Geliebte Schwindlerin
Gasbadeofen fällt zwar ständig aus“, erklärte Connie, „aber man kann sich zumindest sauberhalten und die Fettschminke loswerden.“
Verdutzt sah Minella sie an.
„Fettschminke?“ wiederholte sie.
Eine kleine Pause entstand, bevor Connie erklärte: „Sicher weißt du doch, daß ich auf der Bühne auftrete?“
„Auf der Bühne?“ wiederholte Minella verwirrt. „Heißt das, du bist eine Schauspielerin?“
„Das ist eine höfliche Umschreibung“, sagte Connie lachend. „Ich bin das, was man eine ‚Revue-Tänzerin’ nennt.“
Minella war einen Moment lang sprachlos.
„Davon hatte ich ja keine Ahnung! Wissen das deine Eltern?“
„Natürlich nicht, und du darfst es ihnen auch nicht erzählen!“
„Als ob ich das tun würde!“ entgegnete Minella. „Sie haben mir nie gesagt, was du machst, und das fand ich reichlich merkwürdig.“
„Du weißt genauso gut wie ich, daß es einen Riesenwirbel gäbe, wenn mein Vater erführe, daß ich am Theater bin“, sagte Connie.
„Das stimmt allerdings.“ Minella überlegte einen Augenblick und rief dann aus: „Papa muß es gewußt haben, aber er hat es mir nie gesagt!“
Sie fand, daß Connie ziemlich verlegen aussah. „Vermutlich wollte er dich nicht schockieren.“
Minella schwieg wieder und sagte dann stockend: „Entschuldige, Connie, aber ich überlege gerade, ob Papa dir zu dem Job als Revue-Tänzerin verholfen hat?“
„Wenn du’s genau wissen willst, das hat er“, gab Connie zu. „Er kannte den Chef und ließ ein paar Beziehungen spielen. Dafür werde ich ihm ewig dankbar sein.“
„Papa wollte immer allen Leuten helfen.“
„Das ist wahr“, bestätigte Connie, „und weil er mir geholfen hat, werde ich auch dir beistehen. Das Problem ist nur, wie.“
Sie wartete Minellas Erwiderung nicht ab, sondern ging zu einer Art Nische neben dem Badezimmer, die sie stolz als „meine Küche“ bezeichnete.
Sie bestand aus einem Gaskocher, auf dem sie Teewasser kochen konnte, und einem Kochtopf, der an einem Haken hing.
Einige Teller und Tassen mit Untertassen gab es auch. Connie setzte den Teekessel auf und holte eine braune Teekanne hervor.
„Möchtest du etwas essen?“ fragte sie. „Ich habe irgendwo ein paar Kekse.“
„Nein, vielen Dank, eine Tasse Tee genügt mir.“
In diesem Augenblick klopfte es.
„Immer diese Störungen!“ seufzte Connie und ging zur Tür.
Zwei junge Frauen standen draußen, und Minella sah ihnen sofort an, daß sie auch Revue-Tänzerinnen sein mußten. Sie waren beide sehr schlank und so hübsch, daß Minella sie unverwandt anstarren mußte.
Bei ihrer Ankunft vorhin war sie so aufgeregt gewesen, daß ihr gar nicht aufgefallen war, wie hinreißend Connie aussah.
Ihr Haar schien mit der Sonne um die Wette zu strahlen, ihre Haut war so zart und rosig wie die Rosen im Garten zu Hause.
Wie dumm von ihr, daß sie nicht damals bei ihrem Besuch zu Hause schon gemerkt hatte, daß Connies Gesicht mit Schminke und Puder zurechtgemacht war. Damals auf dem Lande war es allerdings weniger auffallend gewesen als jetzt.
Auch die Gesichter der beiden jungen Frauen waren sorgfältig zurechtgemacht und wirkten angemalt wie die Theaterplakate in Connies Wohnzimmer.
„Kommt ’rein, Gertie und Nellie“, forderte Connie die Besucherinnen auf.
„Wir sind zu früh dran“? sagte diejenige, die Gertie hieß. „Aber wir haben eine schlechte Nachricht.“
„Eine schlechte Nachricht?“ wiederholte Connie automatisch. „Augenblickchen, erst möchte ich euch eine Freundin von mir vorstellen. Minella, das sind Gertie und Nellie, beides aufsteigende Sterne am Revue-Himmel, wenn du verstehst, was ich damit meine.“
Die beiden quietschten vor Vergnügen. „Eine großartige Vorstellung, Connie, aber bestimmt nicht auf deinem Mist gewachsen.“
„Archie sagte das neulich mal, und es gefiel mir“, gab Connie zu. „Kommt mit ins Wohnzimmer. Ich mache Minella gerade eine Tasse Tee.“
„Tee?“ wiederholte Nellie naserümpfend. „Ich könnte einen Drink gebrauchen, und dir wird’s genauso gehen, wenn du hörst, was wir dir zu sagen haben.“
Connie war in ihrer winzigen Küche verschwunden und brühte den Tee auf. „Stell’ das Michkännchen und Tassen aufs Tablett und bring es ins Wohnzimmer“, sagte sie zu Minella. „Ich sorge inzwischen dafür, daß die Mädchen was zu trinken bekommen.“
Es war erst vier Uhr nachmittags, ziemlich früh für einen Drink, fand Minella.
Bereitwillig trug sie das Tablett
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