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Geisterfjord. Island-Thriller

Geisterfjord. Island-Thriller

Titel: Geisterfjord. Island-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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geschmissen worden, ich glaube nicht, dass er das gemacht hat. Ich würde meine Sachen jedenfalls nicht so einpacken. Hier ist alles durcheinander.« Er legte die karierten Tücher wieder in die Kiste und nahm einen Plastikteller in greller Neonfarbe heraus. »Es ist überhaupt nichts sortiert und richtig verpackt. Der Mann wäre bestimmt sorgsamer mit seinen Sachen umgegangen.«
    »Er hieß Haukur. Haukur Grétarsson.« Líf schwenkte eine Kreditkarte, die sie aus dem Portemonnaie genommen hatte.
    »Das wissen wir.« Garðar nahm ihr die Karte ab und betrachte sie. Dann gab er sie zurück und kramte weiter in der Kiste herum.
    »Wer auch immer die Kiste gepackt hat, muss geglaubt haben, dass sie bald nach Hause fahren. Das Portemonnaie ist voller Kreditkarten, Visa-Quittungen und Kleingeld.« Sie inspizierte die Quittungen. »Und wenn der Mann es selbst eingepackt hat, dann wollte er sich das Leben nehmen. Niemand packt sein Portemonnaie in eine Kiste.«
    »Was hat er denn eingekauft?« Katrín nahm die Quittungen, die Líf schon durchgeschaut hatte. Sie waren alle ungefähr drei Jahre alt, und die Beträge waren ziemlich niedrig, ein paar tausend Kronen im Supermarkt, ein Haarschnitt beim Friseur am Busbahnhof Hlemmur, Domino’s Pizza, Subway und Benzin. Der nächste Schwung war ähnlich: verblichene Zettel mit bedeutungslosen Erinnerungen an uninteressante, alltägliche Ausgaben. Auf Katríns Armen bildete sich eine Gänsehaut. »Diese Quittungen zeigen, dass Haukur alleinstehend war. Die meisten sind von Supermärkten und Imbissen, alle ziemlich niedrig.«
    »Sie sind natürlich schon drei Jahre alt, seitdem ist alles teurer geworden, aber er hat wohl nicht oft jemanden zum Essen eingeladen. Jedenfalls hat es den Hauskauf vereinfacht, dass er keine engen Verwandten hatte.« Garðar zog ein paar zusammengefaltete Blätter aus der Kiste und glättete sie. Dann grinste er breit. »Super!« Er zeigte den Frauen die Blätter: eine Rechnung vom Byko-Baumarkt und eine Bleistiftzeichnung mit Beschriftungen. »Das ist eine Anleitung für die Klärgrube.« Katrín und Líf starrten ihn verständnislos und desinteressiert an. »Kapiert ihr nicht? Damit können wir das Klo anschließen.« Seine Begeisterung ließ ein wenig nach. »Vielleicht nicht jetzt, aber beim nächsten Mal.«
    »Beim nächsten Mal?« Líf schüttelte heftig den Kopf und lachte spöttisch. »Es ist genauso unwahrscheinlich, dass ich noch mal herkomme, um eine Klärgrube anzuschließen, wie dass ich anschließend ein Bad darin nehme.«
    Garðar legte die Blätter weg. »Okay, vielleicht kommt ihr nicht mit, aber ich kann ja fahren«, sagte er enttäuscht. »Wenn wir ein Klo haben, können wir die Zimmerpreise erhöhen.« Er schloss die Kiste und holte die nächste. »Im Frühling kommt uns das alles nur wie ein böser Traum vor, das verspreche ich euch.«
    Katrín und Líf widersprachen nicht, stimmten ihm aber auch nicht zu. Katrín würde ihn niemals alleine nach Hesteyri fahren lassen. Dieses Haus war ein schlechter Ort, der Unglück brachte. Garðar öffnete die Kiste und wühlte schweigend darin herum. Das einzig Brauchbare war ein Fernglas, das Líf ihm sofort abnahm und ausprobierte. Sie ging ans Fenster und sah sich die Aussicht an.
    »Ich hab eine Idee«, sagte Katrín und beobachte Garðar, der die dritte Kiste herbeischleppte. »Wir könnten nachher ins Arzthaus ziehen. Von da kann man das Haus mit dem Fernglas beobachten, vielleicht sehen wir dann, wie das Kind reinkommt.« Wenn sie ehrlich war, hatte sie weniger Interesse zu erfahren, wie das Kind ins Haus kam, als aus dem Haus wegzukommen und woanders Unterschlupf zu finden. Am liebsten wäre sie sofort zurück nach Ísafjörður gefahren und von dort nach Hause geflogen, aber der Kapitän würde eine Weile brauchen, bis er losfahren konnte. Er würde ja nicht alles stehen- und liegenlassen. Sie tastete in der Tasche ihrer Strickjacke herum und spürte die vertrauenerweckenden Kanten ihres Handys. Sie holte es heraus, und das vertraute Gerät wärmte ihre kalten Handflächen. Bald würden sie auf dem Berg stehen, den Kapitän in der Leitung. Aus alter Gewohnheit schaltete sie, ohne nachzudenken, das Handy ein. Nichts geschah.
    »Wie gesagt, am besten halten wir uns an den ursprünglichen Plan«, sagte Garðar, nahm ein paar Notizbücher aus der Kiste und blätterte darin herum. »Gleich ist es hell genug, um loszugehen und anzurufen.«
    Katrín starrte auf das graue Display. »Mein Akku ist

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