Geliebter Tyrann
kam
über den Fluß, um dich um einen Gefallen zu bitten. Ellen und Horace Backes wollen eine Gesellschaft für uns geben. Eine echte Virginia-Party, die mindestens drei Tage dauert, und du und ich sind die Ehrengäste. Ellen will meine Frau in der Gemeinde willkommen heißen.«
Als Clay es sich vor Nicoles Füßen auf dem Boden bequem machte, seine langen Beine ausstreckte und sich seine Muskeln unter dem aufgeknöpften Hemd abzeichneten, hatte sie ein Gefühl, als würde sie zerschmelzen. Sie wollte neben ihm auf den Boden sinken und ihre Wange auf seine braune Haut legen. Er war verschwitzt von der Feldarbeit, und sie konnte förmlich das Salz auf der Zunge schmecken, als sie in Gedanken seinen Hals küßte. Doch als sie sah, wie er sich neben ihr entspannte, veränderte sich dieser Impuls: sie wollte ihn jetzt treten. Ihr Körper schien in Flammen zu stehen; doch er benahm sich, als hätte er soeben den Frieden und die Stille im Hause seiner Mutter wiedergefunden.
Es dauerte einen Moment, ehe sie den Sinn seiner Worte begriff. »Ich könnte mir denken, es würde für dich ziemlich peinlich sein, Ellen sagen zu müssen, daß ich mich weigere, mitzukommen, nicht wahr?«
Er sah mit einem offenen Auge zu ihr hoch. »Sie kennt dich und weiß, daß wir verheiratet sind.«
»Aber sie weiß nicht, daß wir nicht mehr lange verheiratet sein werden.«
Nicole wandte sich ab und schickte sich an, den Hügel hinunterzugehen; doch Clay hielt sie an einem Fußknöchel fest. Sie strauchelte und fiel auf Hände und Knie. Er setzte sich auf, schob seine Hände unter ihre Achseln und half ihr auf die Beine.
»Warum denn gleich so empört? Ich habe dich wochenlang nicht gesehen, und nun komme ich und lade dich zu einer Party ein. Statt dich zu ereifern, solltest du eigentlich angenehm überrascht sein.«
Sie konnte ihm schlecht sagen, daß seine Ruhe sie empörte. Sie setzte sich ins Gras, jedoch außer Reichweite seiner Hände. »Es scheint mir einfach nicht richtig zu sein, daß wir uns öffentlich als Mann und Frau zeigen, wenn die Ehe in ein paar
Monaten annulliert wird. Es scheint mir eher deinen Wünschen zu entsprechen, wenn du mit Bianca zur Party gehst und allen von diesem verrückten Irrtum erzählst. Ich bin sicher, du kannst eine wunderbare Geschichte daraus machen.«
»Ellen kennt dich bereits«, sagte er eigensinnig. Er hatte keine Antwort auf ihre Fragen. Er wußte nur, daß die Aussicht, drei Tage - und Nächte- mit ihr verbringen zu dürfen, ihn zum erstenmal seit Monaten wieder glücklich machte. Er nahm ihre Hand von seinem Schoß und studierte sie eine Weile. Sie war so klein, so klar und sauber, und sie konnte so viel Freude spenden! Er hob sie an seine Lippen und küßte die weichen Rundungen ihrer Fingerspitzen.
»Bitte, komm mit«, sagte er leise. »Alle meine Freunde, Leute, die ich mein Leben lang gekannt habe, werden dort sein. Du hast in den letzten Monaten hart gearbeitet und brauchst ein paar Tage Erholung.«
Sie konnte spüren, wie ihre Knochen zu schmelzen begannen, als er mit seinen Lippen ihre Finger berührte; doch ein Teil von ihr protestierte wütend. Er lebte mit einer anderen Frau zusammen, einer, die er angeblich liebte; doch er küßte sie, berührte sie, lud sie zu Partys ein. Er gab ihr das Gefühl, als sei sie seine Mätresse, jemand, den man versteckt hielt und nur zu seinem Vergnügen gebrauchte. Doch nun wollte er sie mitnehmen, damit sie seine Freunde kennenlernte.
»Clay, bitte«, sagte sie schwach.
Er knabberte an der Innenseite ihres Handgelenkes. »Wirst du zur Party gehen?«
»Ja«, sagte sie leise, die Augen halb geschlossen.
»Gut!« rief Clay, ließ ihre Hand fallen und stand auf. »Ich werde dich und die Zwillinge morgen früh um fünf Uhr abholen. UndJanie ebenfalls. Oh, ja, du solltest auch etwas zum Essen mitnehmen. Vielleicht etwas Französisches? Wenn es dir an Zutaten fehlen sollte, gib Maggie Bescheid, und sie schickt dir die Sachen aus ihren Vorratskammern.« Er drehte sich um und ging pfeifend den Hügel hinunter.
»Hat man schon so etwas Unverschämtes...<<, begann Nicole und lächelte dann. Vielleicht würde sie ihn nicht so sehr lieben, wenn sie ihn besser verstanden hätte.
Clay dachte schon an den morgigen Abend. Er würde allein sein mit Nicole, ein Schlafzimmer in Horacens großem, weitläufigem Haus mit ihr teilen. Wenn er sich an diesen Gedanken klammerte, konnte er auf ein Techtelmechtel auf dem Hügel verzichten, wo jeder sie überraschen
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