Geisterzorn: Der Fluch von Lost Haven (German Edition)
dort aus einen guten Rundumblick. Von einer Lichtung war keine Spur zu sehen. Es wäre auch zu schön gewesen, gleich beim ersten Versuch einen Treffer zu landen.
Je länger ich mich im Wald aufhielt, desto mehr reifte in mir die Überzeugung, dass es diese Lichtung wirklich geben musste. Und die Sehnsucht, sie wieder zu sehen und dann noch bei Tag, wurde immer stärker.
Mit dem Rad kehrte ich auf den Hauptweg, der von der Oxbride Street aus viele Dutzend Kilometer quer durch den Wald verlief, zurück.
Die nächste Stelle musste ich auslassen, da ein in der Karte eingezeichneter Waldweg, der vom Hauptweg abgehen sollte, nicht zu finden war.
Ich hätte circa vier Kilometer querfeldein gen Norden zu Fuß gehen müssen. Soviel Zeit hatte ich aber heute nicht mehr. Ich schaute auf meine Armbanduhr. Es war bereits drei Uhr Mittag. Ich hatte viel zu viel Zeit vertrödelt. Gegen halb sieben würde die Sonne bereits untergehen, weil der September schon weit fortgeschritten war.
Notfalls wollte ich gleich morgen früh noch einmal herkommen.
Ich steuerte die dritte Stelle an.
Dazu musste ich von der Oxbridge Street an gerechnet etwa ab Kilometer neunzehn rechts in einen Weg abbiegen und diesen dann weitere vier Kilometer hinauf nach Süden fahren.
Da ich ständig an nichts anderes als an diese verdammte Lichtung und an das, was dort in meinem Traum geschehen war, denken konnte, verpasste ich die Weggabelung. Ich verlor wertvolle Zeit, als ich wütend zurückfuhr, um zu sehen, dass jene Gabelung kaum zu erkennen war.
Nach besagten vier Kilometern stellte ich mein Rad wieder in ausreichender Entfernung zum Wegessrand ab und marschierte weiter Richtung Norden. Eine Viertelstunde stapfte ich durch das Gehölz. Auffällig war, dass in dieser Region des Waldes viele Bäume abgestorben und umgestürzt waren. Ich fasste das als klares Zeichen dafür auf, dass ich auf dem richtigen Weg war. Ich lief schneller und immer schneller. Alles andere verlor für mich an Bedeutung. Ich wollte nichts sehnlicher als zu dieser Stelle zurück.
Nach einer Weile wurde der Wald immer dichter und dunkler.
Ich sah nicht mehr zur Seite, ich sah nicht mehr zurück. Mein Tunnelblick war nur noch nach vorn gerichtet. Jede Faser meines Körpers sagte mir, dass ich auf der richtigen Fährte war.
Auf einmal trat ich in eine Vertiefung zwischen zwei mit Moos überwachsenen Ästen und stürzte hart vornüber.
Für ein paar Sekunden lag ich benommen auf dem Bauch. Nur ein brennender Schmerz am Kinn ließ mich wieder hochkommen.
Mit der Hand wischte ich Blut vom Kinn ab. Bei meinem Sturz war damit auf ein Stück Baumrinde gestoßen.
»Scheiße!«, fluchte ich.
Da ich keinen Spiegel dabei hatte, holte ich mein Handy aus der Jackentasche und machte von mir ein Foto mit der eingebauten Digitalkamera.
Zu Glück waren es bloß ein paar Schrammen und nichts, was genäht werden musste.
Mit einem Taschentuch tupfte ich das Kinn ab, wobei ich feststellte, dass ich mit dem rechten Fuß nicht auftreten konnte, ohne einen ziehenden Schmerz zu verspüren.
»Auch das noch!«
Ich setzte mich vorsichtig auf den Boden, zog den Schuh aus uns massierte das Fußgelenk.
Nur gestaucht. Toll! Gerade jetzt, wo ich so kurz davor bin, dachte ich.
Ein lautes knackendes Geräusch ganz in meiner Nähe unterbrach meine Gedanken.
Ich drehte meinen Kopf in alle Richtungen, ohne etwas erkennen zu können. Doch dann bemerkte ich, dass nur etwa vierzig Meter von mir entfernt bedeutend mehr Helligkeit in den Wald drang als im übrigen Gebiet.
Das ist es! Das ist es, verdammte Scheiße!
Ich rappelte mich wieder hoch und humpelte so schnell ich konnte der Helligkeit entgegen.
Mein Wille war zwar stark, aber mein Fuß war schwach. So geriet ich auf den letzten Metern ungeschickt ins Stolpern und fiel erneut zu Boden. Dieses Mal gelang es mir aber, mich mit den Händen abzustützen, auch wenn diese dadurch wenig später auch mit blutigen Schrammen übersät waren.
Meine Brille sauste vom Gesicht in die feuchte Erde.
Zitternd vor Aufregung tastete ich den Boden ab. Die Brille bekam ich schnell zu fassen. Mit meinen schmutzigen Händen verschmierte ich reichlich Erde auf den Gläsern.
Ich wischte die Brille hastig an meiner Hose ab und setzte sie wieder auf.
Auf den Knien und mit den Händen im Dreck schaute ich auf.
Direkt über mir ruhte die tote Birke quer über der Lichtung, deren äußeren Ring ich erreicht hatte.
Während ich mich mit gereizten Augen umsah, gingen
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