Gemischte Gefühle
französischer Lebensstil. Die Küche war kre o lisch, das Personal auch. Sogar das einfachste Zimmermä d chen sah so aus, daß man sich sofort vergessen konnte. Und die Drinks waren die besten, die man auf unserem schönen Planeten erhalten konnte.
Ich genoß die Szene, während ich zu meinem Sprec h zimmer ging. Leidenschaftliche Augensexorgien mit woh l geformten, moralisch liberal eingestellten Meeresgöttinnen verkürzten mir den Weg aufs angenehmste. Ich erfreute mich lebhaft an dem Paradoxon, daß sich die gutbetuchten Damen bei ihrer Badekleidung so wenig betucht zeigten.
Trotz stärkster Versuchungen kam ich pünktlich zur Sprechstunde. Mein Sprechzimmer war eine Terrasse auf dem Verwaltungsbungalow; ausgestattet war es mit Kor b möbeln, einem Video-Data-Terminal und einer herrlichen Aussicht.
Arnold Klamm erwartete mich, was meine gute Laune kurzfristig etwas dämpfte. Klamm war der Social Relations District Manager für Tahiti und eine glatte Fehlbesetzung; er hatte gute Beziehungen. Außerdem war er einer der unsy m pathischsten Menschen, die je meine Nerven traktiert hatten. Er hatte einen fetten, wabbligen Wanst, der sich nach oben hin verjüngte. Seit ich seine Figur einmal als strömungsgü n stige Tropfenform beschrieben hatte, haßte er mich noch intensiver als vorher. Sein Charakter war auch stromlinie n förmig. Er war die verkörperte Allegorie des ewigen Schleimers. Er hatte schnell Karriere gemacht.
„ Hallo, Herr Rossi “ , säuselte er und kippte vor falscher Herzlichkeit fast aus den Latschen. „ Habe eben den Ill u striertenartikel über Holiday World gelesen. Gratuliere, he r vorragende Arbeit. “
„ Ich weiß “ , sagte ich bescheiden, weil dies die Antwort war, die ihn am meisten ärgern würde. „ Für Werbung im Umfang dieses Berichts hätten wir ungefähr 2 Millionen Mark ausspucken müssen. Aber so haben wir alle unseren Vorteil. Die Zeitschrift hat eine attraktive Titelgeschichte, die die Auflage steigert, unsere Journalistenfreunde hatten einen angenehmen Aufenthalt hier und konnten sich ein bi ß chen kritisch geben, und wir hatten eine gewaltige Grati s werbung. Perfetto! Und diese Seitenhiebe auf unsere Ko n kurrenz hätten wir uns in unseren Anzeigen auch nicht e r lauben können. Vergleichende Werbung ist ja bei uns verb o ten. Aber wen n d ie Presse so was in einem Gefälligkeitsart i kel sagt, ist das erlaubt. Tja, es war schon eine runde Sache. “
Klamm verschluckte sich fast vor Neid. „ Ihre Kunden warten schon “ , sagte er schließlich mühsam.
Es waren Routinefalle, die ich schnell erledigte. Da waren die üblichen Fälle von unterdurchschnittlichem Konsum. Unsere Psychologen und Sozialforscher stellten aufgrund von vorliegenden Daten, eigenen Beobachtungen und Fr a gebögen, die im Flugzeug ausgefüllt wurden, Prognosen über den zu erwartenden Konsum jedes Urlaubers auf. Blieb der Betreffende unter der Prognose, war das ein Indiz, daß er sich nicht wohlfühlte. Wir setzten dann einige psychologisch geschulten Konsum-Animateure auf ihn an, die das in der Regel schnell einrenkten. Wir mußten sehr auf diese Dinge achten, denn wir verdienten an den eigentlichen Reisen ziemlich wenig. Das große Geld brachte erst der Erlebni s konsum hier auf der Insel.
Ich gab Daten, Persönlichkeitsbild und Beeinflussung s vorschläge an die zuständigen Leute weiter und widmete mich der nächsten Sache.
Ah, die Talkshow! Auch eine sehr erfolgreiche Idee von mir. Wir wollten damit die Distanz zwischen Urlaubern und Personal abbauen, unsere Leute quasi als freundliche Mitu r lauber darstellen, die eben zufällig auch noch ein wenig a r beiteten. Dazu machten wir abends eine gemütliche Tal k show zwischen Strandbar und Swimmingpool , bei der e i ner unserer Mitarbeiter über seine Arbeit berichtete und e i nen kleinen Blick hinter die Kulissen gab. Das war ganz intere s sant und machte aus einem anonymen Hotelangestellten eine bekannte Persönlichkeit.
Heute abend war der Barkeeper der Strandbar dran, Arnos St. Pierre aus Trinidad, ein Künstler in seinem Beruf. Er würde ein paar Tricks verraten, einige Anekdötchen aus se i nem Job zum besten geben (Barkeeper sind voll davon) und ganz nebenbei Werbung für einige Spirituosen machen. Als erstklassige Meinungsbildner hatten unsere Barkeeper natü r lich „ Beraterverträge “ mit allen möglichen Destillerien.
„ Na, Arnos, alles klar? Fragen durchgesprochen? “ fragte ich.
„ Sure. “ Er grinste. Sein
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