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Geliebter Tyrann

Titel: Geliebter Tyrann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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seinen Armen in die Höhe zog und eine Steppdecke um ihre Schultern breitete.
    Nicole schüttelte nur stumm den Kopf.
    Er trug sie in sein Schlafzimmer hinüber, setzte sie in einen Sessel und goß ihr ein Glas süßen Sherry ein. Er wußte, daß sie seit ihrem Picknick nichts mehr gegessen hatte und vermutete, daß ihr der Alkohol sofort zu Kopf steigen würde.
    ünd so war es auch.
    Als er merkte, daß sich ihre Verkrampfung zu lösen begann, nahm er ihr das leere Glas ab, füllte es nach und stellte es auf den Tisch neben ihrem Sessel. Auch er goß sich ein Glas Sherry ein. Dann hob er sie wieder aus dem Sessel, setzte sich selbst hinein, bettete Nicole an seine Brust und zog die Decke über sie beide. Das Gewitter gab ihnen das Gefühl, als wären sie zwei Schiffbrüchige, die sich im Sturm auf eine Insel gerettet hatten.
    »Warum hast du Frankreich verlassen? Was ist in dem Haus des Müllers geschehen?«
    Sie barg ihr Gesicht wieder an seiner Schulter und schüttelte den Kopf. »Nein«, flüsterte sie.
    »Nun gut, dann erzähle mir von einer besseren Zeit Hast du immer bei deinem Großvater gelebt?«
    Der Sherry gab ihr ein Gefühl von Trägheit und Wärme. Sie lächelte auf eine versponnene Weise. »Es war ein schönes Haus. Es gehörte meinem Großvater; doch eines Tages sollte es in den Besitz meines Vaters übergehen. Es spielte jedoch keine Rolle; es hatte Platz für uns alle. Außen war es weißrosenfarbig. In meinem Schlafzimmer schwebten Engel an der
    Decke. Sie fielen von einer Wolke herunter. Manchmal wachte ich auf und öffnete die Arme, um sie aufzufangen.«
    »Du wohntest dort mit deinen Eltern?«
    »Großvater wohnte im Ostflügel, und ich lebte mit meinen Eltern im Haupthaus. Natürlich hielten wir den Westflügel für die Besuche des Königs frei.«
    »Natürlich«, antwortete Clay. »Was geschah mit deinen Eltern?«
    Sie schwieg, während Tränen ihr über das Gesicht zu laufen begannen. Clay hielt ihr das Glas an den Mund und ließ sie wieder vom Sherry trinken.
    »Sag es mir«, flüsterte er.
    »Großvater war vom Hof nach Hause zurückgekehrt. Er war sehr oft bei Hofe, doch nun kam er nach Hause, weil so viele Leute nicht mehr sicher waren in Paris. Mein Vater sagte, wir sollten alle nach England ziehen, bis die Menschheit sich wieder beruhigte; doch mein Großvater sagte, die Courtalains hätten viele Jahrhunderte auf diesem Schloß gelebt, und er wollte es nicht verlassen. Er vertrat die Meinung, der Pöbel würde nicht wagen, sich gegen ihn zu erheben. Wir glaubten ihm das alle. Er war so groß und so stark. Schon seine Stimme genügte, um jeden in Angst und Schrecken zu versetzen.« Sie verstummte.
    »Was geschah an jenem Tag?«
    »Großvater und ich ritten im Park spazieren. Es war ein herrlicher Frühlingstag. Dann sahen wir Rauch hinter den Bäumen aufsteigen, und mein Großvater gab seinem Pferd die Sporen. Ich folgte ihm. Als wir zwischen den Bäumen hervorkamen, sahen wir es. Unser schönes, wunderschönes Haus ging in Flammen auf! Ich saß nur da und starrte auf das brennende Schloß. Ich konnte es nicht glauben. Mein Großvater führte mein Pferd zu den Ställen und hob mich aus dem Sattel. Er schärfte mir ein, im Stall zu bleiben. Ich stand nur da und starrte. Ich sah zu, wie das Feuer die rosenfarbenen Ziegel langsam schwarz färbte.«
    »Was war mit deinen Eltern?«
    »Sie waren fortgefahren zu dem Haus von Freunden. Sie wollten erst spät abends wieder zurückkehren. Ich wußte nicht, daß sie schon viel früher zurückgekehrt waren, weil meine Mutter einen Riß in ihrem Kleid hatte.« Ihr Schluchzen wurde stärker.
    Clay zog sie noch fester an seine Brust. »Sag es mir. Sprich es aus.«
    »Großvater kam zurück, rannte im Schutze der Hecken zum Stall zurück. Seine Kleidung war voller Ruß, und unter dem Arm trug er eine kleine Kassette aus Holz. Er packte meinen Arm und zog mich in den Stall hinein. Er warf das Heu aus einer langen Kiste und hob mich hinein. Dann stieg er zu mir und machte den Deckel über sich zu. Wir lagen nur ein paar Minuten in der Kiste, als wir schon das Brüllen der Leute hörten. Die Pferde wieherten wild, als sie das Feuer rochen. Ich wollte zu ihnen gehen; doch mein Großvater hielt mich fest.«
    Sie verstummte wieder, und Clay flößte ihr noch mehr von dem Sherry ein.
    »Was passierte, als der Mob sich wieder verstreut hatte?«
    »Großvater öffnete die Heukiste, und wir kletterten hinaus. Es war dunkel, oder es hätte dunkel sein sollen.

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