, und die Gerüchteküche kocht über…«
    »Dann könnte der feindliche Durchbruch auch ein Gerücht sein?«
    »Nein, soviel steht fest. Ich habe heute morgen gehört, daß die Panzer vor Arras stehen. Und die deutsche Luftwaffe kontrolliert den gesamten Luftraum. Die französische Luftwaffe und unsere Flieger sind schon in den ersten Tagen vom Himmel geholt worden. Die Deutschen stürmen mit Hunderten von Panzern und unzähligen Fliegern vor. So und nicht anders ist die Situation, auch wenn Ihnen das nicht schmeckt. Wir sind kilometerweit hinter den deutschen Linien.«
    »Also ist heute Donnerstag?«
    »Ja, Donnerstag, der 23. Mai.«
    »Und wo sind wir genau?«
    »Etwas außerhalb von Fontaine. So heißt das Nest hier. Liegt ziemlich nahe an der französischen Grenze.«
    »Was?«
    Zum zweitenmal innerhalb von fünf Minuten traf Barnes beinahe der Schlag. Grimmig starrte er dem Corporal ins Gesicht, dann stand er auf. Die Knie wollten unter ihm nachgeben, doch mit eiserner Willenskraft richtete er sich auf.
    Mit einer Hand stützte er sich gegen die Wand. Vor Anstrengung rann ihm der Schweiß über den Rücken, doch er lächelte mit verzerrtem Gesicht.
    »Penn, ich bin doch nicht meschugge. Ich kann mich noch ganz gut daran erinnern, daß die französische Grenze gut fünfundsechzig Kilometer entfernt war, als der Munitionszug hochging.«
    Penns Schnurrbart zitterte. Doch dann gewann sein Humor die Oberhand, und er sagte in beiläufigem Ton:
    »Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, Sergeant Barnes, daß Sie ganze vier Tage nicht in unserer schönen Welt weilten.
    Mit anderen Worten – Sie waren außer Gefecht. Und so blieb es an mir hängen, Sie sicher nach Hause zu bringen. Wenn man das hier als Zuhause bezeichnen kann – jedenfalls habe ich für meine Person schon ein besseres kennengelernt. Ich schlage vor, Sie hören sich jetzt einfach mal an, was ich zu erzählen habe. Dann werden Sie sich gleich wohler fühlen.« Er grinste. »Ich weiß, daß Sie das nicht zugeben wollen, aber wie Ihnen bekannt ist, pflege ich die Dinge immer höchst taktvoll zu umschreiben.«
    »Okay, Sie haben das Wort.«
    »Als der Zug in die Luft flog, griff uns eine Messerschmidt an, und Sie fingen sich ein Ding. Gleichzeitig schafften Sie es, Ihren Kopf kräftig gegen den Turm zu schlagen. Bei Ihrem etwas übereilten Weg nach unten gelang es Ihnen aber noch, das Luk zu schließen, und nur aus diesem Grund kann ich jetzt noch mit Ihnen sprechen. Der deutsche Jäger feuerte noch ein

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