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Geliebter Tyrann

Titel: Geliebter Tyrann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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war sie besonders hübsch, ihre Haut vom Schlaf wie von Tau benetzt. Ihre Augen leuchteten, während sie ihm zuhörte, und ihm gefiel die Art, wie sie ihn erwartungsvoll ansah,
    »Als ich hörte, daß der Herzog vom Mob erschlagen worden war«, fuhr Gerard fort, »fuhr ich zu der Mühle, wo er sich versteckt gehalten hatte. Ich wollte mich erkundigen, ob noch jemand von der Familie übriggeblieben war. Die Frau des Müllers war sehr zornig, weil ihr Mann zusammen mit dem Herzog ermordet worden war. Es dauerte eine Weile, ehe sie damit herausrückte, daß Adele eine Tochter habe, die nach England geflüchtet sei. Als ich zu Hause meinen Eltern die Geschichte der Müllerin erzählte, waren sie sehr besorgt. Wir wußten, daß wir Adele aus dem Haus schaffen mußten.«
    Nicole stand auf und ging zum Herd. »Ihr hattet kaum eine andere Wahl. Entweder hättet Ihr meine Mutter dem Komitee ausliefern oder sie aus dem Land schaffen müssen- unter einem anderen Namen selbstverständlich.«

    Gerard lächelte. Seine Stieftochter hatte eine rasche Auffassungsgabe. »Und gibt es eine bessere Tarnung als die Wahrheit? Wir wurden in aller Stille getraut und fuhren dann ins Ausland, um Flitterwochen zu feiern, ln England fand ich Mr. Maleson, der mir erzählte, Ihr hättet für seine Tochter gearbeitet und wärt beide nach Amerika gegangen.«
    »Maleson war ein eigenartiger Mann«, fuhr Gerard fort. »Er erzählte mir eine sonderbare Geschichte, die ich nur zur Hälfte verstand. Er sagte mir, Ihr wärt mit dem Ehemann seiner Tochter verheiratet. Wie kann das sein? Ist es einem Mann in diesem Land gestattet, zwei Ehefrauen auf einmal zu haben?«
    Janie schnaubte verächtlich, ehe Nicole antworten konnte. »Clayton Armstrong macht in diesem Teil des Landes seine eigenen Gesetze.«
    »Armstrong? Ja, das ist der Name, den Maleson mir nannte. Er ist Euer Ehemann? Warum ist er nicht hier? Ist er in Geschäften abwesend?«
    »Geschäften!« sagte Janie. »Ich wünschte, er wäre es. Clay lebt auf der anderen Seite des Flusses in einem großen, schönen Haus mit einer fetten, habsüchtigen Schlampe zusammen, während seine Ehefrau in einer Hütte getrennt von ihm hausen muß.«
    »Janie!« sagte Nicole mit scharfer Stimme. »Jetzt ist es aber genug.«
    »Nur sagst du leider zuwenig. Wenn Clay etwas von dir verlangt, kuschst du und sagst: »Jawohl, Clay. Bitte, Clay. Ganz, wie du willst, Clay<«
    »Janie! Ich will mir das nicht länger anhören. Wir haben einen Gast, falls du das vergessen hast.«
    »Ich habe überhaupt nichts vergessen!« schnaubte Janie, ging zum Herd und drehte Nicole und Gerard den Rücken zu. Jedesmal, wenn sie an Clay dachte und wie er Nicole behandelte, wurde sie wütend. Sie wußte nicht, ob sie sich mehr über Clay und dessen Verhalten entrüsten sollte oder über Nicole, weil sie seine Behandlung so ruhig hinnahm. Janie hatte das Gefühl, daß Clay Nicole nicht verdiente, daß sie die Ehe beendigen und sich nach einem anderen Mann umsehen sollte. Doch jedesmal, wenn Janie so etwas zu Nicole sagte, weigerte diese sich, ihr zuzuhören und meinte, sie vertraute Clay genauso sehr, wie sie ihn liebte.
    Mitten in ihre Gedanken fielen wieder die Schreie, die durch das kleine Haus hallten. Sie waren so schrecklich anzuhören, daß Janie und Nicole ein Schauer über den Rücken lief.
    Langsam, mit einem müden Blick, erhob sich Gerard vom Tisch. »Es ist die neue Umgebung, die sie erschreckt. Sobald sie sich daran gewöhnt hat, werden die Schreie seltener.« Er ging zur Treppe.
    »Glaubt Ihr, daß sie mich wiedererkennt?« fragte Nicole.
    »Wer kann das schon sagen? Eine Weile lang hatte sie auch Tage, wo sie bei klarem Verstand war, doch in letzter Zeit hat sie immer nur Angst.« Er zuckte mit den Schultern, ehe er in das Obergeschoß hinaufstieg, und ein paar Sekunden später verstummten die Schreie wieder.
    Vorsichtig stieg Nicole jetzt auch hinauf in die Dachstube. Gerard saß auf dem Bettrand, einen Arm achtlos um Adeles Schultern gelegt, während sie sich an ihn klammerte und mit verstörten Augen um sich sah. Als sie Nicole erblickte, weiteten sich ihre Augen noch mehr; doch es kamen keine neuen Schreie mehr.
    »Mutter«, sagte Nicole leise, langsam. »Ich bin Nicole, deine Tochter. Erinnerst du dich noch, wie Vater mir ein Kaninchen als Schoßtier brachte? Erinnerst du dich, wie es aus seinem Käfig schlüpfte und keiner es mehr finden konnte? Wir suchten in jedem Flügel des Schlosses; aber wir fanden es

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