Geisterflut
auch mit dem Traumdieb zu tun.
31
»Bedenken Sie: Sie sind kein Kirchenmitarbeiter, und
manche Zaubereien werden Ihnen daher schlicht und
einfach verschlossen bleiben. Aber das macht nichts! Es
gibt dennoch zahlreiche unterhaltsame Rituale, die auch
Sie in den eigenen vier Wänden vollziehen können, und die Ergebnisse werden Sie begeistern.«
Sie können das! Ein Leitfaden für Anfänger,
von Molly Brooks-Cahill
Chess folgte Terrible die baufällige Treppe in dem Haus auf der anderen Straßenseite hinauf. Vielleicht brachte die ganze Aktion mit der Befragung ja gar nichts, aber da die Möglichkeit bestand, dass jemand etwas gesehen hatte, sollten sie sie nicht ungenutzt lassen.
Lex hatte noch zweimal angerufen, aber sie hatte die Mailbox drangehen lassen. Hatte er das nicht mitbekommen, als sie ihm gesagt hatte, dass Terrible bei ihr war? Verstand er denn nicht, wie wichtig das alles war?
Der schäbige Treppenabsatz der Etage bei ihr gegenüber war nur von einer nackten Glühbirne beleuchtet, die an einem Kabel von der Decke hing. Eine Ratte huschte um die Ecke, und Chess schauderte. Terrible klopfte an die Tür von Apartment Nummer fünf.
Sie warteten, und dann klopfte er noch mal und noch mal, bis schließlich das Türschloss klickte und die Tür einen Spalt breit geöffnet wurde.
»Ich hab mit Bump nichts zu tun«, sagte eine heisere Stimme. Chess konnte denjenigen, der da sprach, nicht sehen.
»Es geht auch nich um Bump«, erwiderte Terrible. »Es geht um die Wohnung in dem Haus gegenüber, in der alten Kirche. Du kannst da doch direkt ins Fenster sehen.«
»Bei der Kirchenhexe? Ja, die seh ich manchmal. Die tapert da ganz alleine rum wie ein Gespenst. Das ist doch nicht richtig, dass so eine Frau so alleine ist. Hat sie Schwierigkeiten?«
»Hast du da drüben heute Morgen irgendwas gesehen? Vor Sonnenaufgang? Oder heut Nacht?«
»Neulich abends hab ich da ’n Typ gesehen. Zusammen mit ihr. Sah so aus, als wollte der sich an sie ranmachen.«
Chess spürte, dass sie rot wurde. Das musste Doyle gewesen sein, als er sich um ihre Hand gekümmert hatte.
»Ich rede von heut Nacht. Hast du heut Nacht irgendwas gesehen? Oder heute früh?«
Schweigen. Dann: »Könnte schon sein. Und was geht dich das an?«
Terrible zog einen zusammengefalteten Geldschein hervor. »Also: Hast du was gesehn oder nich?«
»Ja, ja, ich hab was gesehen. Zwei Typen. Die Gesichter hab ich aber nicht gut erkennen können. Es waren aber jedenfalls Weiße. Dunkelhaarig. Einer ist in ihr Schlafzimmer gegangen, und der hat was getragen. Ich weiß aber nicht, was das war. Und der andere hat in ihrem Wohnzimmer rumgekramt. Es sah so aus, als ob er was mitgenommen hat. Aber er hat auch was dagelassen. Aus seiner Tasche.«
»Und wie lange waren die in der Wohnung?«
Eine Hand schob sich durch den Türschlitz, die Handfläche nach oben. Terrible legte den Geldschein hinein.
»’ne halbe Stunde vielleicht. Vielleicht auch länger. Ich hab das nicht beobachtet. Geht mich ja eigentlich auch nichts an. Aber ich hab sie gesehen.«
»Und wo hat der was zurückgelassen? Hast du die Stelle gesehen?«
»Die ist übrigens echt süß, Terrible. Manchmal läuft sie da nur im Höschen rum.«
Chess nahm sich fest vor, ihre Vorhänge nie wieder aufzuziehen. Sie war davon ausgegangen, dass sie sich angesichts der Schmutzschicht auf den Fenstern in Downside zumindest tagsüber keine Sorgen machen müsste. Und sie selbst hatte nie versucht, ihren Nachbarn in die Wohnung zu linsen. Diese Art Desinteresse hatte offenbar nicht jeder.
»Antworte. Wohin hat er das getan?«
»Auf das Regal. Irgendwo oben auf das Regal.«
Terrible nickte. »Okay.«
»Na dann ...« Die Tür begann sich zu schließen. Terrible hielt sie zurück.
»Was willst du denn noch? Mehr weiß ich nicht. Mehr hab ich nicht gesehen.«
»Du hast zu viel gesehen, klar? Guck nie wieder in diese Fenster. Wenn ich mitkriege, dass du ihr noch mal in die Wohnung glotzt, komm ich wieder.«
»Ey, Mann, du bist echt ’ne Spaßbremse, weißt du das?« Und damit fiel die Tür ins Schloss.
Chess biss sich auf die Lippen, während sie Terrible die Treppe hinab und über die Straße folgte. Sie hatten etwas in ihrer Wohnung hinterlassen. Einen magischen Gegenstand vielleicht? Oder schlimmer noch: eine Kamera oder irgendein anderes Aufnahmegerät, um sie zu überwachen?
Sowohl als auch.
Kostbare Minuten verstrichen, während sie das Regal absuchten, Bücher durchblätterten und zu
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