Gehetzte Uhrmacher
selbstverständlich.
Nichts durfte sie aufhalten...
Duncan sah auf seine Taschenuhr, steckte sie zurück in die Jacke und zog den Reißverschluss zu. Dann öffnete er seine Umhängetasche, in der die große Uhr und das restliche Werkzeug verstaut waren, alles sorgfältig geordnet. Er zog die Uhr auf, stellte die Zeit ein und schloss die Tasche wieder. Durch das Nylon hindurch konnte Vincent das Ticken hören.
Sie stöpselten die Freisprecheinrichtungen in ihre Mobiltelefone ein, und Vincent stellte einen Polizeifunkscanner auf den Sitz neben sich (was natürlich Duncans Idee gewesen war). Aus dem Gerät ertönte ein stetiger Strom von Meldungen über Verkehrsunfälle, den Fortschritt der Absperrarbeiten für irgendeine Veranstaltung am Donnerstag, einen vermutlichen Herzinfarkt auf dem Broadway, einen Taschendiebstahl …
Das Leben in der großen Stadt...
Duncan unterzog sich selbst einer peniblen Kontrolle und vergewisserte sich, dass alle Taschen geschlossen waren. Dann fuhr er mit einem Kleberoller über seinen ganzen Körper, um etwaige Partikel zu entfernen, und ermahnte Vincent, das Gleiche zu tun, bevor er zu seinem Stelldichein mit Joanne nach drinnen kommen würde.
Gewissenhaft ...
»Fertig?«
Vincent nickte. Duncan stieg aus dem Wagen, sah sich auf der Straße um, ging zum Hintereingang und knackte das Schloss innerhalb von zehn Sekunden. Unglaublich. Vincent lächelte bewundernd. Dann verschlang er mit grimmigen Bissen zwei Schokoriegel.
Gleich darauf vibrierte sein Telefon, und er nahm das Gespräch an. »Ich bin drinnen«, sagte Duncan. »Wie sieht’s auf der Straße aus?«
»Hin und wieder ein paar Autos. Niemand auf dem Bürgersteig. Alles in Ordnung.«
Vincent hörte mehrmals ein metallisches Klicken. Dann flüsterte sein Freund: »Ich melde mich, wenn sie fertig ist.«
Zehn Minuten später sah Vincent eine Gestalt in einem dunklen Mantel auf die Werkstatt zugehen. Nach der Körperhaltung und den Bewegungen zu schließen, handelte es sich um eine Frau. Ja, das war sein Blumenmädchen, Joanne.
Der Hunger loderte in ihm empor.
Vincent duckte sich, damit sie ihn nicht sehen würde. Und er betätigte die Kurzwahltaste seines Telefons.
Er hörte ein Klicken am anderen Ende. Kein »hallo« oder »ja«.
Vincent hob den Kopf ein Stück an und sah sie zur Tür gehen. »Sie kommt, und sie ist allein«, sagte er in das Telefon. »Sie müsste jede Sekunde da sein.«
Der Killer sagte nichts. Es klickte erneut in Vincents Ohr, als er die Verbindung unterbrach.
Die Sache sah immer besser aus.
Joanne Harper und Kevin hatten jeder drei Tassen Kaffee getrunken. Kosmo’s Diner war normalerweise einer von vielen zweckdienlichen, langweiligen Imbissen in SoHo, aber seit heute handelte es sich um einen ganz besonderen Ort. Während sie nun auf die Hintertür ihrer Werkstatt zuging, wünschte Joanne sich, sie hätte noch ein halbes Stündchen bleiben können. Kevin hatte sie dazu gedrängt – es gab noch so viele Witze und Geschichten zu erzählen -, aber die Arbeit rief. Der Auftrag musste erst morgen Abend fertig sein, aber es ging um einen wichtigen Kunden, und sie wollte unbedingt ein perfektes Arrangement abliefern. Also hatte sie sich widerwillig von Kevin verabschiedet.
Ihr Blick schweifte über die Straße. Ihr war wegen des dicken Mannes mit dem Parka und der komischen Sonnenbrille immer noch ein wenig unbehaglich zumute. Aber es war niemand zu sehen. Sie betrat die Werkstatt und schloss die Tür zweimal ab.
Dann hängte Joanne ihren Mantel auf und atmete tief durch, so wie sie es immer tat, wenn sie hereinkam. Unzählige Düfte stiegen ihr in die Nase: Jasmin, Rosen, Flieder, Gardenien, Dünger, Lehm, Mulch. Es war schier überwältigend.
Sie schaltete das Licht ein und wollte nach vorn gehen, um die angefangene Arbeit fortzusetzen. Da erstarrte sie plötzlich und schrie leise auf.
Ihr Fuß war gegen etwas gestoßen. Es entfernte sich raschelnd. Joanne zuckte zurück. Eine Ratte?
Aber dann sah sie nach unten und lachte. Sie war gegen eine große Rolle Blumendraht getreten, die mitten auf dem Gang lag. Wie konnte das sein? Die anderen Rollen hingen nach wie vor an ihren Wandhaken. Joanne kniff im Halbdunkel die Augen zusammen und erkannte, dass diese eine Rolle aus irgendeinem Grund heruntergefallen und über den Boden gerollt sein musste. Seltsam.
Die Geister der verstorbenen Floristen, dachte sie und bedauerte es noch im selben Moment. Es war hier gruselig genug, und ihr fiel
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